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1141. Der Joker von Edgar Wallace nach Motiven von Florian Pauer - 14.08.2025 18:18 -
Der Joker (SWF 1988)
Ein Kriminalhörspiel nach Motiven von Edgar Wallace
Manuskript: Florian Pauer

Higgins: Guten Morgen, Ann.

Ann Pattison: Ich darf Sie darauf hinweisen, daß es bereits viertel vor elf ist. Haben Sie verschlafen, Inspektor?

Higgins: Und wenn es so wäre? Ist Sir John schon da?

Ann Pattison: Allerdings.

Sir John: Ann Pattison, ist Higgins endlich da?

Ann Pattison: Ja, Sir John, er ist soeben gekommen.

Sir John: Dann schicken Sie ihn sofort rein.

Ann Pattison: Ja, Sir John. Sehen Sie, er wartet bereits seit zwei Stunden auf Sie. Und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, dann seien Sie heute freundlich zu ihm. Er ist nämlich gestern zum dritten Mal bei der Fahrprüfung durchgefallen und hat eine fürchterliche Laune.

Higgins: Ja, wie gewöhnlich. Also dann werde ich mich mal in die Höhle des Löwen wagen. Guten Morgen, Sir.

Sir John: Ah, da sind Sie ja endlich Higgins, guten Morgen, ja, jetzt beantworten Sie mir einmal eine Frage. Bin ich Verkehrspolizist oder Chef von Scotland Yard?

Higgins: Selbstverständlich der Chef von Scotland Yard, Sir.

Sir John: Schön, schön, dann erklären Sie mir einmal, wieso ein einfacher Verkehrsunfall auf meinem Schreibtisch landet.

Higgins: Ein Verkehrsunfall auf Ihrem Schreibtisch?

Sir John: Ja, ein Verkehrsunfall, sag ich doch. Ein Mann wurde vorgestern Nacht von einem wahrscheinlich betrunkenen Autofahrer angefahren und getötet, der anschließend Fahrerflucht beging, das übliche halt. Heutzutage fährt ja alles schon Auto, jeder Idiot bekommt ja einen Führerschein, und wenn’s kracht, belästigt man jetzt schon mich damit, als ob wir hier nicht genügend andere Probleme hätten.

Higgins: Ja, sehr bedauerlich, wirklich. Übrigens, haben Sie gestern Ihre Fahrprüfung bestanden, Sir John, darf man gratulieren?

Sir John: Äh nein, nein, nein, es gab da ein Mißverständnis, der Prüfer war so ein sturer Hund, äh, Sie kennen ja diese Sorte, aber im Moment beschäftigt mich diese andere Sache.

Higgins: Sir John, diese Angelegenheit ist keine Lappalie. Ich habe gestern abend diesen sogenannten Verkehrsunfall und seine Begleitumstände etwas genauer unter die Lupe genommen, ich habe den Eindruck, daß sich bereits einige Reporter unsere Köpfe zerbrechen.

Sir John: Was soll das heißen?

Higgins: Haben Sie schon die heutige Ausgabe des Daily Mirror gelesen?

Sir John: Nein, nein, nein.

Higgins: Ich darf zitieren: Wieder tödlicher Unfall mit Fahrerflucht, Experten glauben nicht mehr an Zufall.

Sir John: Und?

Higgins: Sir, ich habe mit den Kollegen vom Unfallkommando gesprochen, die Sache von vorgestern Nacht ist bereits der vierte Autounfall mit tödlichem Ausgang und anschließender Fahrerflucht innerhalb weniger Wochen, und das immer in der Nacht. Von Augenzeugen, so es welche gibt, wird zumeist eine dunkle Limousine erwähnt, und diesmal haben wir die Aussage einer Frau, die mir doch sehr zu denken gibt. Nach ihren Angaben hat die dunkle Limousine in einer Seitenstraße vom Kensington Park gewartet und war dann mit voller Absicht auf den Mann zugerast.

Sir John: Sind Sie sicher? Das wäre ein glatter Mordanschlag.

Higgins: Die Frau konnte nicht schlafen und stand am Fenster, dadurch bekam sie alles genau mit, wir haben ihre schriftliche Aussage.

Sir John: Ja, ist ja ungeheuerlich.

Higgins: Ja, es ist ungeheuerlich, aber es ist noch nicht alles. Der Mann von vorgestern Nacht hieß Jugent Pelford, ein alter Kunde von uns, wir haben ihn in unserer Kartei, er hat einige Jahre in Dartmoor abgesessen.

Sir John: Ja, ja, und?

Higgins: Das hat mich stutzig gemacht. Ich habe mir die Dossiers der anderen ungeklärten Autounfälle angesehen, wissen Sie, wer die Opfer waren? Mike Brett, Piet Fletcher, Derrick Hardley, allesamt schwere Jungs, hier ein Raubüberfall, da ein Todschlag, und so weiter und so weiter, man könnte meinen, hier hat jemand die halbe Londoner Unterwelt ins Visier genommen.

Sir John: Moment, Higgins, ich gebe ja zu, daß das alles sehr auffällig ist, aber ich würde keine voreiligen Schlüsse ziehen. Bei den vielen hundert Verkehrstoten, die wir Jahr aus Jahr ein haben, kann es auch nichts weiter als ein böser Zufall sein, vielleicht hat die Zeugin auch eine etwas lebhafte Fantasie.

Higgins: Möglich, Sir, aber nachdem, was ich bis jetzt in Erfahrung bringen konnte, kann ich nicht mehr an Zufall glauben, Sir John, aber das beste kommt noch. Bei Pelford, also dem Toten von vorgestern Nacht, fand man das.

Sir John: Was ist das?

Higgins: Eine Spielkarte, ein Jolly Joker, mit einem handschriftlichen Vermerk, Montag 22 Uhr, man fand sie in Pelfords Brieftasche. Fällt Ihnen etwas auf, Sir John?

Sir John: Sprechen Sie nicht in Rätseln, was meinen Sie damit?

Higgins: Vorgestern war Montag, und gegen 22 Uhr 30 wurde Pelford...

Sir John: Überfahren.

Higgins: Ich würde sagen, ermordet, Sir John, und das ist meine feste Überzeugung.

Sir John: Das ist bis jetzt nur eine Hypothese, und zwar Ihre Hypothese, Higgins, aber gut, bleiben Sie an dem Fall dran, Sie haben meine volle Unterstützung. Übrigens habe ich diesmal einen Assistenten für Sie.

Higgins: Wie bitte? Einen Assistenten für mich?

Sir John: Ja, Superintendant Lane, Sir Eric hat ihn uns geschickt, eine Leihgabe aus Nottingham sozusagen, gehen Sie nur ins Nebenzimmer, er wartet schon auf Sie.

Higgins: Einen Assistenten.

Lane: Hallo.

Higgins: Hallo. Sie sind Superintendant Lane.

Lane: Für Sie Barbara. Sind Sie sehr enttäuscht, Chiefinspektor?

Higgins: Nein, nein nein, keineswegs, so angenehme Überraschungen sind bei uns im Haus wahrlich nicht alltäglich, also kann ich nur sagen, willkommen in London.

Lane: Danke.

Higgins: Sagen Sie, wieso wurden Sie uns zugeteilt, Sir Eric konnte doch von unserem Problem noch nichts wissen.

Lane: Nein, das konnte er auch nicht, aber ich weiß eigentlich auch nicht, worum es geht. Nachdem ich diesen Ken Russel hinter Schloß und Riegel gebracht hatte, wurde es in Nottingham ein wenig langweilig, und Sir Eric meinte, ein Klimawechsel könnte mir sehr gut tun.

Higgins: Ken Russel, den haben Sie aus dem Verkehr gezogen, den Mann, der mit Computermanipulationen 8 Millionen Pfund ergaunert hat?

Lane: Genau den.

Higgins: Mein Kompliment.

Sir John: Na, haben Sie sich schon angefreundet?

Higgins: Danke Sir.

Ann Pattison: Sir John.

Sir John: Ja?

Ann Pattison: Entschuldigen Sie die Störung, Sir John, aber da draußen ist jemand, der Inspektor Higgins sprechen möchte.

Sir John: Wer denn?

Ann Pattison: Ein gewisser Mr. Reynolds.

Higgins: Etwa Billy Reynolds?

Ann Pattison: Ja.

Higgins: Rein mit ihm.

Ann Pattison: Ja. Sie sollen reinkommen.

Reynolds: Inspektor?

Higgins: Sieh mal einer an, daß Sie mir in meinem Leben noch einmal ohne Handschellen gegenüberstehen würden, hätte ich auch nicht gedacht, Reynolds.

Reynolds: Sehr witzig, Inspektor. Ich möchte das hier abliefern.

Higgins: Interessant. Sir, sehen Sie sich das einmal an.

Sir John: Was ist denn das, Higgins? Ist das die Beute aus dem Serapju-Coup?

Lane: Serapju-Coup?

Higgins: Ja. Sie sollten wissen, Kollegin, vor etwa zwei Monaten gab ein jordanischer Ölscheich eine Galaparty auf seinem Landsitz hier in der Nähe von London. Nachdem die Gäste gegangen waren, war er um Juwelen im Werte von 300.000 Pfund erleichtert. Dieser Gentleman, der jetzt so reumütig vor uns steht, war daran offenbar nicht ganz unbeteiligt. Saubere Arbeit, Reynolds, aber soweit ich das auf den ersten Blick sehe, ist das nur die Hälfte der Juwelen.

Reynolds: Mir wäre auch wohler in meiner Haut, Inspektor, wenn ich alles zurückgeben könnte.

Higgins: Mein lieber Reynolds, Sie werden mir doch zustimmen, wenn ich sage, daß Sie uns eine Erklärung schuldig sind, oder?

Reynolds: Ja. Sehen Sie sich das an, Inspektor.

Higgins: Das wäre also die Nummer zwei. Glauben Sie immer noch an Zufall, Sir John?

Lane: Ja was ist denn das? Eine Spielkarte, eine Jolly-Joker-Karte. Was steht da? Donnerstag 18 Uhr, bleiben Sie am Telefon, J.

Sir John: Ja und was soll dieses J. bedeuten?

Higgins: Reynolds, haben Sie das Diamanten-Ding etwa mit Pelford gedreht?

Reynolds: Ja, aber Pelford ist tot, und deshalb bin ich hier. Sie sind verpflichtet, mich zu schützen, Inspektor, mein Leben ist bedroht.

Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.

Sir John: Aber jetzt doch nicht, alles der Reihe nach.

Ann Pattison: Aber Sir John.

Sir John: Reynolds, was soll dieses J. bedeuten?

Reynolds: Das J steht für Joker. Noch nie von ihm gehört? Er terrorisiert seit Monaten die gesamte Londoner Unterwelt. Seine Methode ist einfach und sicher zugleich. Wenn irgendwo ein Ding gedreht wird, ist er der erste, der davon Wind bekommt, und mit Morddrohungen erpreßt er die Herausgabe von 90 Prozent der Beute. Keiner, der darauf nicht eingegangen ist, hat überlebt.

Higgins: Gehörten Mike Brett und Piet Fletcher auch dazu?

Reynolds: Fletcher? Hat’s den etwa auch erwischt? Von Brett wußte ich’s, aber von Flechter...

Higgins: Fletcher wurde vor ungefähr 14 Tagen von einem Auto angefahren und tödlich verletzt.

Reynolds: Der also auch. Pelford und ich hatten noch vor nicht allzulanger Zeit im Montmartre mit ihm gesprochen. Allerdings verstehe ich das nicht ganz, Fletcher war doch bereit, auf die Forderung des Jokers einzugehen.

Sir John: Sie sagen, der Joker ist der erste, der von einem Coup erfährt, Mr. Reynolds, woher weiß er es?

Reynolds: Tja, er weiß es eben.

Lane: Tja, und seit dem Serapju-Coup hat er nun Sie im Visier.

Reynolds: Sie sagen es. Pelford war dagegen, den Erpressungen des Jokers nachzugeben, wir teilten die Beute und trennten uns, aber weit ist er ja nicht gekommen, und ich bin wahrscheinlich der nächste!

Higgins: Hören Sie zu, Reynolds, wir werden Ihnen helfen, in Ihrem Interesse, aber bevor wir das tun, eine Frage, da Sie ja mit der Londoner Unterwelt so intim befreundet sind, gibt es einen Anhaltspunkt, irgend ein Indiz, wer der Joker sein könnte?

Reynolds: Nein, das einzige, was wir wissen ist, daß er diese dunkle Limousine fährt, n’ schwarzen Jaguar.

Lane: Wann will er mit Ihnen wieder Kontakt aufnehmen?

Reynolds: Donnerstag, also morgen um 18 Uhr, steht ja auf der Karte.

Higgins: Wo wohnen Sie?

Reynolds: Wir hatten ein Zimmer im Eastend gemietet.

Higgins: Schön, dann fahren Sie dorthin, Sie bekommen zwei Mann Begleitung, einen in die Wohnung, einer bleibt unauffällig vor Ihrem Haus. Wenn sich der Joker meldet, gehen Sie auf seine Forderung ein, den Rest erledigen wir.

Reynolds: Was haben Sie vor?

Higgins: Wahrscheinlich sollen Sie die Juwelen irgendwo deponieren, entweder an einem entlegenen Ort oder mitten in der Stadt, wo der Joker im Verkehrsgewühl rasch wieder untertauchen kann. Sie hinterlegen jedenfalls das Zeug, wo immer er will, und verschwinden dann so rasch wie möglich, wenn er’s abholt, schnappen wir ihn uns.

Lane: Glauben Sie wirklich, daß er persönlich kommen wird?

Higgins: Auch wenn er nur einen Mittelsmann schickt, bringt uns das weiter. Nach unserer bisherigen Kenntnis seiner Arbeitsmethode dürfte er wohl kaum viele Mitarbeiter haben. Je weniger seine Identität kennen, desto sicherer kann er sich fühlen. Ihr Telefon, Reynolds, werden wir selbstverständlich auch abhören.

Reynolds: Und Sie können meinen absoluten Schutz garantieren?

Sir John: Ja ein bißchen was müssen Sie schon riskieren, Reynolds, wenn Sie aus der Sache mit einem blauen Auge rauskommen wollen. Bisher waren Sie ja auch nicht zimperlich.

Reynolds: Nein, aber der Joker...

Higgins: Der Joker, der Joker, der Joker. Der Joker ist auch nur ein gewöhnlicher Krimineller und kein Phantom. Und je schneller wir diesem Spuk ein Ende bereiten, um so besser für alle Beteiligten, ja ja, sonst macht Sir John seinen Führerschein nie.

Sir John: Nanananananana, untergraben Sie da nicht meine Autorität vor diesem Gaunerpack, Higgins, mein Führerschein geht nur mich etwas an.

Sir John: Reynolds ist tot? Higgins, wie konnte das passieren? Es war doch alles bis ins kleinste Detail vorbereitet!

Higgins: Richtig, Sir, Reynolds sollte die Juwelen in der Telefonzelle am Haymarket hinterlegen und sofort verschwinden.

Lane: Und daß dieser Reynolds 10 Meter vor der Telefonzelle niedergeschossen wird.

Higgins: Daß hat doch niemand erwarten können, Sir, daß der Joker die Beute sausen läßt und Reynolds liquidiert.

Sir John: Dieser Joker… was ist?

Ann Pattison: Es ist Zeit für Ihre Tabletten.

Sir John: Dieser Joker scheint allgegenwärtig zu sein.

Ann Pattison: Sir John.

Lane: Oder er hat einige brillant getarnte Spitzel.

Sir John: Sie sagen es, Miss Lane. Higgins, wir haben jetzt 5 Tote, und keinen einzigen brauchbaren Anhaltspunkt. Ich muß dem Minister Rede und Antwort stehen und Sie scheinen Jolly-Joker-Karten zu sammeln.

Higgins: Wir müssen dort weiterarbeiten, wo Reynolds aufgehört hat.

Sir John: Reynolds ist tot.

Higgins: Richtig Sir, Reynolds ist tot, auch Pelford und Fletcher. Sir John, können Sie sich erinnern, was Reynolds über Fletcher sagte, er und Pelford hätten zuletzt miteinander im Montmartre gesprochen, das scheint ein Pup zu sein oder irgendein Restaurant.

Sir John: Jaja, das ist so ein Nobelnachtklub irgendwo in Finsbury, wird ja nicht allzu schwierig sein, das herauszufinden.

Higgins: Ganz recht, Sir, also kommen Sie, Barbara, wir machen uns einen netten Abend. Sir John.

Lane: Sir.

Kellner: Was darf’s sein?

Lane: Ein Wodka Martini mit viel Eis, bitte.

Higgins: Für mich einen doppelten Scotch.

Kellner: Jawohl Sir.

Higgins: Rauchen Sie?

Lane: Danke nein.

Higgins: Aber ich doch.

Lane: Ganz schön was los hier.

Higgins: Ja, aber lassen Sie sich von der Schickeria nicht täuschen, soweit ich es auf den ersten Blick gesehen habe, sitzen hier mindestens 300 Jahre Dartmoor auf einem Haufen.

Lane: Oh wie beruhigend.

Kellner: Ihre Getränke.

Higgins: Danke.

Lane: Und Sie meinen, daß hier ist die richtige Adresse, um an den Joker heranzukommen.

Higgins: Ich hoffe es. Immerhin verkehrten hier Reynolds, Pelford und Fletcher. Außerdem.

Lane: Ist was?

Higgins: In der rechten hinteren Ecke sitzen fünf Männer an einem Tisch, sehen Sie hin, aber unauffällig. Der Graumelierte mit dem Bürstenhaarschnitt, der sein Gesicht halb abgewandt hat, kennen Sie ihn?

Lane: Hm. Irgendwie kommt er mir bekannt vor.

Higgins: Ja, das ist Tom Silkwood. Hm, im Yard hat er den Spitznamen der Amerikaner.

Lane: Aha, und was wissen Sie noch über ihn?

Higgins: Ja, er wurde in den 50er Jahren aus England ausgewiesen, hat einige tolle Dinger gedreht, nur beweisen konnte man ihm nie etwas. Er ging dann nach Amerika, wo er mit der gleichen Methode arbeitete, gut ein halbes Dutzend Mal wurde Anklage gegen ihn erhoben, er wurde aber mangels Beweisen immer wieder freigesprochen. Man sagt ihm drüben übrigens gute Kontakte zur Mafia nach.

Lane: Und warum gibt es uns jetzt wieder die Ehre?

Higgins: Hm, wahrscheinlich ist er mit falschem Paß eingereist, aber wir werden das überprüfen. Wo Silkwood auftaucht, steckt meistens mehr dahinter als ein paar Tage Urlaub, er plant seine Coups generalstabsmäßig.

Lane: Schade, daß man nicht hören kann, was die da miteinander reden.

Higgins: Tja. Und wie gefällt Ihnen das Lokal sonst?

Lane: Hm, sonst, also der Martini Wodka ist passabel, die Einrichtung muß sündhaft teuer gewesen sein, also, so ganz recht mit ihren 300 Jahren Dartmoor haben Sie nicht, da kommt Sir Donald, Abgeordneter im Unterhaus.

Higgins: Bleiben wir bei der Einrichtung. Fällt Ihnen nichts auf?

Lane: Hm, die blaue Marmorkatze da an der Wand scheint mir ein wenig zu extravagant, die auffälligen Blumengestecke auf jedem Tisch.

Higgins: Eben. Man kann sie offenbar nicht verrücken.

Lane: Tatsächlich.

Higgins: Ich muß immer wieder an Reynolds denken, er hat eine Gaunerkarriere hinter sich, die sich wirklich sehen lassen konnte, und seine Komplizen waren auch mit allen Wassern gewaschen, aber auf die Frage, woher der Joker seine Informationen beziehen könnte, sagte er bloß, ja, er weiß es eben. Nein nein, dahinter muß ein ebenso einfacher wie raffinierter Trick stecken.

Lane: Ich beginne zu ahnen, was Sie meinen, Chiefinspektor.

Higgins: Tja, heute können wir hier sowieso nichts mehr tun, die beiden Streifen müssen ohnehin bald da sein, und Sie Barbara, sehen Sie bitte zu, daß Sie morgen etwas über diesen Laden hier in Erfahrung bringen können, wem er gehört, wie der Barmixer heißt, usw. usw.

Lane: Geht in Ordnung. Danke für den Drink, Chief.

Higgins: Oh, keine Ursache.

Ann Pattison: Verzeihen Sie die Störung, Sir John, hier ist jemand, der Chiefinspektor Higgins sprechen möchte.

Sir John: Wer ist das denn?

Ann Pattison: Ein gewisser Mr. Harras.

Higgins: Kenn ich nicht.

Sir John: Ja, soll hereinkommen.

Ann Pattison: Ja. Bitte, Mr. Harras.

Higgins: Mein Name ist Higgins, Sie wollten mich sprechen.

Harras: Ja, mein Name ist Harras, Josua Harras, ich bin Portier und Sekretär im Home of Peace, einem sehr angesehenen Pflegeheim für alte Leute in West Kensington.

Sir John: Ja, nehmen Sie doch bitte Platz, Mr. Harras.

Harras: Dankeschön.

Sir John: Was führt Sie zu uns?

Harras: Ja sehen Sie, in den letzten Tagen tauchten in den Zeitungen immer wieder Meldungen von äußerst mysteriösen Autounfällen auf, es wird das Gerücht kolportiert, daß es sich dabei nicht um gewöhnliche Unglücksfälle, sondern um Mordanschläge handelte.

Higgins: Erzählen Sie weiter, Mr. Harras.

Harras: Die Fotos der Opfer wurden in den Zeitungen abgebildet, und ich kenne zwei von ihnen. Äh, bei dem einen war ich mir erst nicht so sicher, sehen Sie, ich habe die betreffenden Artikel mitgenommen, von dem einen Mr. Pelford glaube ich, daß er einmal kurz bei uns zu Besuch gewesen ist, vom zweiten Mr. Fletcher, weiß ich es jedoch ganz bestimmt.

Higgins: Wann was das?

Harras: Das war vor ungefähr drei Wochen. Mr. Fletcher kam eines Vormittags zu uns und verlangte an der Rezeption ziemlich schroff Lady Smith zu sprechen. Sie müssen wissen, Lady Smith ist die Leiterin des Sanatoriums. Ich bat ihn also weiter ins Büro, nachdem ich Lady Smith von seinem Kommen informiert hatte, und sie ließ ihn kommentarlos eintreten. Ich konnte dann feststellen, daß hinter der verschlossenen Tür eine ziemlich heftige Debatte stattfand. Nach etwa 10 Minuten verließ Mr. Fletcher mit rotem Kopf das Büro und fuhr grußlos in seinem Wagen fort.

Higgins: Haben Sie mitbekommen, worum sich das Gespräch drehte?

Harras: Aber Mr. Higgins, ich pflege nicht an Türen zu lauschen.

Higgins: Ja, ja ja, ich bin davon überzeugt, Mr. Harras, aber da Sie selbst sagten, daß das Gespräch ziemlich heftig verlief, könnte es doch sein, daß Sie, ohne natürlich zu beabsichtigten, ein paar Worte aufgeschnappt haben.

Harras: Ja, ich glaube etwas von Unterbieten gehört zu haben und äh Schweinerei.

Sir John: Ja, das ist ja alles nicht sehr informativ.

Higgins: Namen fielen keine?

Harras: Ich habe keinen gehört, Inspektor.

Higgins: Sehr viel ist das nicht, was Sie uns zu berichten haben, Mr. Harras, aber wir werden der Sache auf den Grund gehen.

Sir John: Higgins, wenn Sie in jeder Bude nachsehen, wo die Kerle einmal vorbeigeschaut haben, kommen Sie nie ans Ziel.

Harras: Bude? Ich bitte Sie, Sir, ich habe nur getan, was ich für meine Pflicht hielt, nämlich Sie davon in Kenntnis zu setzen.

Higgins: Is ja gut, ist alles gut, wir sind Ihnen auch sehr dankbar. Guten Tag.

Sir John: Moment, Moment mal Mr. Harras, wo sagten Sie, liegt dieses Sanatorium?

Harras: In West Kensington, nahe der North End Road.

Sir John: Das ist eine noble Gegend.

Harras: Allerdings.

Sir John: Warum glauben Sie, kamen Pelford und Fletcher ins Sanatorium, hatten sie Verwandte im Heim oder wollten sie direkt zu Lady Smith?

Harras: Also, Pelford hab ich nur das eine Mal gesehen, was Mr. Fletcher betrifft, so kann ich das nicht beurteilen, äh, Sie müssen wissen, daß ich erst seit 5 Monaten im Home of Peace arbeite.

Sir John: Also, Mr. Harras, es war sehr freundlich von Ihnen, daß Sie zu uns gekommen sind, aber genaugenommen sind Ihre Angaben zu dürftig, Sie müßten uns schon eindeutigere Hinweise geben, daß die Besuche von Mr. Pelford und Mr. Fletcher in Zusammenhang mit deren ungewöhnlichem Ableben stehen, ich schlage vor, Sie verschaffen sich einen genaueren Einblick in die Akte, und wenn Sie etwas finden, wovon Sie glauben, daß es von Bedeutung ist, dann kommen Sie wieder zu uns.

Harras: Ich werde mein Bestes tun, Sir.

Sir John: Merkwürdig, das ganze, Higgins.

Higgins: Ja, wenn ich ehrlich bin, zu denken gibt mir die Sache schon. Hm, da jagen wir diesem verdammten Geisterwagen nach, dessen Fahrer wir nicht kennen, wir haben ein halbes Dutzend Tote, die wahrscheinlich alle auf sein Konto gehen, und dann kommt so eine lächerliche Figur wie Harras zum Yard und behauptet aus heiterem Himmel, er kenne Pelford und Fletcher.

Sir John: Jaja, Sie machen das schon, Higgins.

Higgins: Genau Sir John und ebendarüber muß ich mit Ihnen ein ernstes Wort reden.

Sir John: Aber Higgins, ich bin um halb sechs im Klub verabredet.

Higgins: Ich bitte Sie um 5 Minuten, Sir. Als Sie mir den Fall übertrugen, sagten Sie mir volle Unterstützung zu.

Sir John: Ja die haben Sie ja. Sonst noch was?

Higgins: Wie ich Ihnen schon berichtete, Sir, war ich gestern im Montmartre.

Sir John: Ja, und seitdem werden der Amerikaner, dieser...

Higgins: Silkwood.

Sir John: Silkwood, ganz recht, und seine Leute rund um die Uhr beobachtet, und das Lokal auch.

Higgins: Das genügt mir nicht, ich will einen Durchsuchungsbefehl.

Sir John: Was denn, Sie wollen mit meinen Beamten das Montmartre auf den Kopf stellen?

Higgins: Sir John, Pelford, Reynolds, Fletcher, sie alle verkehrten dort, und sie alle kamen auf die Abschußliste des Jokers.

Sir John: Jaja ich weiß, aber ihnen ist vielleicht entgangen, daß dort auch ehrenwerte Mitglieder unserer Londoner Gesellschaft ihre Abendstunden zu verbringen pflegen, Politiker, Richter, Anwälte. Mein guter Freund Sir Donald zum Beispiel.

Higgins: Ja, er war gestern abend auch dort, mir kommen die Tränen. Wenn wir wirklich etwas gegen den Joker unternehmen...

Sir John: Ich will kein Wort mehr hören, Higgins, tun Sie, was Sie nicht lassen können, aber ich werde es nicht zulassen, daß Sie dort Ihre Privatfete starten, bevor Sie mir handfeste Beweise auf den Tisch legen. Vorher sind das alles nur Vermutungen.

Higgins: Verstehe, Sir John, wenn ich erst mal auf meine Weise ein paar fette Indizien beschafft habe, dann stehen Sie ja ganz loyal zu Ihren Chiefinspektoren.

Sir John: Wie meinen Sie?

Higgins: Nein, nichts, ich wünsche einen schönen Abend.

Sir John: Ja wohin wollen Sie?

Higgins: Ich habe heute noch ein wichtiges Arbeitsessen vor mir, mit Superintendant Lane, man muß sich ja schließlich einmal kennen lernen, die Rechnung bekommen Sie morgen.

Lane: Hm, sagen Sie, Chiefinspektor, führen Sie Ihre Assistenten immer so vornehm aus?

Higgins: Bin ich Krösus? Hm, ich erinnere mich, wir hatten einmal einen Sergeant, Harvy hieß er, er bekam vom damaligen Chef Sir Artur immer die unangenehmsten Aufgaben übertragen, manchmal fuhren wir auch zusammen Streife, da waren Hamburger und Cola schon das allerhöchste der Gefühle.

Lane: Oh, das ist äußerst interessant. Heißt das, Sie wollen mich bei diesem schwierigen Fall nur bei Laune halten, hm mit diesem köstlichen File beispielsweise, bevor wir uns ernsthaft auf die Fährte des Jokers heften?

Higgins: Abgesehen von der Tatsache, daß ich noch nie einen so hübschen Assistenten hatte.

Lane: Noch nie?

Higgins: Fürchte ich, daß uns in der Tat noch schwere Tage bevorstehen, Wochen, Monate, was weiß ich.

Lane: Chiefinspektor...

Higgins: Higgins für Sie.

Lane: Oh, einen Vornamen haben Sie wohl nicht.

Higgins: Doch doch doch, nur verschweige ich ihn meistens. Meine Intimfeinde nennen mich Chiefinspektor Higgi.

Lane: Und Ihre Intimfreunde?

Higgins: Higgi.

Lane: Also gut, Higgi, erzählen Sie einmal, wie lange dauerte Ihr längster Fall, den Sie für den Yard gelöst haben, Sie haben einen legendären Ruf im Haus.

Higgins: Barbara, Sie wissen ja wohl selbst am besten, wie das so ist, oft dauern die Recherchen, die informelle Arbeit Monate, und die Aktion, wenn man einen hochgehen läßt, wenige Minuten.

Lane: Higgi, was denken Sie wirklich über den Joker?

Higgins: Reynolds war sein fünftes Opfer. Wie viele bisher aber tatsächlich auf sein Konto gehen, können wir nur schätzen. Ich könnte mir gut vorstellen, daß noch einige andere Unfälle vom Joker inszeniert wurden.

Lane: Von denen Sie gar nichts wissen.

Higgins: Noch nichts.

Lane: Und wie geht’s also weiter?

Higgins: Eine Hoffnung ist dieser Harras.

Lane: Der Portier aus dem Pflegeheim.

Higgins: Ja, Portier und Sekretär im Home of Peace. Vielleicht findet er etwas heraus, womit wir etwas anfangen können, aber ich kann mich natürlich nicht darauf verlassen.

Lane: Bleibt also nur das Montmartre.

Higgins: Genau. Die Nase des Barkeepers gefällt mir ganz und gar nicht. Haben Sie etwas über ihn herausbekommen?

Lane: O ja, er heißt John Carpenter, 46 Jahre alt, geboren in London, es steht nichts besonderes über ihn in den Akten, keine Vorstrafen, allem Anschein nach ein unbeschriebenes Blatt. Er ist übrigens der Besitzer des Lokals.

Higgins: Besitzer und wäscht selbst die Gläser? Merkwürdig.

Lane: Vielleicht will er Personal sparen.

Higgins: Mag ja sein. Barbara, der Abend mit Ihnen war wunderschön, aber so leid es mir tut, muß ich ihn beenden.

Lane: Haben Sie noch etwas besseres vor?

Higgins: Naja nu, ich habe für das Montmartre keinen Durchsuchungsbefehl bekommen, also muß ich mich dort nochmals umsehen, auf meine Art.

Lane: Schau an schau an, wenn das Sir John erfährt.

Higgins: Darauf kann ich im Moment keine Rücksicht nehmen, wir können dem Joker nicht länger tatenlos zusehen. Kann ich Sie irgendwo absetzen?

Lane: Nein danke, ich geh zu Fuß, ein bißchen frische Luft wird mir jetzt sehr gut tun.

Higgins: Schon wieder so spät, o Mann o Mann... Wo sind denn diese Latschen wieder? – Dann wollen wir mal... Das darf doch nicht wahr sein. Was… was zum Teufel machen Sie denn in meinem Bett?

Lane: Sie sollten eigentlich wissen, daß ich von Natur aus sehr neugierig bin, bis morgen hätte ich das doch bestimmt nicht durchgehalten, die Neuigkeiten aus dem Montmartre zu erfahren. Und außerdem dachte ich mir, man könnte den angebrochenen Abend ein wenig äh… verlängern.

Higgins: Aja, das dachten Sie, meine Haustür war da überhaupt kein Hindernis.

Lane: Aber Higgi, ich bin ein Profi.

Higgins: Jaja.

Lane: Möchten Sie einen Drink?

Higgins: Ich hatte zwar schon einen, aber bekanntlich soll man auf zwei Füßen stehen. Schön, daß Sie sich mit meiner Hausbar so schnell angefreundet haben.

Lane: Auf den Joker.

Higgins: Nein, nein, eher auf den Tag, an dem wir ihn geschnappt haben werden. Cheers.

Lane: Cheers.

Higgins: Es gibt Neuigkeiten.

Lane: Hm, da bin ich aber gespannt.

Higgins: Carpenter hört die Gespräche seiner Gäste ab.

Lane: In den Blumengestecken sind Mikrophone eingebaut.

Higgins: Wunderbar, wie schnell Sie schalten. Jetzt ist mir auch klar, wie so jemand über so manches krumme Ding als erster Bescheid weiß.

Lane: Und mit diesem Jemand meinen Sie den Joker.

Higgins: Ohne jeden Zweifel. Das Montmartre ist jetzt für uns die heißeste Adresse.

Lane: Aha, und was ist unser nächster Schritt?

Higgins: Ich muß das morgen mit Sir John besprechen, auf keinen Fall möchte ich etwas überstürzen, überlegen Sie mal, angenommen, Carpenter arbeitet nur für den Joker, wenn wir da den Klub hochgehen lassen, ist der Joker auf Nimmerwiedersehen verschwunden.

Lane: Hm, und wenn Carpenter selbst der Joker ist?

Higgins: Ja, das wäre natürlich die einfachste Lösung. Hm, wissen Sie, daß das gar nicht so eine schlechte Idee war, die Sie da hatten?

Lane: Welche?

Higgins: Den Abend zu verlängern.

Lane: Hm.

Higgins: Rutschen Sie mal ein bißchen.

Lane: Möchtest du noch eine Tasse Tee, Darling?

Higgins: Nein danke. Barbara, hör zu, ich hab mir das anders überlegt, bevor ich Sir John meinen Besuch im Montmartre beichte, fahre ich hinaus ins Home of Peace.

Lane: In dieses Pflegeheim. Du willst nicht warten, bis dieser Portier, dieser Harras sich meldet.

Higgins: Nein nein, die Zeit drängt, sei so lieb und fahr schon voraus in den Yard und sag Sir John Bescheid. Ich komme gegen 12 Uhr nach.

Lane: Wie Sie befehlen, Chiefinspektor. Dank dir für die Nacht.

Higgins: Ich danke dir, Profi.

Lane: Also mach’s gut, bis später... Ah!

Higgins: Barbara, Barbara, was ist los?

Lane: Eine Jolly-Joker-Karte, sogar bis hierher ist er also schon gekommen.

Higgins: Aufgespießt mit diesem Jagdmesser.

Lane: Steht da irgend etwas drauf?

Higgins: Nein, das ist aber auch gar nicht nötig. Die Warnung ist eindeutig.

Lane: Ja aber wen von uns beiden hat er gemeint?

Higgins: Wahrscheinlich mich, mein Besuch im Montmartre hat sich schneller herumgesprochen als uns lieb ist.

Lane: Sag mal meinst du, daß Carpenter...

Higgins: Wir werden das gleich haben. Hallo Hooper, hören Sie mich, wo sind Sie?

Hooper: Inspektor Higgins, ich bin nach wie vor vor der Wohnung von Carpenter.

Higgins: Hat er heute Nacht das Haus noch einmal verlassen?

Hooper: Nein, Inspektor, er war die ganze Nacht über in seiner Wohnung. Sein Wagen steht ebenfalls vor der Haustür.

Higgins: OK Hooper danke. Ende. Verdammt, Carpenter kann es nicht gewesen sein.

Lane: Ja was wirst du jetzt tun?

Higgins: Wir lassen es wie besprochen, ich fahre ins Home of Peace, und du nimmst dir ein Taxi zum Yard, sie sollen im Labor das Messer und die Karte auf Fingerabdrücke untersuchen, wenn ich auch glaube, daß Sie auch kaum etwas finden werden. Komm, wir gehen.

Lane: OK.

Lady Smith: Was kann ich für Sie tun?

Higgins: Sie sind Lady Smith, die Leiterin dieses Sanatoriums, ist das richtig?

Lady Smith: Leiterin und Eigentümerin, ganz recht.

Higgins: Also Milady, ich bin mit der Aufklärung eines sehr ernsten und eines sehr mysteriösen Falles beauftragt, Scotland Yard untersucht zur Zeit einige rätselhafte Autounfälle, die in den letzten Wochen passiert sind. Wir sind dabei zu der Überzeugung gelangt, daß es sich nicht um Unglücksfälle, sondern durchweg um Mordanschläge handelte.

Lady Smith: Ah, Sie meinen jene Fälle, von denen auch schon die Zeitungen berichtet haben.

Higgins: So ist es.

Lady Smith: Und darf ich fragen, wieso Sie damit zu mir kommen?

Higgins: Sie dürfen. Bitte sehen Sie sich diese beiden Fotos einmal an.

Lady Smith: Ja.

Higgins: Sagen Ihnen diese beiden Fotos etwas, Milady?

Lady Smith: Nein, Inspektor.

Higgins: Die Fotos zeigen zwei Unfallopfer. Beide waren angeblich kurz bevor sie umkamen hier in diesem Sanatorium.

Lady Smith: Hier? Das kann ich nicht glauben. Ach, warten Sie bitte, dürfte ich die Fotos noch einmal sehen?

Higgins: Natürlich.

Lady Smith: Doch, den einen kenn ich, den mit der Narbe, das ist Mr. Fletcher. Wissen Sie, die Aufnahme ist nicht besondern gut.

Higgins: Bedauerlicherweise, Milady, entschuldigen Sie.

Lady Smith: Bitte?

Higgins: Ja.

Lady Smith: Ah ja. Sein Vater war bei uns bis zu seinem Tod in Pflege gewesen, und Mr. Fletcher ist so großzügig, uns von Zeit zu Zeit eine finanzielle Zuwendung zu machen, Sie müssen nämlich wissen, daß wir hier auf private Spenden sehr angewiesen sind.

Higgins: Ich verstehe.

Lady Smith: Ja, möglicherweise hat er uns wieder einmal einen Besuch abgestattet, aber da müßte er bei Mr. Harras vorgesprochen haben, hm, nein, den zweiten Mann kenn ich aber mit Sicherheit nicht.

Higgins: Ja. Ja, dann würde ich gerne einmal mit Mr. Harras sprechen.

Lady Smith: Das geht leider nicht. Harras hat heute seinen freien Tag.

Higgins: Achso.

Lady Smith: Aber ich kann Ihnen ja seine Privatnummer geben.

Higgins: Bitte, Milady, halten Sie es für denkbar, daß Mr. Fletcher, oder vielleicht auch Mr. Pelford, das ist der Mann hier auf dem anderen Foto, gar nicht zu Ihnen, sondern vielleicht zu einem der Heiminsassen wollte?

Lady Smith: Ja, das kann ich nicht beurteilen, Inspektor, ich glaube aber nicht, aber Sie können ja einmal meine Schützlinge fragen.

Higgins: Ich würde das sehr gerne tun. Fangen wir doch gleich mit dem älteren Herrn dahinten an, im Rollstuhl, wer ist das?

Lady Smith: Ja, ja, äh Miller?

Miller: Ja?

Lady Smith: Miller, könnten Sie mit Mr. Goldmann einen Augenblick herkommen.

Miller: Ja.

Lady Smith: Das ist Mr. Goldmann, Theodor Goldmann. Er ist erst seit wenigen Wochen bei uns.

Higgins: Mr. Goldmann, entschuldigen Sie, mein Name ist Higgins, Chiefinspektor Higgins.

Goldmann: Goldmann, Theodor Goldmann.

Lady Smith: Verzeihen Sie Mr. Goldmann, der Inspektor hier hätte eine Frage an Sie.

Goldmann: Ja, was kann ich für Sie tun?

Higgins: Sir, sehen Sie sich doch bitte diese beiden Fotos an. Kennen Sie einen der beiden?

Goldmann: Ja, den einen kenn ich.

Higgins: Den mit der Narbe?

Goldmann: Nein, den anderen, den mit der Brille.

Higgins: Pelford also, Mr. Goldmann, woher kennen Sie Pelford?

Goldmann: Er war einmal hier, vor ein paar Woche glaub ich, ich hab ihn nur kurz gesehen, was oder zu wem er wollte kann ich Ihnen auch nicht sagen, und jetzt entschuldigen Sie mich, Inspektor, Miller, fahren Sie mich ins Haus.

Higgins: Danke, Mr. Goldmann. Wie erklären Sie sich das, Milady?

Lady Smith: Ja, ich weiß auch nicht, ich kann meine Augen ja nicht überall haben.

Higgins: Natürlich nicht, Pelford muß also zu einem Ihrer Patienten gewollt haben.

Lady Smith: Ja vielleicht, was weiß ich.

Higgins: Na gut, Milady, das wär’s fürs erste. Falls ich noch Fragen haben sollte, werde ich mir erlauben, nochmals bei Ihnen vorbeizusehen.

Lady Smith: Ja, tun Sie das, Inspektor. Inspektor?

Higgins: Milady?

Lady Smith: Ja, übrigens, wer sagte Ihnen eigentlich, daß diese beiden Herren bei mir gewesen sein sollen?

Higgins: Mr. Harras, er besuchte uns im Yard. Auf Wiedersehen, Milady.

Lady Smith: Auf Wiedersehen.

Sir John: Ja.

Higgins: Hallo, Sir John?

Sir John: Na endlich, Higgins, wo stecken Sie denn?

Higgins: In einer Telefonzelle in der Shaftsbury Avenue. Ich habe mich im Sanatorium umgesehen, Sir, und mit Lady Smith gesprochen.

Sir John: Ja, ja, was haben Sie für einen Eindruck?

Higgins: Einen sehr zwiespältigen. Sie kennt Fletcher, aber das gab sie nicht gleich zu, behauptet, er sei ein Förderer des Sanatoriums. Ein älterer Heiminsasse, ein gewisser Goldmann, bestätigte jedoch, daß auch Pelford dort einmal aufgetaucht ist. Im Moment kann ich mir aber noch keinen rechten Reim darauf machen. Übrigens, ist Superintendant Lane schon bei Ihnen, kann ich sie mal sprechen?

Sir John: Das können Sie nicht, sie ist nicht da, aber sie hat angerufen, sie wird sich etwas verspäten. Hören Sie mal, Miss Lane hat mir schon von Ihrem nächtlichen Ausflug ins Montmartre berichtet, also Higgins, Sie wissen, daß ich diese Eigenmächtigkeiten von Ihnen gar nicht schätze, ich repräsentiere als Chef den Yard auch nach außen, und wenn jeder meiner Inspektoren...

Higgins: Weg! Gehen Sie in Deckung!

Hooper: Hände hoch, keine Bewegung!

Higgins: Nur keine Panik, Jungs, Jungs.

Hooper: Tschuldigen Sie vielmals, Chiefinspektor.

Higgins: Ja ist ja schon gut. Geben Sie sofort eine Fahndung nach dem schwarzen Jaguar XJ 12 raus.

Hooper: Achtung, an alle Streifenwagen, gesucht wird ein schwarzer Jaguar XJ 12.

Higgins: Entfernt sich von der Shaftsbury Avenue nach Norden, wahrscheinlich Richtung Regents Park.

Higgins: Besondere Kennzeichen: Verdunkelte Scheiben. Bei Sichtkontakt anhalten und den Fahrer unverzüglich festnehmen.

Higgins: Vorsicht, der Mann ist bewaffnet und macht ohne Bedenken von der Schußwaffe Gebrauch. Ende. Hallo, Sir John, Sir John bitte kommen.

Sir John: Higgins, was war denn los?

Higgins: Sitzen Sie?

Sir John: Ja.

Higgins: Sie haben sich soeben die Begräbniskosten für einen Ihrer Chiefinspektoren erspart.

Sir John: Der Joker?

Higgins: Genau. Um ein Haar hätte er mich erwischt. Ich habe die Fahndung schon ausgegeben.

Sir John: Ja was sind denn das für Sachen, Higgins. Ich hab auch schlechte Nachrichten, der Amerikaner, wie hieß der noch?

Higgins: Silkwood, Sir.

Sir John: Ach ja, dieser Silkwood und seine Kumpanen haben unsere Leute abgehängt.

Higgins: Verdammt, heute geht aber auch alles schief. Ich komm in den Yard.

Sir John: Nein, nein, warten Sie, Mr. Harras hat heute früh noch mal angerufen, Sie sollen zu ihm in die Privatwohnung kommen, er wohnt in der Kingsroad Nummer 4.

Higgins: Ich bin schon unterwegs, Sir. - Mr. Harras, sind Sie zuhause? – Hallo, Mr. Harras? – Mr. Harras? – Mein Gott!

Lady Smith: Meine Herren, darf ich erfahren, welchem Umstand ich diese rüde Vorladung zu verdanken habe?

Higgins: Kam sie wirklich so unerwartet, Milady?

Sir John: Higgins, kommen Sie zur Sache.

Higgins: Sie verdanken die Vorladung dem Umstand, Milady, daß Ihr Portier seit gestern auf Eis liegt, im Leichenschauhaus.

Lady Smith: Harras? Wie ist das möglich?

Higgins: Man hat ihn in seinem Badezimmer solange unter Wasser getaucht, bis der Tod eintrat, seinen freien Tag hat er sich wahrscheinlich anders vorgestellt.

Lady Smith: Ja aber das ist ja entsetzlich.

Higgins: Da sind wir zufällig einer Meinung Milady, ich finde es aber auch entsetzlich, daß dieser scheußliche Mord keine zwei Stunden nach meinem Besuch in Ihrem Sanatorium von mir entdeckt wurde, nachdem ich Ihnen mitteilte, daß Harras uns wegen der Besuche von Pelford und Fletcher im Home of Peace aufgesucht hat. Sie werden sicherlich verstehen, welche Rückschlüsse für mich da naheliegend sind.

Lady Smith: Inspektor, soll das heißen, Sie unterstellen mir irgendeine Verbindung zu diesem Mord? Zwei Stunden dürften wohl ein wenig knapp bemessen sein, um einen Mordplan zu fassen und auszuführen.

Higgins: Das Argument klingt plausibel, haben Sie vielleicht schon Ihren Rechtsbeistand konsultiert?

Lady Smith: Ich verbitte mir diesen Ton.

Sir John: Higgins! Behalten Sie bitte Platz, Lady Smith.

Higgins: Sie haben mich nicht ausreden lassen. Ich sagte vorhin, daß zwischen meinem Besuch bei Ihnen und dem Entdecken der Leiche etwa zwei Stunden lagen, die Obduktion hat allerdings ergeben, daß der Mord in der Nacht passierte, so zwischen 1 und 2 Uhr morgens.

Lady Smith: Na also, sehen Sie.

Higgins: Ja, nur beweist das nichts. Harras hatte vorgestern gegen 15 Uhr Dienstschluß und war um ca. 16 Uhr bei uns. Einer ihrer Heiminsassen hat uns gegenüber bestätigt, daß kurz nach Harras auch Ihr Pfleger Mr. Miller das Heim verlassen hat.

Lady Smith: Wer hat das denn behauptet?

Higgins: Ich werde mich hüten, Ihnen das zu sagen, der Mord an Harras, der reicht mir fürs erste.

Lady Smith: Inspektor, ich werde mich an höchster Stelle über Sie beschweren, wenn Sie mir weiterhin in diesem Ton die Ermordung von Mr. Harras anlasten.

Higgins: Tun Sie das, Milady, und Sie können gleich damit anfangen. Ich hoffe, daß Ihr Pfleger ein stichfestes Alibi hat, denn wenn nicht, und wenn ich dahinterkommen sollte, daß er Harras zum Yard gefolgt ist, nehme ich ihn eigenhändig auseinander, das versichere ich Ihnen.

Lady Smith: Sie haben doch nicht den geringsten Beweis in der Hand, Inspektor, Sie tappen im Dunkeln und wollen mich belasten, weil das für Sie der einfachste Weg ist.

Higgins: Milady, wir haben eine ganze Reihe ungelöster Todesfälle, und wenn ich auf der Stelle trete, so verdirbt mir das die Laune.

Sir John: Higgins.

Higgins: Ich versichere Ihnen eines: Sollte ich nur ein einziges Indiz finden, das Sie und Ihr Sanatorium in Zusammenhang mit dieser Mordserie bringt, dann gnade Ihnen Gott.

Lady Smith: Ich sehe schon, ich werde das Gespräch über meinen Anwalt fortsetzen. Kann ich jetzt gehen?

Higgins: Sie können gehen, Lady Smith. Ich frage mich nur, ob der Joker auch so großzügig ist.

Lady Smith: Sir John, auf Ihren Inspektor, diesen Proleten, dürfen Sie sich wirklich etwas einbilden.

Lane: Eine temperamentvolle Lady.

Higgins: Blöde Kuh.

Sir John: Higgins, Sie sind wohl nicht ganz bei Trost, hier so eine Show abzuziehen. Auf die Interventionen von oben kann ich mich jetzt schon freuen.

Higgins: Ach, darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Überlegen Sie doch, Sir John, wir tappen im Dunkeln wegen dieser Mordserie, und da kommt dieser Portier daher, und identifiziert zwei der Opfer einwandfrei, und neun Stunden später ist er tot. Wollen Sie mir vielleicht weis machen, das sei Zufall?

Sir John: Nein, aber... Ja, Hallo? Ja, für Sie, Higgins.

Higgins: Danke. Ja. Ja, Higgins?

Stimme: Sie sind gestern noch einmal davongekommen, Chiefinspektor, das sollte Ihnen eine Warnung sein, ich gebe Ihnen einen guten Rat, lassen Sie mich in Ruhe arbeiten, sonst könnte es sein, daß Sie Ihre hübsche Freundin eines Tages nur noch anhand ihrer Ausweispapiere identifizieren können.

Higgins: Hallo? Hallo? Verdammt. Mist, verdammter.

Sir John: Wer war das?

Higgins: Na dreimal dürfen Sie raten.

Sir John: Bin ich allwissend?

Higgins: Unser Freund.

Sir John: Doch nicht etwa der Joker?

Higgins: Doch.

Sir John: Und was wollte er?

Higgins: Mir sicherlich kein langes Leben wünschen. Superintendant Lane hat er auch bedroht.

Sir John: Da haben Sie’s. Und Sie nehmen hier Lady Smith auseinander.

Higgins: Ja finden Sie das nicht merkwürdig?

Sir John: Was soll ich merkwürdig finden?

Higgins: Wir laden Lady Smith vor, und fast zur selben Zeit meldet sich der Joker telefonisch.

Lane: Du meinst, es war vielleicht nur ein Strohmann?

Higgins: Sicherlich natürlich, um uns zu verwirren.

Sir John: Sie duzen sich bereits. Das ist ja alles sehr hilfreich. Hören Sie zu, Higgins, hören Sie ein einziges Mal auf mich.

Higgins: Ich höre doch.

Sir John: Sie halten doch nicht etwa Lady Smith für den Joker? Das können Sie mir doch nicht antun, ein Jahr vor meiner Pensionierung.

Higgins: Sir John, ich versichere Ihnen, Ihre Pension ist in keinster Weise gefährdet.

Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.

Sir John: Aber jetzt nicht.

Ann Pattison: Sir John.

Higgins: Hören Sie, ich muß mir Klarheit verschaffen über die Vorgänge im Sanatorium, und das wäre ein Job für dich, Barbara, aber keineswegs ungefährlich.

Lane: Hm, könntest du dich etwas klarer ausdrücken?

Higgins: Hör zu, Lady Smith hat dich noch nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen, das war auch der Grund, warum du nebenan warten solltest, nehmen wir jetzt einmal an, du bist Journalistin und schreibst einen Report über die Lebensverhältnisse unserer älteren Mitbürger, damit hättest du einen plausiblen Grund, ausführlich mit den Leuten im Home of Peace zu reden.

Lane: Und an welche Zeitung hast du gedacht?

Higgins: Ja nu mein Gott, den Daily Telegraf, ich kenne den Chefredakteur, der soll da selbst anrufen und deinen Besuch ankündigen, so halten wir das Risiko gering, sollte Lady Smith auf die Idee kommen, zurückzurufen. Wären Sie damit einverstanden, Sir John?

Sir John: Naja, wenn sich Miss Lane dazu bereiterklärt.

Higgins: Barbara.

Sir John: Ich werde dich nicht enttäuschen.

Higgins: Danke, Profi.

Higgins: Häh, 5 Uhr, wer zum Teufel, wem fällt... ja hier Higgins, was gibt’s?

Hooper: Mr. Higgins, hier Seargent Hooper.

Higgins: Ja?

Hooper: Tut mir leid, Sie so früh wecken zu müssen, aber Carpenter verläßt soeben seine Wohnung, und das ist reichlich ungewöhnlich, er nimmt den Range Rover.

Higgins: Was, so früh? Also gut, Hooper, hängen Sie sich dran, und melden Sie sich wieder, Ende.

Higgins: Ja, Higgins hier.

Hooper: Hier Seargent Hooper.

Higgins: Was gibt’s neues?

Hooper: Carpenter hat auf offener Landstraße gehalten und steht schon ne halbe Stunde da.

Higgins: Merkwürdig. Entweder wartet er auf jemand, oder er hat Sie entdeckt und will Sie nur in die Irre führen.

Hooper: Warten Sie, Inspektor, jetzt nähert sich dem Rover ein Wagen, ich glaube, ja, er verlangsamt sein Tempo. Tatsächlich, er bleibt neben dem Rover stehen.

Higgins: Können Sie die Marke erkennen?

Hooper: Das ist ne schwarze Limousine, ein Jaguar. Carpenter reicht ihm etwas durchs Fenster.

Higgins: Hören Sie zu Hooper, das ist unser Mann, vergessen Sie Carpenter und fol-gen Sie dem Jaguar. Verlieren Sie ihn nicht aus den Augen, ich komme sofort. Ende.

Hooper: Er war plötzlich wie von Erdboden verschluckt, ich hab so was noch nie erlebt, Chiefinspektor.

Higgins: Hier in diesem Planquadrat haben Sie ihn verloren.

Hooper: Ja, ich hatte noch die Kollegen verständigt, ein paar Augenblicke später hätten wir ihn einkreisen können, aber der fuhr plötzlich in eine Hauseinfahrt und auf der Hinterseite wieder raus, es war mir völlig unmöglich, ihm so rasch zu folgen.

Higgins: Hooper, nun beruhigen Sie sich doch, ich mache Ihnen ja keinen Vorwurf. Nur wäre es zu schön gewesen. Passen Sie auf, Sie legen sich aufs Ohr, Sie haben die letzten 48 Stunden nicht viel geschlafen.

Hooper: Vielen Dank, Chiefinspektor.

Higgins: Schon gut, ich werde mir diese Gegend mal ein wenig genauer ansehen.

Tankwirtin: Guten Morgen Sir.

Higgins: Guten Morgen.

Tankwirtin: Was soll’s sein?

Higgins: Sind Sie so nett und tanken Sie voll.

Tankwirtin: Ja.

Higgins: Nicht viel Betrieb hier heute, nicht.

Tankwirtin: Nein, ein Wunder, daß in dieser gottverlassenen Gegend überhaupt mal jemand stehen bleibt.

Higgins: In der alten Hochgarage dahinten, sind da noch viele Wagen abgestellt?

Tankwirtin: In dem alten Ding? Ja, zwei Dutzend vielleicht. Das ganze Gebäude sollte schon vor Jahren abgerissen werden. Ja, ich geh ja sowieso bald in Rente, dann sollen die doch sehen, wie sie zurechtkommen. Warum fragen Sie eigentlich.

Higgins: Ach ja, nur so. Wem gehört die Garage überhaupt?

Tankwirtin: Wem sie gehört, weiß ich gar nicht. Mr. Tanner macht hier das Geschäftliche. Den können Sie fragen.

Higgins: Mr. Tanner? Wissen Sie, ob er jetzt da ist?

Tankwirtin: Ja, er kommt meistens schon vor 7, bleibt bis in die Nacht. Auch so ein alter Spinner. Sein Büro ist in der 4. Etage.

Higgins: Hm, ich sag ihm mal guten Tag. Ach, kontrollieren Sie inzwischen bitte das Öl und die Reifen.

Tankwirtin: Ja, ja, Sie können den Aufzug hinten links benutzen, wenn’s das alte Ding überhaupt noch tut.

Higgins: Hoffen wir’s.

Tanner: Ja.

Higgins: Mr. Tanner?

Tanner: Sie wünschen?

Higgins: Ich bin Inspektor Higgins von Scotland Yard.

Tanner: Was wollen Sie?

Higgins: Ich hätte gerne einige Auskünfte.

Tanner: Worüber?

Higgins: Ich suche ein Auto.

Tanner: Soso.

Higgins: Ja, eine Limousine Marke Jaguar, schwarz lackiert.

Tanner: Ja und warum kommen Sie da zu mir? Ich bin kein Gebrauchtwagenhändler.

Higgins: Mr. Tanner, ich wäre Ihnen wirklich sehr dankbar, wenn Sie sich ein paar Minuten von Ihrer Arbeit trennen und mir zuhören würden. Eine Frage, Mr. Tanner, lesen Sie Zeitung?

Tanner: Eigentlich nicht, viel Arbeit hier.

Higgins: Ja, dann haben Sie auch noch nie etwas vom Joker gehört.

Tanner: Nein, wer soll das sein?

Higgins: Mr. Tanner, um es kurz zu machen, Scotland Yard, und das bin in diesem Falle ich, wir versuchen einem der gefährlichsten Verbrecher auf die Spur zu kommen, aber wir haben nicht den geringsten Hinweis auf seine Identität. Wir wissen nur eines: Er fährt einen dunklen Jaguar aus der XJ 6er oder 12er Serie, deshalb meine Frage: Ist ein Fahrzeug dieses Typs in Ihrer Garage untergestellt?

Tanner: Jaguar? Warten Sie, natürlich, drei sogar, ein alter Sportwagen der Type E, ein weißer Vierzylinder, und dann natürlich Mr. Goldmanns Privatwagen.

Higgins: Privatwagen. Und wer bitte ist Mr. Goldmann?

Tanner: Ja der Eigentümer dieser Garage.

Higgins: Ich dachte, die Garage gehört Ihnen.

Tanner: Mir? Ich bin ein alter Mann, Inspektor, ich verdien mir hier ein paar Kröten zu meiner miesen Rente.

Higgins: Und Sie sagen, Mr. Goldmanns Wagen ist ein Jaguar.

Tanner: Ja, er wurde aber seit mehr als 2 Jahren nicht mehr gefahren. Seit Mr. Goldmann eben das letzte Mal in London war.

Higgins: Er lebt im Ausland?

Tanner: Ja, die Goldmann Industries haben ihren Sitz in Hongkong, und Mr. Goldmann...

Higgins: Wie heißt er mit Vornamen?

Tanner: Soviel ich weiß, Anton, also Mr. Goldmann kümmert sich wohl um alles, außer um diese alte Hochgarage und die Tankstelle. Hier bin ich Mädchen für alles.

Higgins: Ja, ja, ich verstehe. Auf diesem Bild hier, ist das Mr. Goldmann, Mr. Anton Goldmann?

Tanner: Ja, das ist Mr. Anton Goldmann.

Higgins: Mr. Tanner, ich danke Ihnen fürs erste und ich habe auch im Moment keine Fragen mehr. Aber ich würde mir gerne einmal diesen Jaguar von Mr. Goldmann ansehen.

Tanner: Tun Sie, was Sie nicht lassen können, er steht in der 3. Etage, ich nehme an, Sie finden den Weg alleine.

Higgins: Durchaus. Haben Sie nochmals vielen Dank, Mr. Tanner. – Verdammt.

Tanner: Was machen Sie da? Das ist eine Alarmanlage gegen Diebe. Darf ich wissen, was Sie da gemacht haben? Ich sagte, Sie können sich den Wagen einmal ansehen, von einer Spazierfahrt war nicht die Rede...

Higgins: Ich...Mister...

Tanner: Oder haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?

Higgins: Noch nicht.

Tanner: Darf ich wissen, wer Ihr Vorgesetzter ist, Chiefinspektor?

Higgins: Wenn Sie Beschwerden haben, Mr. Tanner, und die haben Sie ja wohl, wenden Sie sich an Sir John.

Sir John: Und Sie halten diese Garage wirklich für einen Schlupfwinkel des Jokers?

Higgins: Hm, es sieht fast so aus. Überlegen Sie einmal, Sir John, Hooper hat den Wagen in der Nähe der Demmem-Road aus den Augen verloren. Weit und breit gibt es nichts als Abbruchhäuser, desolate Gebäude und geschlossene Geschäfte.

Sir John: Trotzdem. Trotzdem. Es ist ebenso gut denkbar, daß der Joker unseren guten Hooper genarrt hat und in eine völlig andere Richtung weitergefahren ist.

Higgins: Auf jeden Fall laß ich diese Hochgarage Tag und Nacht beobachten. Unsere Leute sollen vor allem darauf achten, ob ein schwarzer Jaguar die Garage verläßt.

Sir John: Ja was wollen Sie denn mit den beiden alten Herrschaften in der Garage anfangen, glauben Sie etwa, daß einer von den beiden der Joker ist?

Higgins: Nein, das nicht gerade, aber sie könnten mit ihm unter einer Decke stecken. Tanner war nicht gerade begeistert, als ich den Jaguar untersuchte.

Sir John: Wozu Sie im übrigen auch kein Recht hatten. Also ich finde, Sie sind im Moment nicht gerade sehr erfolgreich, Higgins.

Higgins: Danke, Sir.

Sir John: Ich habe mir zudem einige Zahlen geben lassen, die Sie nicht gerade begeistern werden. Da, in London sind derzeit rund 19.000 Leiland-Fahrzeuge der Marke Jaguar gemeldet, davon fast 6000 aus der XJ-Serie. Eine fast hoffnungslose Aufgabe, aufgrund des Fahrzeugtyps den Joker ausfindig zu machen.

Higgins: Eben, und deshalb meine ich, wir sollten uns lieber an die Fakten halten. Rekapitulieren wir einmal.

Sir John: Aber Higgings, wenn Sie mich fragen, Sie haben überhaupt nichts konkretes in der Hand.

Higgins: Sir John, bitte, jetzt hören Sie mir einmal zu. Wir haben zunächst einmal Lady Smith, von der erwiesen ist, daß sie von zwei späteren Opfern des Jokers besucht wurde, das ist immerhin ein Anhaltspunkt. Ich hoffe, daß uns Miss Lane weiterbringt. Und dann haben wir seit heute diesen merkwürdigen Tanner. Ich möchte nicht ausschließen, daß in seiner Garage der Wagen des Jokers steht.

Sir John: Naja. Wie alt, sagten Sie, ist Tanner?

Higgins: Einiges über 70, Sir.

Sir John: Naja, das spricht ja wohl für sich.

Ann Pattison: Sir John, es ist Zeit für Ihre Tabletten.

Sir John: Ja, aber nicht jetzt.

Ann Pattison: Sir John, bitte.

Higgins: Der nächste ist Carpenter. Ich bin überzeugt, daß er sich heute in den frühen Morgenstunden mit dem Joker getroffen hat. Ich habe schon einmal betont, daß ich Carpenter unter keinen Umständen zu früh festnehmen will, je weniger er sich beobachtet fühlt, um so besser für uns.

Sir John: Ja und dann wäre da noch der Amerikaner, dieser...

Higgins: Silkwood.

Sir John: Ja.

Higgins: Er scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein. Und jetzt frage ich mich, was hat er vor. Ich glaube, wir können davon ausgehen, daß Silkwood und der Joker nicht identisch sind.

Sir John: Bleibt auch noch die Frage, warum Harras ermordet wurde.

Higgins: Richtig, Sir. Darf ich mir einen Whisky nehmen?

Sir John: Ja, ich bitte darum.

Higgins: Sie auch?

Sir John: Ja, aber ohne Eis.

Higgins: Seit heute Vormittag hat sich noch ein völlig neuer Aspekt ergeben, dem wir nachgehen sollten. Wissen Sie, wer der Eigentümer der Garage ist?

Sir John: Nein.

Higgins: Ein gewisser Anton Goldmann.

Sir John: Ja und? Was ist daran so ungewöhnlich?

Higgins: Goldmann hieß auch der alte Mann im Rollstuhl in Lady Smith Sanatorium, Theodor Goldmann.

Sir John: A Goldmann, an dem Namen ist doch nichts ungewöhnliches. Ich kenne viele mit dem Namen Goldmann.

Higgins: Ja, aber die beiden haben deutsche Vornamen Sir, Anton und Theodor.

Sir John: Danke. Haben Sie mit diesem Anton Goldmann gesprochen?

Higgins: Nein, der sitzt angeblich in Hongkong, ist Inhaber der Goldmann Industries, offenbar ein größerer Konzern, in Tanners Büro hängt ein Bild von ihm.

Sir John: Ja und? Irgendwelche Ähnlichkeiten mit dem Mann im Sanatorium?

Higgins: Nein, leider nicht, nicht die geringste.

Sir John: Na sehen Sie, an Ihrer Stelle würde ich zusehen, den Amerikaner wiederzufinden, anstatt in dieser Garage irgendwelchen Hirngespinsten nachzulaufen.

Higgins: Cheers.

Sir John: Ja, zum Wohl.

Higgins: Aber irgend etwas macht mich stutzig. Ich stellte mich Tanner als Inspektor Higgins vor, irgendwann während des Gesprächs sagte Tanner Chiefinspektor zu mir, finden Sie das nicht etwas seltsam, Sir John?

Sir John: Kann doch Zufall sein.

Higgins: Aber trotzdem, der Sache mit den Goldmanns werd ich auf den Grund gehen, Miss Lane muß mir hier helfen, sie soll den Theodor Goldmann, den Mann im Rollstuhl, etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Lane: Hallo Darling.

Higgins: Hallo. Na, wie war’s, hast du was rausgekriegt in deinem Home of Peace?

Lane: Hm, du hattest recht mit deiner Vermutung, Goldmann hatte einen Bruder, er hatte. Maximilian starb vor Jahren an Krebs.

Higgins: Schon wieder so ein deutscher Name.

Lane: Ich habe mir hier ein Foto ausgeborgt, du, sieh dir das mal an, die beiden sind sich wie aus dem Gesicht geschnitten, findest du nicht?

Higgins: Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend. Die beiden müssen Zwillingsbrüder gewesen sein. Eine Gewißheit haben wir jetzt, Goldmanns Bruder ist nicht der Mann in Tanners Büro. Ich fürchte, ich habe mich diesmal geirrt.

Lane: Mr. Goldmann ist viel in der Welt herumgekommen und will bei Lady Smith seinen Lebensabend verbringen, manchmal wirkt er ruhig und gemütlich, dann wieder höchst wachsam und mißtrauisch, schwer zu durchschauen. Ich habe mit ihm eine Partie Schach gespielt.

Higgins: A ja, wer hat gewonnen?

Lane: Remi.

Higgins: Aha. Hat Lady Smith Verdacht geschöpft?

Lane: Bestimmt nicht, sie war sehr zuvorkommend, ich habe mit nahezu allen Einsassen sprechen können, man hat den Eindruck, sie fühlen sich alle recht wohl dort.

Higgins: Hast du noch etwas über Pelford und Fletcher herausbekommen?

Lane: Nein, leider nein. Über interne Vorgänge im Sanatorium sind die Leute offenbar völlig ahnungslos, und an Lady Smiths Privatunterlagen, da kam ich noch nicht ran, sie bewahrt alles in einem Safe auf.

Higgins: Hm, ich geb was drum, wenn ich da mal reinkucken könnte.

Lane: Hm, ich werd’s für dich versuchen.

Higgins: Aber Darling, ich bitte dich.

Lane: Ich weiß, ich weiß, ich bin vorsichtig.

Higgins: Ein Durchsuchungsbefehl ist bei Lady Smith nicht drin, da spielt Sir John nicht mit, ich selbst muß mich noch um Tanner kümmern.

Lane: Tu das, Higgi.

Higgins: Der Mann geht mir einfach nicht aus dem Kopf.

Lane: Also, ich muß zurück in mein Altersheim. Machs gut.

Higgins: Sei vorsichtig, Profi.

Lane: Du auch, Profi.

Stimme: Achtung, Achtung, bewaffneter Überfall auf Juweliergeschäft am Eaton-Square, es gab ein Todesopfer, alle verfügbaren Einsatzkräfte bitte sofort an den Tatort.

Higgins: Das darf doch nicht wahr sein.

Sir John: Ah, Tag Higgins.

Higgins: Sir John.

Sir John: Nun sehen Sie sich das einmal an, das ist übrigens Mr. Short, der Besitzer.

Short: Guten Tag.

Higgins: Mr. Short, dann erzählen Sie mal.

Short: Ja, es ging alles furchtbar schnell, mein Angestellter und ich waren gerade hier im Laden, und berieten einige Kunden, als an der Hintertür eine Explosion erfolgte. Ich sah noch, wie der Wächter niedergeschlagen wurde, und dann stürmten sie auch schon herein, schwer bewaffnet, wir mußten alle die Hände in die Höhe nehmen.

Higgins: Wie sahen die Kerle aus?

Short: Ja, sie hatten dunkle Mäntel an und so weiße Gesichtsmasken aufgesetzt, als ich den Safe nicht sofort öffnen wollte, haben sie meinen Angestellten einfach über den Haufen geschossen.

Sir John: Ja hätte sich das nicht vermeiden lassen, Mr. Short, Sie sind doch versichert.

Short: Ich war im ersten Moment so überrascht, und ich wußte auch nicht, ob sie wirklich schießen würden, im Safe waren immerhin Rohdiamanten im Wert von einer halben Million Pfund.

Higgins: Konnten Sie erkennen, mit welchem Auto sie geflüchtet sind?

Short: Ja, den Fluchtwagen konnte ich sehr genau erkennen, es war ein brauner Chevrolet Kombi, Baujahr so 77/78, er fuhr vielleicht 2 Minuten, nachdem die Kerle das Lokal gestürmt hatten, vor.

Sir John: Die Fahndung ist bereits draußen.

Higgins: Gut. Sir John, ich muß Sie unter 4 Augen sprechen. Entschuldigen Sie uns, Mr. Short.

Short: Aber bitte schön.

Sir John: Nun?

Higgins: Ich gehe jede Wette ein, daß der Amerikaner hinter dem Überfall steckt. Das ist haargenau seine Arbeitsweise.

Sir John: Und was wollen Sie unternehmen?

Higgins: Der Amerikaner hat eine Beute von 500.000 Pfund gemacht, ab dieser Stunde, da gehe ich jede Wette ein, befindet er sich im Fadenkreuz des Jokers.

Sir John: Sie meinen, es kommt zur großen Konfrontation.

Higgins: Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder der Joker erledigt Silkwood und seine Leute, dann haben wir ein Problem weniger, oder der Amerikaner ist schlauer und trickst den Joker aus, dann hätte er geschafft, was uns bisher nicht gelungen ist. Ich glaube aber eher, daß Tom Silkwood und seine Leute noch ihr blaues Wunder erleben werden.

Sir John: Nun malen Sie mal nicht den Teufel an die Wand, Higgins.

Ann Pattison: Sie sollten sich nicht so viele Sorgen machen, Sir John.

Sir John: Sie haben leicht reden, Kindchen. Die Morde des Jokers, der Überfall auf Shorts Juweliergeschäft, und nicht zu vergessen der Anschlag auf Higgins, wissen Sie, Higgins hat bisher noch jeden seiner Fälle gelöst, und Miss Lane ist eine sehr tüchtige Mitarbeiterin.

Ann Pattison: Ja, sehr tüchtig.

Sir John: Aber ich fürchte, daß Higgins im Joker seinen Meister gefunden hat. Und wissen Sie, Ann, ein Gedanke beunruhigt mich zu tief.

Ann Pattison: Welcher, Sir John?

Sir John: Daß er sich diesmal irrt, daß keine der Personen, die er verdächtigt, der Joker ist, daß es jemand völlig unbekanntes ist, oder, was noch schlimmer wäre, daß es jemand ist, der unter uns weilt, jemand, den wir alle kennen.

Higgins: Guten Abend, Sir John.

Sir John: Ah, guten Abend, Higgins, daß Sie sich auch mal wieder blicken lassen, ja, gibt’s was Neues?

Higgins: Ja, das Telex aus Hongkong.

Sir John: Telex? Hongkong?

Higgins: Ich hatte in Hongkong Auskünfte über Goldmann eingeholt, hier ist die Antwort und ein Bild von ihm.

Sir John: Na, Ann, dann machen Sie uns bitte mal zwei Whisky, oder sagen wir besser drei, ich spendiere ihnen auch einen.

Ann Pattison: Vielen Dank, Sir John.

Sir John: Na, nun zeigen Sie schon her, Higgins, machen Sie es doch nicht immer so spannend. Anton Goldmann, geb. am 4. März 1921 in London, Goldmann liquidierte Industries Hongkong im Januar 1982, Verkaufserlös wahrscheinlich nach Europa transferiert, genauer Aufenthaltsort von Anton Goldmann unbekannt, vermutlich noch Hongkong. Weitere Daten nicht verfügbar.

Higgins: Ja, und das ist sein Foto.

Sir John: Ja und? Ist das identisch mit dem in Tanners Büro?

Higgins: Zweifellos, das ist er.

Sir John: Na sehen Sie.

Ann Pattison: Ihr Whisky, Sir.

Sir John: Danke.

Ann Pattison: Ohne Eis. Bitte Higgins.

Higgins: Danke.

Sir John: Ich habe Ihnen doch gleich gesagt, daß das nichts bringt, Ihre Wahnideen mit dem alten Tanner können Sie ein für alle mal begraben.

Higgins: Trotzdem hatte ich das Gefühl, daß an der Sache etwas faul ist, die Informationen aus Hongkong waren nicht gerade sehr ergiebig, und deshalb habe ich das Foto vorhin durch unseren Computer laufen lassen, zur Identifikation.

Sir John: Ja und?

Higgins: Das Foto zeigt nicht Anton Goldmann, sondern Guliano Montaldo.

Sir John: Guliano Montaldo?

Higgins: Geboren 1931 in Neapel.

Sir John: Ja was soll das heißen, Higgins?

Higgins: Das heißt, daß der Mann, dessen Bild in Tanners Büro hängt, nicht Anton Goldmann ist, und das heißt weiter, der Mann im Rollstuhl ist möglicherweise doch der Bruder des Eigentümers der Garage. Cheers.

Rogers: Sir John, Inspektor, würden Sie bitte mit mir kommen.

Higgins: Schießen Sie los, Rogers.

Rogers: Wir haben insgesamt 5 Tote. Einer von ihnen ist zweifelsfrei Tom Silkwood, den hat’s hier vorne erwischt.

Sir John: Ist ja grauenhaft.

Rogers: Die anderen vier dahinten, das waren höchstwahrscheinlich seine Komplizen. Wir konnten Sie aber noch nicht identifizieren, zwei von ihnen sind bis zur Unkenntlichkeit verkohlt.

Higgins: Sagen Sie, Rogers, weiß man schon, welche Waffe verwendet wurde?

Rogers: Alles deutet auf ein Maschinengewehr der Marke Rammington hin, ein älteres Modell, wie es auch von den Amerikanern im Vietnam verwendet wurde, Kaliber 7,9 mm, Reichweite 4000 Meter bei 1000 Schuß pro Minute. Und so was eingesetzt aus einer Entfernung von nicht einmal 150 Metern. Die Leute wurden regelrecht abgeschlachtet. Der Wagen ist auch dementsprechend zugerichtet.

Higgins: Ich war Tom Silkwood zwar auf den Fersen, aber ein so grauenvolles Ende hätte ich ihm trotz allem lieber erspart.

Rogers: Ganz recht, Inspektor. Ich kann mich nicht erinnern, daß in England eine Waffe dieser Größenordnung bei einer Gangsterfehde je zum Einsatz kam.

Higgins: Wie hat dich das ganze Ihrer Meinung nach abgespielt im Detail?

Rogers: Also, Silkwood und seine Leute hatten hier, auf dieser Waldlichtung offenbar mit einer uns unbekannten Person ein Treffen vereinbart, eine Geldübergabe oder etwas ähnliches, wir haben neben Silkwoods Leiche einen leeren Koffer gefunden. Sie gerieten dann alle in den Kugelhagel einer Person, die mit einem Wagen, offenbar schon früher, da vorn hinter dem Gebüsch postiert war, in diesem Wagen muß sich auch das MG befunden haben. Ein weiterer Wagen muß aber vorne am Waldweg gestanden haben, sonst wäre nicht erklärbar, wieso Silkwood ausgerechnet an dieser Stelle erschossen wurde.

Higgins: Sonst irgendwelche Anhaltspunkte?

Rogers: Ja, also zunächst etwas sehr merkwürdiges. Bei dem Koffer neben Silkwood fanden wir diese Spielkarte.

Sir John: Aha, ein Jolly Joker, also doch, hätte mich ja gewundert, und sonst noch was?

Rogers: Ja, die Reifenspuren natürlich.

Higgins: Gibt es schon Hinweise auf die Fahrzeugtypen?

Rogers: Der hinterm Gebüsch war wahrscheinlich ein Jeep.

Higgins: Vielleicht ein Range Rover?

Rogers: Durchaus möglich.

Higgins: Und der andere?

Rogers: Ist im Moment schwer zu sagen.

Higgins: Könnte es ein Jaguar gewesen sein?

Rogers: Ich möchte es nicht ausschließen. Genaueres werden wir aber erst später wissen.

Higgins: Gut, Rogers, vielen Dank fürs erste, machen Sie hier weiter mit der Spurensicherung, und wenn’s die ganze Nacht dauert, informieren Sie mich umgehend, wenn Sie etwas neues haben.

Rogers: OK, Sir.

Sir John: Na, Higgins, was halten Sie davon?

Higgins: Meine These hat sich offenbar bestätigt. Es ist so gut wie sicher, daß Silkwood und seine Leute sich hier mit dem Joker ein Feuergefecht geliefert haben.

Sir John: Das ist ja unglaublich.

Higgins: Meine Geduld ist am Ende. Ich möchte noch heute Nacht das Montmartre hochgehen lassen. Die lange Leine hat nichts gebracht.

Sir John: Wie meinen Sie das?

Higgins: Der Wagen, von dem aus geschossen wurde, war möglicherweise ein Range Rover, und da ist die Verbindung zu Carpenter nicht mehr weit.

Sir John: Carpenter wird doch überwacht.

Higgins: Ja, wie er das gemacht hat, da bin ich im Moment auch überfragt, jedenfalls müssen wir ihn unschädlich machen, bevor noch mehr passiert.

Sir John: Ja jetzt, vor diesem Schlamassel wir hier

1140. Ein langer Weg nach Hause von Ray Bradbury - 14.08.2025 18:17 -
Ray Bradbury: Ein langer Weg nach Hause (NDR/SDR 1989)

Charles: Es war ein langer heißer Tag gewesen, die Rechenmaschinen im Büro hatten gesungen wie Millionen metallischer Grillen, ein schrecklicher Tag, Mr Sternwall hatte mich angebrüllt, ich hätte Sternwill am liebsten umgebracht, eines Tages dachte ich auf dem Nachhauseweg, eines Tages wirst du diesen Mr Sternwill vom 10. Stock aus dem Fenster werfen, mein Herz ratterte wie eine aus dem Tritt geratene kaputte Rechenmaschine als ich endlich vor der Wohnungstür stand, was hatte doch der Doktor gesagt, ihr Herz hat ein bißchen Ruhe nötig, gönnen sie sich einen Urlaub, Urlaub, es war völlig unmöglich mit Lydia über Urlaub zu reden, jedes Mal wenn ich auf mein Herz zu sprechen kam, klappte ihr Mund zu wie eine Falle, nein, hinter der Wohnungstür hörte ich das Radio plärren wie immer und ich wußte, drinnen wartet sie, die Frau die ich einmal geliebt hatte, o mein gott, dieses ewige einerlei, rein in die Straßenbahn, raus aus der Straßenbahn, das Büro, die Arbeit, diese unendlich langweiligen Gespräche mit Lydia über halbgarem Essen, es war zum verrückt werden, manchmal dachte ich sogar daran Lydia umzubringen, die art und weise wie sie allen jüngeren Männern im Haus nachsah mit starren fibrigen Blick als ob sie Spielzeug wären das nur darauf wartete benutzt zu werden.

Travis: Oh hi Mr Guidney, hab gerade ihr Radio in Ordnung gebracht.

Charles: Radio, ich wußte gar nicht daß.

Travis: Ist wieder alles ok, auf wiedersehen, Mr Guidney.

Charles: Ich sah Travis nach wie er den Flur hinunterging, dann trat ich in die Wohnung, Lydia saß breit hingefläzt auf dem Sofa geschmückt mit ihrer schreienden Rothaarperücke.

Lydia: Du bist aber spät dran.

Charles: Es ist doch erst fünf nach 6.

Lydia: Und morgen ist es 10 nach 6, und am abend drauf zwanzig nach, und es wird später und später und später.

Charles: Mein Herz Lydia.

Lydia: Dein Herz wieder mal dein verdammtes Herz, du bist kerngesund, Charly, das einzige was dir fehlt ist ein bißchen mehr Nachtschlaf.

Charles: Der Doktor sagt aber.

Lydia: Also ich kann zu meinen großen leidwesen nicht erkennen daß du nah daran bist tot umzufallen gott hab mich selig.

Charles: Ach du du willst doch nur ablenken, mich an der Nase rumführen, der junge Radiobursche dieser Travis ist wieder mal zu besuch da gewesen.

Lydia: Mach dich nicht lächerlich, Charli.

Charles: Das war zu viel, ihre Kälte brachte mich auf.

Charles: Kuck mal da eine Maus.

Lydia: Hi, wo.

Charles: Guck doch mal hin.

Lydia: Wo Charli.

Charles: Ihre schreckgeweiteten Augen irrten suchend umher, ich hatte wieder zum alten Trick gegriffen.

Lydia: Dafür zieh ich dir diese Woche 10 Dollar mehr von deinem Gehaltsscheck ab 10 Dollar oder du kochst du dir eine Woche lang dein Abendessen selbst wie letzten Monat.

Charles: Was sollte ich darauf antworten, die Ehe hat uns gemein und kleinlich werden lassen, das hätte ich vielleicht sagen können und komm Lydia wir verschwinden aus Los Angeles laß uns ein neues Leben beginnen, aber ich wußte ja es hatte kein Sinn, Lydia gehörte zu jener Sorte Frauen die einem aus purer Bosheit Sahne in den Kaffee schütten wenn man ihn am liebsten schwarz mag, und das Radio auf Orkanstärke stellen, wenn einem der Schädel brummt, wie hätte ich ihr meine Sehnsucht nach Ruhe, nach Urlaub, eingestehen können, sie hätte gesagt daß wir uns eine Reise um meiner Gesundheit willen gar nicht leisten können, da saß ich schon lieber da und sah mir beim sterben zu.

Lydia: Mach schon die Tür zu und häng deinen speckigen Hut auf.

Charles: Wozu, das nutzt jetzt auch nichts mehr, ich hab nämlich gerade jemand umgebracht.

Lydia: So wie heißt er denn.

Charles: Du scheint mich nicht zu verstehen, ich sagte ich hab gerade jemand umgebracht, umgebracht, abgemurkst, gekillt.

Lydia: Gekillt, wirklich.

Charles: Nun hatte ich die Sache angefangen, jetzt mußte ich sie auch zuende bringen, ein Rückzieher war nicht mehr drin, machs gut, redete ich mir zu, machts gut, gibs ihr, mach weiter.

Charles: Ich hab ihn direkt ins Herz getroffen, ganze Arbeit, ich konnte nicht anders, ich mochte seine Visage nicht, es war einer von diesen Leuten ohne Kinn, ich hab ihm das Herz durchs Rückgrat gepustet, er hat ganz verwundert geguckt.

Lydia: Ach nein.

Charles: Es war beinahe so, als hätte ich wirklich jemand umgebracht, ich stellte mir den Knall vor, das Blut, die Erregung, mein Herz pochte, und Lydia, ihren Mr Trevis und ihr Radio und ihre niederträchtige Grausamkeit hatte sie total vergessen, sie sah mir zu wie einem Roboter dessen Schlüssel sie verloren hatte, eins war mir klar, wenn ich mich jetzt verplapperte, konnte ich himmlischen Beistand brauchen.

Charles: Peng und ab in die Hölle, das hättest du sehen sollen, er knickte über meiner Knarre ein, wie eine Marionette, gott war das aufregend.

Lydia: Charlie.

Charles: Der Einfall kam mir heute morgen im Büro, Mr Sternwall brüllte mich an, und da hab ich mir gedacht, er sollte nicht so laut brüllen, ich kann das nämlich gar nicht leiden, und dann hab ich mir gedacht wozu ist er eigentlich noch auf der Welt, der wird allmählich alt und irgendjemand muß doch mal dafür sorgen daß er aufhört so herumzubrüllen irgendjemand aber wer, auf einmal ist mir dann die Idee gekommen.

Lydia: Du.

Charles: Ja ich, Mr Charles Guidney, der kleine ordentliche feige und blaße Angestellte Charles C. Guidney, Blut überall Blut.

Charles: Lydias Gesicht war wie es in 10 Jahren nicht mehr gewesen war, alle Gemeinheit war in diesem Augenblick aus ihm gewichen, sie war erschüttert, plötzlich war Lügen die schönste Sache der Welt.

Lydia: Aber die Waffe Charly, die Pistole du hast doch gar keine.

Charles: Och nichts einfacher als das, ich hab heute früher feierabend gemacht, auf der Main street kann man sich keine Waffe kaufen ohne Waffenschein, also hab ich mir eine geklaut, ne 22er, als der Händler einen Augenblick nach hinten ging hab sie mir geschnappt, dann ging ich zurück ins Büro und folgte Mr Sternwell die Treppe runter, in einer Seitenstraße hab ich ihn dann kaltgemacht, ja und nun bin ich auf der Flucht, wir müssen aus der Stadt verschwinden, Lydia verreisen.

Lydia: Wir.

Charles: Ja wir beide, natürlich oder.

Charles: Sie gab keine Antwort, wenn sie mich wirklich haßte, würde sie mich jetzt der Polizei übergeben, auf der Stelle, mein gott die Peinlichkeit wenn sie wirklich die Polizei riefe, ich würde in ihrer Gegenwart mit der Wahrheit herausrücken müssen und sie würde keifen und kochen und mich noch mehr hassen.

Lydia: Und was soll ich deiner Meinung nach tun.

Charles: Du meinst du willst mir helfen, du liebst mich noch so sehr daß du mit mir gehst.

Lydia: Was soll ich deiner Meinung nach tun.

Charles: Vielleicht durchschaute sie mich, vielleicht sah sie ganz neue Seiten an mir weil ich genug Fantasie bewiesen hatte mir eine derartige Geschichte auszudenken, vielleicht spielte sie dieses Spiel selbst gerne mit, ich mußte fast lachen.

Lydia: Also Charli, was soll ich deiner Meinung nach tun.

Charles: Ich packe die Koffer, du reservierst Plätze im Nachtbus nach San Diego, wir vergessen die ganze Geschichte in Mexiko 6 Monate lang, das wird toll Lydia.

Lydia: Wie du meinst Charly.

Charles: Und spute dich, viel Zeit haben wir nicht zu verlieren.

Lydia: Natürlich Charlie ich geh ja schon.

Charles: Etwas verblüfft war ich doch, sie liebt mich, sie hilft mir tatsächlich, sie geht mit mir, singend und lachend suchte ich Kleider zusammen und stopfte sie in die Koffer, dann rasierte ich mich, in aller Ruhe, die Rasiercremetube ließ ich absichtlich offen und gab mir auch gar nicht erst Mühe das Waschbecken zu säubern oder das Handtuch gerade aufzuhängen.

Lydia: Hier sind die Fahrkarten.

Charles: Du hast aber lange gebraucht.

Lydia: Tut mir leid.

Charles: Mach das nicht noch mal.

Lydia: Es waren zu viel Leute da.

Charles: Und bloß keine Ausreden.

Lydia: Wirklich ich kann von Glück sagen daß ich überhaupt Karten gekriegt habe.

Charles: Lydia.

Lydia: Der Bus fährt punkt 9.

Charles: Lydia du weißt nicht was das für mich bedeutet, daß du zu mir stehst.

Lydia: Ja Charly, ja.

Charles: Hörst du mein gott sie umstellen das Haus, wo ist mein Mantel, die Koffer, schnell die Hintertreppe runter, und ab durch die Seitenstraße.

Lydia: Der Streifenwagen ist vorbeigefahren Charly.

Charles: Ah so ja dann gehen wir wohl doch besser vorne raus, was ich nehme an es sieht ziemlich eigenartig aus wenn wir durch die Seitenstraße türmen.

Charles: Es ging schneller als ich gedacht hatte, 123 und wir waren unten trotz der schweren Koffer.

Lydia: Mr Kelly.

Kelly: Ah sieh an Mr und Mrs Guidney schönen Tag auch.

Charles: Tag Officier.

Lydia: Oh bitte bitte Mr Kelly, Charley wollte den Mann doch gar nicht umbringen.

Charles: Was soll das, nimm dich gefälligst zusammen.

Lydia: Er wußte nicht was er tat, bitte bitte erschießen sie ihn nicht.

Kelly: Er wußte nicht was er tat, was denn.

Charles: Nichts Kelly nichts, das verstehen sie nicht.

Lydia: Charly er wird uns erschießen.

Kelly: Jetzt aber mal langsam.

Charles: Geh rein Lydia, geh rein, ist schon gut Lydia, o gott.

Kelly: Wovon reden sie eigentlich.

Lydia: Es ist Mr Sternwall, er war alt und gemein, und jemand mußte ihn mal erschießen und Charly hat es getan.

Charles: Jetzt ist es aber genug, Lydia du gehst rein und wartest bis ich komme.

Kelly: Also Mr Guidney.

Charles: Meine Frau hat es mit den Nerven, verstehen sie, sie sie sie glaubt ich hätte einen Mann erschossen, hab ich aber nicht.

Kelly: So.

Charles: Nein Sir hab ich nicht, war alles nur ein Witz.

Kelly: Nur ein Witz, aha und das hier, natürlich schaffen sie die Klamotten gerade zum trocknen in die Wäscherei rüber.

Charles: Klamotten.

Kelly: In ihren Koffern natürlich und dieses kleine grüne Papier das aus ihrer Tasche guckt, da wär also keine Busfahrkarte nach San Diego.

Charles: Officer ich sag ihnen doch meine Frau bringt alles komplett durcheinander.

Kelly: Darf ich dann vorschlagen, daß sie mich aufklären.

Charles: Rufen sie doch auf dem Revier an, fragen sie doch mal nach, ob in den letzten 3 Stunden irgendwelchen alten Männer getötet wurden.

Kelly: Also so beknackt bin ich nun auch wieder nicht Mr Guidney, vielleicht haben sie die sterblichen Überreste versteckt.

Charles: Also bitte Kelly sehe ich denn wie ein Verbrecher aus, kommen sie mal her.

Kelly: Aha.

Charles: Verstehen sie jetzt, wenn sie herauskriegt, daß alles ein ausgemachter Schwindel ist, trag ich den Kopf nie wieder oben, die zieht mir bei lebendigem Leib die Haut ab.

Kelly: Das ist natürlich eine andere Sache, aber keine Angst, ich werde ich Katze schon nicht aus dem Sack lassen.

Charles: Danke Kelly.

Kelly: Ich weiß genau wie ihnen zu mute ist, also meine Frau manchmal, naja, ich hoffe es macht ihnen nichts aus Mr Guidney, wenn ich trotzdem mal anrufe.

Charles: Na klar doch klar.

Kelly: Nur ne Frage, liegt was besonderes vor.

Charles: Was ist.

Kelly: Was, ein Mord natürlich, ja, was, wirklich, tatsächlich.

Charles: Na was ist denn nun Kelly.

Kelly: Ach hat er.

Charles: Es ist doch nichts oder.

Kelly: Ja wenn das so ist, mach ich.

Charles: Was denn Kelly.

Kelly: Er steht direkt neben mir, ok.

Charles: Nein Kelly nein, sehen sie mich nicht so an.

Kelly: Oh doch Mr Guidney, ich verhafte sie hiermit wegen Mordes an einem gewissen John Pastor, der vor einer halben Stunde an einer Schußwunde verblutend aufgefunden worden ist, erschossen mit einer 22 Pistole in einer Toreinfahrt, hinter ein paar Kehrrichtkübeln drüben in der Tempelstreet, das ist gerade mal 8 Ecken von hier, nah genug also um mich an, verdammt.

Charles: Was blieb mir anderes übrig, ich trat Mr Kelly genau in dem moment vors Schienbein als er die Handschellen hervorholte, dann gab ich ihm noch eins mit der Faust, Kelly blieb regungslos liegen, dann rannte ich zurück über die straße ins haus.

Lydia: Charly, wir können nicht entkommen, wir schaffen es nie.

Charles: Glaubst du.

Lydia: Wir waren verrückt es zu versuchen.

Charles: Jetzt ist alles ganz anders, warte auch mich Lydia, ich bin gleich zurück.

Lydia: Und die Busfahrkarten.

Charles: Die brauchen wir jetzt nicht mehr, bis nachher Lydia.

Lydia: Wo gehst du hin.

Charles: Ich weiß es nicht.

Lydia: Charly komm zurück, Charly.

Charles: Ein leben lang sture Mittelmäßigkeit, und nun auf einmal bum krach peng Jack the Ripper, die kalte Hand des Schicksals, ich blickte mich um, hier war es also passiert, vor einer halben Stunde, in diesem schäbigen Einkaufsviertel, in dem Lydia und ich oft einen Bummel gemacht hatten, Schnapsläden, Waffenläden, kleine Cafes, leere Parkplätze und dunkle Seitenstraßen, betrunkene Männer die ziellos umher torkelten du Narr sagte ich mir, die Bullen werden dir deine Geschichte jetzt auf keinen Fall mehr abkaufen, wie willst du die Busfahrkarten erklären, die gepackten Koffer, deine Flucht, die meisten Läden hatten ihre Schutzgitter schon geschlossen, nur ein paar Geschäfte hatten noch Licht.

Charles: Ich hörte hier solls ein bißchen Ärger gegeben haben.

Mann: Ja da drüben in der Seitenstraße.

Charles: Ein alter Mann, was, wer war er, wer hat ihn denn umgebracht.

Mann: Ich weiß nicht, ein oller Penner, was geht mich das an.

Charles: Haben sie irgendwas gesehen.

Mann: Ne, nichts hab bloß blaue Hemden und Sheriffsterne gesehen und Sirenen gehört.

Charles: Ich ging weiter und dachte angestrengt nach, du suchst einen alten Mann den du nie zuvor gesehen hast und den der ihn umgebracht hat, du mußt den wahren Mörder finden, bei einer Bevölkerung von anderthalb Millionen kann das doch kein Kunststück sein, mir war danach die Leute die mir entgegen kamen anzuhalten ihnen ins Gesicht zu sehen und sie zu fragen, haben sie etwa zufällig vor einer Stunde jemand umgebracht, nein na dann besten dank auch und den nächsten, Mister sind sie ein Mörder, ich ging in jeden Laden der noch offen war, aber niemand hatte was gesehen.

Verkäufer: Der tote, Jonny, nein, hat ne menge gesoffen, hat die ganze Zeit hier in den Einfahrten rumgelungert, hat da nachts auch geschlafen aber Grund den kalt zu machen hatte keiner hatte doch kein bißchen Geld, sagen sie haben sie ihn gekannt.

Charles: Ich, ich bin sehr nah mit ihm verwandt.

Verkäufer: Achso.

Charles: Da hatte ich mir ja was schönes eingebrockt, während ich nur so auf dem Nachhauseweg mit dem Gedanken gespielt hatte, Mr Sternwill, meinen Boß umzubringen, hatte ich meinem eigenen geregelten arbeitsamen Leben eine unvorhersehbare Wendung ins Chaos gegeben, dabei hatte ich doch niemand umgebracht, ich ärgerte mich über meine Schnapps-idee, ja nun du Schlauberger, sagte ich mir, wenn du nicht der Mörder bist, wer ist es dann.

Charles: Mr hat ihnen jemand heute ne Waffe abgekauft, ne 22.

Händler: Sie machen wohl nen Witz.

Charles: Ich meine es ernst.

Händler: Gehen sie mir doch nicht mit sowas auf den Geist, die Leute kaufen sich doch nicht jeden Tag eine Waffe, außerdem man braucht einen Waffenschein.

Charles: Vielleicht hat jemand darum gebeten, ihre Waffen ansehen zu dürfen, und wenns nur einer ist.

Händler: Ein Kunde oder zwei, ich weiß nicht mehr so genau.

Charles: Vermissen sie vielleicht eine Waffe.

Händler: Nein wieso denn, überhaupt nicht.

Charles: Allmählich wurde ich müde, immer die gleiche Antwort.

Charles: Vermissen sie vielleicht eine Waffe Mr.

Händler: Warten sie mal einen Moment, glaube nicht, aber 123456, nur 8, es müssen doch 9 sein, 1234 verdammt eine fehlt, eine 22er.

Charles: Erinnern sie sich noch, wer sie sich heute angesehen hat.

Händler: Klar doch sicher, nur eine Person, konnte die Waffe nicht kaufen, hatte keine Erlaubnis, ich bin dort hinten in den kleinen Raum gegangen und als ich wieder rauskam war niemand mehr da, muß die Waffe gebraucht haben, hat sie einfach geklaut.

Charles: Können sie die Person beschreiben.

Händler: Natürlich, natürlich kann ich das.

Charles: Und der Ladenbesitzer verbreitete sich in größter Ausführlichkeit über die Besonderheiten jener Person, die für das Verschwinden der Pistole verantwortlich war, ich weiß nicht, was plötzlich mit mir loswar, die Knie gaben unter mir nach, der Laden um mich herum löste sich auf, erst nach einiger Zeit gelang es mir, den Händler wieder klar ins Auge zu fassen.

Charles: Ein Mörder könnte also ihre Waffe stehlen, jemanden ein paar Ecken weiter erschießen und die Waffe zurückbringen, bevor sie merken, daß sie fehlt oder.

Händler: Sicher sicher ich nehm sie fast an, aber sie ist ja nicht zurück gebracht worden, ist immer noch weg.

Charles: Auf diese Weise könnte also jemand an eine Waffe kommen und sie benutzen, die Polizei würde sie nie und nimmer aufspüren, und der Waffenhändler würde ebenfalls nie und nimmer Verdacht schöpfen, die Polizei würde nicht auf den Gedanken kommen, Waffen zu überprüfen, die sie schon jahrelang hier haben, sie würde wahrscheinlich fragen, ob eine fehlt, oder ob sie irgendeine 22er verkauft haben, aber das wäre auch alles nicht wahr.

Händler: Ja ja vielleicht möglich wäre es ja fast.

Charles: Völlig erledigt machte ich mich auf den Heimweg, unterwegs fiel mir ein kleiner Laden auf, dessen Lichter noch an waren und in seinem Schaufenster befand sie etwas bestimmtes, Waffen für die man keine Lizenz benötigte, ich ging hinein, legte etwa Geld auf den Kassentisch und als ich wieder herauskam liebkoste meine Hand in der rechten Manteltasche eine Pistole.

Kelly: Ah das sind sie ja wieder.

Charles: Ich nehme an, sie kriegen ihren Mörder noch heute abend Kelly.

Kelly: Ein Glück für sie Freundchen daß sie aus eigenem Entschluß zurückgekommen sind, noch einmal entkommen sie mir nicht.

Charles: Darf ich mich zuerst noch von meiner Frau verabschieden.

Kelly: Naja meinetwegen, ich denke ich kann sie adieu sagen lassen.

Charles: Könnten sie draußen warten Kelly.

Kelly: Gut, Mr Guidney.

Lydia: Ach Charly, gut daß dir nichts passiert ist, ich hatte schon Angst, sie hätten dich erschossen.

Charles: Beinahe hätten sies und sie tuns vielleicht auch noch.

Lydia: Wir kommen bestimmt nicht davon, oh Charly warum hast du es nur getan.

Charles: Ich habs gar nicht getan.

Lydia: Was.

Charles: Ich habe gelogen, hast du denn nicht gemerkt daß ich von anfang an gelogen habe.

Lydia: Ich wieso nein nein hab ich nicht.

Charles: Und ist dir da nicht ein toller Einfall gekommen, meine teure Gattin.

Lydia: Ich verstehe nicht Charly.

Charles: Ich hab dich losgeschickt, Fahrkarten besorgen, du mußtest nur in diesem Laden vorbeischauen, der auch Waffen führt, nach einem bestimmten Artikel fragen, so daß der Besitzer für einen Augenblick den Raum verlassen mußte, die Waffe stehlen, die Tempelstreet entlanglaufen, einen von den dutzenden Säufern und Pennern aussuchen die dort in den Eingängen schlafen, den Mann erschießen, zum Busbahnhof weitergehen, die Fahrkarten kaufen und wieder heimkommen.

Lydia: Was redest du da.

Charles: Als du dann den Polizisten gesehen hast, hast du einen hysterischen Anfall vorgetäuscht, um mich ans Messer zu liefern, ein guter Plan, du hattest nur nicht bedacht, daß ich entkommen und mich bei den Waffenhändlern umtuen könnte, du hattest wahrscheinlich die Absicht, die Waffe morgen zurückzubringen, deine Aussage gegen mich wäre vernichtend gewesen, ich sei heimgekommen, hättest du gesagt und hätte dir erzählt, ich hätte jemanden umgebracht, du hast gehofft daß mich die Polizei bei der Festnahme vielleicht sogar erschießt, die Busfahrkarten, unsere gepackten Koffer, meine Vorgesetzten, die von nichts wußten, unsere Freunde, denen unsere Reisepläne nicht bekannt waren, all das wären verdammt gute Beweise gegen mich gewesen.

Lydia: Du fantasierst.

Charles: Ich auf Jahre im Gefängnis, womöglich sogar hingerichtet und du frei, frei mit deinen Busfahrkarten hinzufahren wo immer du willst, natürlich in Begleitung deines Freundes Travis, keine Langeweile mehr, was Lydia.

Lydia: Du bist verrückt, verrückt, total übergeschnappt.

Charles: Tut mir leid daß es so ausgegangen ist, wir hätten glücklich sein können, hätten noch mal von vorne anfangen können, selbst wenn dir klar war, daß ich dir das mit dem Mord nur vorgelogen hatte, du hättest mitspielen sollen, es wäre schön gewesen, aufregend, hast du mich all die Jahre so sehr gehaßt.

Lydia: Du bist ja wahnsinnig.

Charles: Dann Lydia komm her, dann sieh dir doch erstmal das hier an.

Lydia: Nein Charly.

Charles: Scharf geladen, so scharf wie deine 22er.

Lydia: Du willst.

Charles: Es ist aus Lydia.

Lydia: Charlie.

Charles: Aus, endgültig aus.

Lydia: Ja Charly, ja ich habs getan, ich habs getan, ich hab ihn umgebracht, aber nimm das Ding weg, nimm es weg bitte bitte.

Kelly: Ok Mr Guidney, lassen sie ihre Frau in ruhe, ab jetzt kümmere ich mich um sie, geben sie ihre Waffe her.

Charles: Ist nichts wert Kelly, nur eine Spielzeugpistole.

Lydia: Du Schwein, du Miststück.

Kelly: Ruhig Mrs. Guidney, ganz ruhig.

Charles: Balduin Baas
Travis: Adolphos Sowah
Lydia: Evelyn Hamann
Kelly: Franz-Josef Steffens
Mann: Douglas Welbat
Verkäufer: Hans Irle
1. Händler: Gerd Samariter
2. Händler: Gerlach Fiedler

1139. Genau die richtige Art von Haus von Henry Slesar - 14.08.2025 18:16 -
Henry Slesar: Genau die richtige Art von Haus (WDR 1965)

Sally: Dadadabadada, hu-la…

Hacker: Sally.

Sally: hu-la, lalala...

Hacker: Sally, bitte hören Sie gefälligst mit dem Geplärre auf, das macht einen ganz krank.

Sally: Ja, Mr. Hacker.

Hacker: Machen Sie mal ein Fenster auf, die Luft ist ja zum schneiden.

Sally: Das kommt von Ihrer Zigarre, Mr. Hacker.

Hacker: Reden Sie nicht, reden Sie nicht, bedienen Sie lieber das Telefon.

Sally: Ja, Mr. Hacker, hier Maklerbüro Hacker…ja…ja…bei 30 Grad im Schatten, nein, nein, Idiot.

Hacker: Sind Sie immer so höflich zu meinen Kunden?

Sally: War kein Kunde.

Hacker: Wer war’s denn?

Sally: Heizölfirma.

Hacker: Was wollte die denn?

Sally: Öl verkaufen.

Hacker: Was, Heizöl bei der Hitze, Idiot.

Sally: Hab ich doch gesagt, hida...badadada...

Hacker: Ein fremder Wagen.

Sally: Häh?

Hacker: Fährt ganz langsam, sehen Sie mal, New Yorker Nummer dem gelben Rechteck nach zu urteilen.

Sally: Sagen Sie bloß, wir kriegen Kundschaft.

Hacker: Sieht fast so aus, der, der scheint jemand zu suchen, tatsächlich, der hält vor unserm Haus.

Sally: Auch das noch.

Hacker: Na los, Sally, tun Sie so, als hätten Sie was zu tun.

Sally: Was denn Mr. Hacker, Whisky holen oder.

Hacker: Nein, was geschäftliches natürlich, spannen Sie einen Bogen in die Maschine und tippen Sie.

Sally: Was denn, richtig arbeiten.

Hacker: Und machen Sie das Radio aus, los, los.

Sally: Jajajajaja...

Hacker: Bewegen Sie sich ein bißchen.

Sally: Schön, schön spielen gut gehendes Geschäft.

Hacker: Ja, na, etwas schneller.

Sally: Was soll ich denn nur tippen, Mr. Hacker?

Hacker: Von mir aus das Alphabet vorwärts und rückwärts, Hauptsache, es hört sich nach Arbeit an.

Sally: OK.

Hacker: Na schneller, können Sie nicht ein bißchen schneller.

Sally: Ja.

Hacker: Ja.

Waterbury: Mr. Hacker?

Hacker: Ja, Sir. Hacker, Haus- und Grundstücksmakler, was kann ich für Sie tun?

Waterbury: Ich hab hier in dieser Zeitung Ihre Anzeige gefunden.

Hacker: Ja, ich setze jede Woche ein Inserat ein, hin und wieder inseriere ich sogar in der Times.

Waterbury: Soso.

Hacker: Ja, die, eine Menge Leute aus der Großstadt interessieren sich nämlich für Städte wie, wie unser kleines Ivy Corners, Mr.

Waterbury: Waterbury, darf ich mich setzen.

Hacker: Bitteschön.

Waterbury: Danke.

Hacker: Nehmen Sie Platz, Mr. Waterbury, ja, gerade diese kleinen idyllischen Städte sind jetzt sehr beliebt, hehehe, nicht wahr, stimmt’s Sally.

Sally: Sagten Sie was, Mr. Hacker?

Hacker: Ja, ich sagte was, ich sagte, daß grade Leute aus der Großstadt solche kleinen idyllischen Städtchen wie unseres sehr lieben.

Sally: O ja, Mr. Hacker, die Leute sind ganz versessen drauf.

Hacker: Ja, schon gut, Sally, schreiben Sie weiter.

Waterbury: Ich hab nicht viel Zeit, kommen wir gleich zum Geschäftlichen.

Hacker: Ist mir recht, Sir, ähm, Sally, Sally?

Sally: Ja, Mr. Hacker?

Hacker: Hören Sie endlich mit dem verdammten Geklapper auf.

Sally: Ja, Mr. Hacker.

Hacker: Also, ist es irgend ein spezielles Grundstück, für das Sie sich interessieren, Mr. W...

Waterbury: Waterbury, ja, es handelt sich um ein Haus, das am südlichen Stadtrand liegt, ganz genau gegenüber einem alten Bau.

Sally: Ach, das Kühlhaus.

Waterbury: Ja, was dieser Bau darstellt, weiß ich nicht, es steht leer.

Hacker: Südlicher Stadt, Sie meinen sicher das Kühlhaus, ja dieses, äh dieser leerstehend, leerstehende Bau ist das Kühlhaus, nicht wahr, Sally.

Sally: Ja, richtig.

Hacker: Und das andere, sagen Sie, war das ein Haus, etwa so ein altes Haus mit Säulen und.

Waterbury: Ja, es hatte Säulen.

Hacker: Und eine Veranda davor, so eine alte hölzerne Veranda und rund herum so ein verwilderten Garten, meinen Sie das Haus.

Waterbury: Die Beschreibung paßt genau, das ist das Haus, das ich meine, also, wie steht es damit, soweit ich mich erinnere, habe ich irgendwo eine Tafel „Zu verkaufen“ gesehen, aber 100prozentig weiß ich es nicht.

Hacker: Doch doch, da können Sie schon recht haben, also so ein Haus möchten Sie haben.

Sally: Wie wär’s denn mit dem Bungalow, Chef?

Hacker: Moment, gut, da könnte, da könnte ich Ihnen schon was anbieten, beispielsweise 6 Zimmer, 2 Bäder, Swimmingpool und einen sehr gepflegten Park.

Waterbury: Was faseln Sie da von Swimmingpool?

Hacker: Also kein Swimmingpool, bitte sehr, bitte, dann vielleicht äh ein Waldgrundstück, Blockhaus, 5 Zimmer, eigenes Jagd.

Waterbury: Mr. Hacker, hören Sie zu, ich habe Sie nicht nach irgendeinem Haus gefragt, sondern nach dem Haus mit den Säulen und der Veranda davor.

Hacker: Aber lieber Mr. Waterbury, das ist doch kein Haus für Sie.

Waterbury: Überlassen Sie das gefälligst mir.

Hacker: Bitte, bitte, schön, Sally, bitte die Akte Grimes, bitte bißchen schneller, ja, ich werde es Ihnen zeigen, Mr. Waterbury, aber ich garantiere Ihnen, daß Sie das Haus nicht kaufen werden.

Sally: Bitte sehr, Mr. Hacker, Grimes, hier ist die Akte.

Hacker: Na, dann wollen wir mal sehen. Aber vielleicht ist es am besten, Sie lesen es selber, Mr.

Waterbury: Ja gut, geben Sie her, aha, echter Kolonialstil, 8 Zimmer, 2 Bäder, automatische Ölheizung, geräumige Veranden, Bäume und Sträucher, Geschäfte und Schulen in der Nähe, aber was wollen Sie eigentlich, Mr. Hacker, hört sich doch alles wunderbar an.

Hacker: Ja, lesen Sie nur weiter.

Waterbury: Gepflegtes ruhiges Wohnviertel ohne Industrie, kein Gegenüber, Preis 75...75.000 Dollar, das, das, Sie sind wohl nicht recht bei Trost.

Hacker: Na, was habe ich gesagt, immer noch interessiert?

Waterbury: Steht das Haus auf einer Ölquelle oder was ist los damit.

Hacker: Ohoho, Sie meinen, weil es so teuer ist.

Waterbury: Na was wohl sonst, ja.

Hacker: Das ist es doch gerade, seit 5 Jahren habe ich das Haus an der Hand, nicht wahr, Sally.

Sally: Jaja.

Hacker: Seit 5 Jahren, ich will gern verkaufen, das ist doch mein Beruf, nur zu gern, davon leb ich doch, aber bisher hat sich noch kein Käufer gefunden, der bereit ist, ganze 75.000 Dollar für das Haus zu bieten.

Sally: Nicht einer.

Hacker: Keiner, mit einem Wort, aber Mrs. Grimes läßt einfach nicht mit sich reden.

Waterbury: So, sie läßt nicht mit sich reden, hat sie vielleicht einen besonderen Grund, wer ist diese Mrs. Grimes eigentlich.

Sally: Die Hausbesitzerin.

Hacker: Die Hausbesitzerin, ich glaube, ich glaube, es ist am besten, ich erzähle Ihnen mal alles von Anfang an.

Waterbury: Tun Sie das, Mister, wenn ich kaufen soll, muß ich alles genau wissen, ganz genau sogar.

Hacker: Mrs. Grimes, die Hausbesitzerin also, ist eine sehr nette alte Dame, vor 5 Jahren, als ihr Sohn starb, entschloß sie sich, das Haus zu verkaufen, nicht wahr, Sally, den Auftrag dazu gab sie mir, ich wollte gar nicht, wirklich nicht.

Sally: Das stimmt, das stimmt.

Hacker: Ich wollte gar nicht, nicht wahr, Sally, Mr. Waterbury, das hab ich ihr auch mitten ins Gesicht gesagt, der alte Kasten ist doch niemals 75.000 Dollar wert, Sie können es mir glauben, ich verstehe was von Häusern.

Sally: Also da können Sie ganz sicher sein, der Chef, der versteht was von Häusern.

Hacker: Ganz ganz sicher sein, keine 10.000 ist es wert.

Waterbury: So, keine 10, und sie will 75. haben.

Hacker: Ja, fragen Sie mich nicht, warum, das Haus ist nämlich wirklich alt.

Sally: Ein ziemlich alter Kasten, unter uns gesagt.

Hacker: Ja aber nicht so wie die anderen, die solide wie auf Fels gebaut sind, einfach alt ist es, nichts weiter, außerdem ist nie etwas gegen Termiten getan worden, in den nächsten paar Jahren kommt bestimmt ein Balken und dann klappt der nächste runter, zudem stehen die Kellerräume die halbe Zeit unter Wasser.

Sally: Na, da brauchen Sie keinen Swimmingpool, ne?

Hacker: Die erste Etage ist auf der einen Seite gut 20 cm abgesackt, und das Grundstück ist der reinste Urwald.

Waterbury: Ja, weshalb verlangt sie dann so viel dafür.

Hacker: Fragen Sie mich nicht, vielleicht Gefühl, für Tradition, seit dem großen Krieg ist das Haus im Besitz der Familie, kann sein, daß das der Grund ist.

Waterbury: Ja, das kann natürlich sein, ach, und dabei gefällt es mir so gut, es ist, ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, es ist genau die richtige Art von Haus für mich.

Hacker. Ich weiß, was Sie meinen, ein freundliches altes Haus, und für 10.000 Dollar wäre es auch ein guter Kauf, aber 75, hahaha.

Waterbury: Ich fahr mal hin zu der alten, werd mal mit ihr reden.

Hacker: Ich werde bei Mrs. Grimes anrufen und sie auf Ihren Besuch vielleicht vorbereiten.

Waterbury: Meinetwegen, also bis später.

Waterbury: Genau die richtige Art von Haus ist das.

Grimes: Ah, Sie sind sicher Mr. Waterbury, Mr. Hacker hat Sie schon angekündigt.

Waterbury: Ja, der bin ich, guten Tag, Mrs. Grimes, wie geht es Ihnen?

Grimes: Ich bin zufrieden, wahrscheinlich möchten Sie hereinkommen.

Waterbury: Wenn ich darf, es ist nämlich schrecklich heiß hier draußen.

Grimes: Oh, aber bitte, mein lieber, bitte, kommen Sie, so, ich habe schon Limonade in den Kühlschrank gestellt, aber eins muß ich Ihnen gleich sagen, Mr. Waterbury, ich lasse mich auf keinen Handel ein, nein, zu diesen Leuten gehöre ich nicht.

Waterbury: Aber ich will doch gar nicht mit Ihnen handeln, Mrs. Grimes.

Grimes: So, bitte hier herein.

Waterbury: Danke.

Grimes: Bitte, Mr. Waterbury, nehmen Sie Platz, ich setze mich gleich wieder in meinen Schaukelstuhl, da sitze ich nämlich am bequemsten.

Waterbury: Darf ich Ihnen behilflich sein.

Grimes: Nein danke, das kann ich recht gut alleine, sonst ist ja auch niemand hier, der mit hilft.

Waterbury: Schön dunkel und kühl ist es hier, eine richtige Wohltat.

Grimes: Also, was führt Sie her, Mr. Waterbury.

Waterbury: Tja, ja da dann will ich es mal folgendermaßen ausdrücken, Mrs. Grimes, ich bin Geschäftsmann, Junggeselle dazu.

Grimes: O wie schön.

Waterbury: Ja, ich habe schwer gearbeitet und dabei ein hübsches kleines Vermögen gemacht, und jetzt möchte ich mich zur Ruhe setzen, am liebsten an einem Ort, wo es ganz ruhig ist, Ivy Corners gefällt mir, ja, vor einigen Jahren bin ich einmal hier durchgekommen, und zwar auf dem Wege nach, nach Albany, und damals habe ich mir gesagt, hier möchte ich leben, einmal so richtig ausspannen.

Grimes: Und.

Waterbury: Ja, und als ich heute durch diese Stadt fuhr und dieses Haus hier sah, da, da war ich begeistert, es scheint für mich genau richtig zu sein.

Grimes: Mir gefällt das Haus auch, Mr. Waterbury, und deshalb verlange ich auch einen angemessenen Preis dafür.

Waterbury: Einen angemessenen Preis, Sie müssen doch zugeben, Mrs. Grimes, daß ein Haus dieser Art heutzutage nicht mehr als.

Grimes: Mr. Waterbury, Sie schlimmer Sie, Sie sollen doch nicht mit mir streiten.

Waterbury: Aber liebe Mrs. Grimes.

Grimes: Jaja, Sie streiten mit mir, und in diesem Punkt, da bin ich nun etwas eigensinnig, ich habe einen Preis für das Haus festgesetzt, und wenn Sie den nicht bezahlen wollen, brauchen wir uns gar nicht mehr darüber zu unterhalten, dann sprechen wir vom Wetter.

Waterbury: Aber Mrs. Grimes, ich meinte doch nur, es wäre vielleicht.

Grimes: Kein Wort mehr von dem dummen Haus, mein Lieber, wollen wir ein bißchen in den Garten gehen?

Waterbury: Noch einen Moment, Mrs. Grimes, bitte, noch einen kleinen Moment, ich weiß, daß es verrückt ist, aber, also gut, Mrs. Grimes, ich bin einverstanden, ich zahle den Preis, ich zahle, was Sie verlangen.

Grimes: So, haben Sie sich das auch genau überlegt, Mr. Waterbury?

Waterbury: Ja, das habe ich, Geld habe ich genug, wenn Sie unbedingt Ihren Willen haben wollen, bitte, ich bin einverstanden.

Grimes: Sie wollen mir wirklich 75.000 Dollar bezahlen.

Waterbury: Da Sie darauf bestehen, nun gut, ich, das Haus gefällt mir nun mal, ja, es gefällt mir wirklich.

Grimes: Das freut mich, nun, die Limonade ist jetzt bestimmt kalt genug, ich hole Ihnen ein Glas.

Waterbury: Sehr freundlich.

Grimes: Und dann möchte ich Ihnen einiges über dieses Haus erzählen.

Waterbury: Puh, diese Affenhitze, auf die Dauer hält das kein Mensch aus.

Grimes: So, Mr. Waterbury, hier ist Ihre Limonade.

Waterbury: Vielen Dank.

Grimes: Ich habe noch Eiswürfel hinein getan.

Waterbury: Oh, danke, Mrs. Grimes, danke, sehr liebenswürdig, oh, das tat gut.

Grimes: Dieses Haus befindet sich seit 1802 im Besitz meiner Familie, rund 15 Jahre vorher war es gebaut worden, mit Ausnahme meines Sohnes Michel wurde jedes Mitglied meiner Familie in dem oben liegenden Schlafzimmer geboren.

Waterbury: Na ja, da hängt man natürlich an so einem Haus.

Grimes: Und außerdem liebe ich dieses Haus, verstehen Sie mich.

Waterbury: Natürlich, Mrs. Grimes, ich verstehe Sie ja so gut.

Grimes: Michels Vater starb, als Michel 9 war, damals hatten wir es sehr schwer, ich übernahm Näharbeiten, dann starb mein Vater, er hinterließ mir eine kleine Jahres-rente, von der ich heute lebe, nicht gerade großartig, aber ich komme zurecht, Michel vermißte seinen Vater sehr, vielleicht sogar mehr als ich es tat, und im Laufe der Zeit wurde er, Gott ja, wild ist das einzige Wort, das einem dabei einfällt, verstehen Sie.

Waterbury: Die Jugend.

Grimes: Ja, als er das Examen an der Highschool gemacht hatte, verließ er Ivy Corners und ging in die Stadt, gegen meinen Willen, Mr. Waterbury, gegen meinen Willen, damit kein Irrtum entsteht.

Waterbury: In dem Alter weiß man das Gute meistens noch nicht zu schätzen.

Grimes: Er war wohl so, wie viele junge Leute in dem Alter sind, voller Ehrgeiz, aber noch ohne jedes Ziel, was er in der Stadt anfing, weiß ich nicht.

Waterbury: Ja hat er Sie denn nie besucht.

Grimes: Er schickte mir regelmäßig Geld, Erfolg muß er also gehabt haben, 9 Jahre lang sah ich ihn nicht.

Waterbury: Jajaja, 9 Jahre, das ist wirklich eine recht lange Zeit.

Grimes: Ja, es war für mich nicht leicht, aber noch viel schlimmer war es, als er wieder nach Hause kam, und zwar wegen irgendwelcher Schwierigkeiten.

Waterbury: Oh, er hatte Schwierigkeiten.

Grimes: Ich hatte keine Ahnung, wie groß diese Schwierigkeiten waren, mitten in der Nacht tauchte er plötzlich auf, er sah viel dünner und älter aus als ich es jemals für möglich gehalten hätte, Gepäck hatte er keines bei sich, bis auf einen kleinen schwarzen Koffer.

Waterbury: Ja, ja und.

Grimes: Als ich versuchte, ihm diesen kleinen Koffer aus der Hand zu nehmen, hat er mich fast geschlagen, mich, seine eigene Mutter.

Waterbury: Na, das war aber wirklich sehr unrecht von Ihnen.

Grimes: Ja, Sie haben recht, es war nicht richtig, aber der Junge war wohl sehr verwirrt, ich habe ihn nachher zu Bett gebracht, als wäre er wieder ein ganz kleiner Junge, und dann hat er geweint, die ganze Nacht habe ich ihn weinen gehört.

Waterbury: Ach, der arme arme Junge.

Grimes: Aber er ließ mich nicht zu sich herein, er hatte seine Tür verriegelt, am nächsten Tag schickte er mich aus dem Haus, nur für ein paar Stunden, er hätte irgend etwas vor, sagte er, was es war, verriet er nicht, als ich dann aber gegen Abend heim kam, merkte ich, daß der kleine schwarze Koffer verschwunden war.

Waterbury: Was soll das heißen.

Grimes: Damals wußte ich es noch nicht, aber gar nicht viel später bekam ich es heraus, schrecklich schnell, in der folgenden Nacht kam ein Mann in unser Haus, ich weiß heute noch nicht, wie er überhaupt herein kommen konnte, merken tat ich es erst, als ich in Michels Zimmer Stimmen hörte, ich schlich an die Tür und versuchte zu lauschen.

Waterbury: Was, Sie haben gelauscht, ja und?

Grimes: Ich wollte doch herausfinden, in welchen Schwierigkeiten mein Junge steckte, aber ich hörte nur Stimmen, laute und drohende Stimmen, und dann.

Waterbury: Und dann.

Grimes: Und dann ein Schuß, als ich ins Zimmer kam, stand das Fenster weit offen, der Fremde war verschwunden, und Michel, Michel lag auf dem Boden, er war tot, erschossen, das alles geschah vor 5 Jahren, vor 5 langen Jahren, es dauerte eine ganze Weile, bis ich erfuhr, was passiert war.

Waterbury: Was haben Sie denn herausgekriegt.

Grimes: Die Polizei hat mir die ganze Geschichte erzählt, Michel und der andere Mann hatten ein Verbrechen begangen, ein schweres Verbrechen, viele viele tausend Dollars hatten sie gestohlen, fast eine halbe Million, eine halbe Million, Michel hatte das Geld genommen und war damit weggelaufen, weil er es für sich behalten wollte, er versteckte es irgendwo in diesem Haus, wo, das weiß ich bis heute nicht, dann kam der andere Mann zu meinem Sohn, um seinen Anteil zu fordern, als er feststellte, daß das ganze Geld verschwunden war, brachte er meinen Jungen um, aus Rache.

Waterbury: Und, und Sie haben das Geld nicht gefunden.

Grimes: Nein, Mr. Waterbury, nein, sehen Sie, Mr. Waterbury, deshalb habe ich das Haus zum Verkauf ausgeschrieben und viel zu viel Geld dafür verlangt.

Waterbury: Ja, viel zu viel, wieso, das verstehe ich nicht.

Grimes: Nein, Mr. Waterbury, verstehen Sie wirklich nicht, ich wußte, daß der Mörder meines Sohnes zurückkommen wurde, irgendwann einmal, irgendwann würde er kommen, um sich das Geld zu holen, das viele Geld, das noch immer hier in diesem Haus versteckt sein muß, ich wußte, eines Tages würde ein Mann kommen, um dieses Haus zu kaufen, er würde sich nicht abweisen lassen, auch ein hoher Preis, ein viel zu hoher Preis würde ihn nicht abschrecken, und ich habe recht gehabt, nicht wahr, Mr. Waterbury, 75.000 Dollar sind Ihnen nicht zu viel?

Waterbury: Die Limonade...die...die Limo...

Mr. Waterbury: Günther Ungeheuer
Mrs. Grimes: Annemarie Rocke-Marks
Mr. Hacker: Alfred Balthoff
Sally: Ursula Langrock

1138. Der Mitternachtswürger von Jack Ritchie - 14.08.2025 18:15 -
Jack Ritchie: Der Mitternachtswürger (BR 1992) (Kriminalhörspiel von Marina Dietz nach 3 Kurzgeschichten von Jack Ritchie)

Brannigan: Ich frage sie, was hatten sie in der Tiefgarage zu suchen Mr.

Turnbuckle: Turnbuckle, Henry Turnbuckle, Privatdetektiv und nicht schwerhörig, Mrs Homa Schleidel hatte Grund zur Annahme, daß ihr Gatte nicht wie er behauptete, jeden Donnerstag abend im Kegelclub verbringt, er suchte in der Tat heute nicht diesen Ort auf, sondern das Hinterzimmer des Buchhandels nur für Erwachsene, wo er 1 Stunde und 23 Minuten bei einer Filmvorführung verweilte, gegen 21 Uhr 45 befand er sich dann auf dem Weg zurück zu seinem Wagen wo ich ihm meinem Auftrag gemäß unauffällig folgte, in der Tiefgarage richteten sich plötzlich ein halbes dutzend Taschenlampen auf meine Person, und mir wurde dringend geraten, keinen Mucks zu tun sonst würde man mir den Kopf wegpusten, gleich darauf war ich von mindestens 20 Mann in Polizeiuniform umringt, auf meine höfliche Frage was das zu bedeuten habe, erhielt ich keine Antwort sondern wurde unter erneuter Androhung von Gewalt hierher ins Polizeipräsidium verbracht.

Brannigan: Er will witzig sein, merken sies Wiggins, und er redet ganz schön viel.

Wiggins: Hat jemand schon Mr Turnbuckle über seine Rechte belehrt.

Brannigan: Eigentlich nicht in dem ganzen Trubel, also Sie haben das Recht zu schweigen, sie haben das recht, verdammt, wo ist denn diese Karte wo alles draufsteht, Wiggings, nun machen sie schon.

Wiggins: Sie haben das Recht.

Turnbuckle: Danke ich kenne meine Rechte.

Brannigan: Schau an schau an.

Wiggens: Dann wollen sie sicher einen Anwalt Sir.

Turnbuckle: Ich bin sicher das wird nicht nötig sein.

Brannigan: Ein Spaßvogel.

Wiggens: Ich fürchte sie verkennen den Ernst der Lage.

Turnbuckle: Moment, lassen sie mich raten, sie meinen doch nicht etwa, ich sei der Mitternachtswürger.

Brannigan: Sie haben von ihm gehört.

Wiggins: Die Zeitungen waren ja voll davon.

Turnbuckle: Es gab bisher 6 Opfer, alles Männer zwischen 46 und 57 Jahre alt, sie wurden in der nähe ihrer geparkten Autos überfallen, in der Regel zwischen 20 und 22 Uhr, eigentlich wäre die Bezeichnung 21Uhr-Würger zutreffender, aber für die Presse nicht reißerisch genug.

Brannigan: Wiggins, die Reporter, gehen sie und halten sie uns die vom Leib, vorläufig noch.

Wiggins: Ich werde mich darum kümmern.

Brannigan: Ich versteh nicht, woher die so plötzlich Wind bekommen haben, ja was ist denn Wiggins, sind sie noch nicht weg, raus mit ihnen, sie Trauerweide.

Turnbuckle: Sünder müssen büßen, das find ich das faszinierendste, jeder Tote wurde mit diesen Worten auf der Stirn markiert, mit einem Gummistempel vermutlich.

Brannigan: Sie scheinen sich ja sehr für den Fall zu interessieren.

Turnbuckle: Es geht nichts über eine feine Mordserie.

Brannigan: Ja klar.

Turnbuckle: Ich meine natürlich das Rätsel, die Herausforderung, aber ich glaube ich rede zu viel.

Brannigan: Nein nein nein nein nein machen sie ruhig weiter.

Turnbuckle: Vor dem Mitternachtswürger hat die örtliche Polizei erstmal völligversagt.

Brannigan: He reiß dich zusammen Freundchen.

Turnbuckle: Verständlicherweise weil außer Geschlecht und ungefährem Alter kein Zusammenhang zwischen den Opfern sichtbar war, die verschiedensten Berufe, meistens verheiratet, respektable Bürger.

Brannigan: Sagen sie mal, sie sagen das so, als hätten sie was dagegen.

Turnbuckle: Aber nein, auch der Hersteller pornografischer Aufnahmen von kleinen Mädchen kann ein sehr respektabler Bürger sein, ebenso der Vertreiber dieser Literatur nur für Erwachsene, von so einem Geschäftsmann kam doch der Hinweis, er habe unter den ermordeten Männern 3 seiner Stammkunden wiedererkannt, wenn das mein Fall wäre, nur mal angenommen, würde ich in dieser Richtung weitere Nachforschungen anstellen, die vielleicht ergeben können, daß unter den Opfern 2 weitere Kunden.

Brannigan: Es waren drei.

Turnbuckle: Na sehen sie, ehrbare Bürger mit einer Neigung zu schmutzigen kleinen und in der Regel ungefährlichen Lastern, wenn sich nun aber der Mitternachtswürger, wenn er sich also berechtigt, möglicherweise sogar ausersehen fühlt, diese spezielle Sünde zu rächen.

Brannigan: Dann hält er jedenfalls die Polizei für verdammt dämlich, die einschlägigen Örtlichkeiten haben wir schon seit 2 Tagen unter Beobachtung und wir haben sie geschnappt.

Turnbuckle: Ja Sir, bitte wäre es vielleicht möglich das Fenster zu öffnen, also die Luft hier.

Brannigan: Ist ihnen doch nicht etwa zu heiß geworden.

Turnbuckle: Dürfte ich wenigstens mein Taschentuch, es steckt in meinem Mantel, der dahinten hängt, meine Rechte als Verhafteter.

Brannigan: Jajaja machen sie, machen sie, aber keine dummen Tricks.

Turnbuckle: Ich bitte sie Sir.

Brannigan: Was ist das, was haben sie denn da gerade so schnell wieder weggesteckt, holen sies wieder raus, raus raus raus und keine falsche Bewegung so und jetzt her zu mir.

Turnbuckle: Ja ich weiß wirklich nicht, ich bin sprachlos.

Brannigan: Das wäre aber glatt ein Wunder, geben sie mal her, ach schau an, schau an, ein Stempel, gehört das auch zur Ausrüstung eines Privatdetektivs, ach lesen sie doch das mal vor.

Turnbuckle: Sünder müssen büßen, darf ich mich setzen Sir.

Brannigan: Ja gute Idee setzen wir uns.

Turnbuckle: Ich muß ihnen wohl ein Geständnis machen, mein Name ist in der Tat Henry Turnbuckle, aber ich bin kein Privatdetektiv.

Brannigan: Das war mir klar.

Turnbuckle: In wirklichkeit gehöre ich der Polizei von Milwaukee an, wenn auch im Augenblick auf Fortbildungsurlaub und bevor sie mich wieder anbrüllen rufen sie bitte Captain Johnson an, das ist mein Vorgesetzter.

Turnbuckle: Natürlich wird jetzt Captain Brennigan mit dem reizbaren Temperament erst mal gehen und meine Angaben überprüfen, aber mein Problem ist damit nicht gelöst, mein Problem, vielleicht war es einfach das, Polizist sein und das in Milwaukee.

Ralph: Ist der Bericht da, ja und, ah Herzschlag ganz eindeutig, dann können wir Henrys raffinierte Giftmordtheorie vergessen, ist auch nicht der Stil der Leute hier, ok bis später, und was willst du mit diesen Zeitungsausschnitten, neue Kochrezepte.

Turnbuckle: Ralph, in den letzten 5 Monaten sind hier 4 Frauen eines gewaltsamen Todes gestorben, ich bin überzeugt, daß sie von ein und demselben Mann ermordet worden sind.

Ralph: Aber Henry, jedesmal wenn uns ein Serienmörder unterkam, dann ist er noch immer so aufmerksam gewesen, uns entweder vor oder nach dem Mord Briefe zu schicken.

Turnbuckle: Paß auf, jedes der Opfer war reich, nicht mehr ganz jung, verheiratet, und jedes mal hatte der Ehemann ein perfekte Alibi für die Tatzeit, Thompson ein Festessen, Whitecliff eine Bridgepartie, Kerny eine Vorstandssitzung und Tressel eine Partie Golf, diese Umstände werden in den Zeitungsberichten erwähnt, weil vermutlich im Fall von Gattenmord jeder automatisch den Ehemann verdächtigt und der Verdacht sollte wohl erst gar nicht aufkommen.

Ralph: Meine Frau ist beim Aquarellkurs und Henry hat mich zum Abendessen eingeladen ja machs gut.

Turnbuckle: Ralph, vier Morde an vier reichen Ehefrauen und vier Ehemänner mit perfekten Alibi das ist doch einfach vielzuviel zufall, um wahr zu sein.

Ralph: Und meinst du die sind alle von einem Verrückten umgebracht worden, der was gegen reiche Hausfrauen hat.

Turnbuckle: Aber nein Ralph, auch nicht von überraschten Einbrechern wie die Kolle-gen meinen, ich bin sicher dahinter steckt ein gekaufter, ein professioneller Mörder.

Ralph: Henry, mir ist auch etwas aufgefallen, jedes der Opfer wurde in einem Vorort ermordet, mit anderen Worten, das ist nicht unser Revier.

Turnbuckle: Ich rede mit Captain Johnson und zwar sofort.

Ralph: Gut, dann kannst mir heute abend erzählen was er gesagt hat.

Turnbuckle: Wir wollen doch den Kollegen auch noch ein bißchen Arbeit übriglassen, Henry hat er gesagt, haben wir vielleicht etwas gegen reiche Villenbesitzer, Eigentum ist Diebstahl, meint Marx, meint Turnbuckle das auch, hat er gesagt.

Ralph: Dein Gulasch schmeckt ausgezeichnet Henry.

Turnbuckle: Das hier ist kein Gulasch sondern ein Boeuf Stroganoff, und das Zitat ist nicht von Marx sondern von Trudeau, irgendwie tut er mir leid.

Ralph: Was wer.

Turnbuckle: Johnson ein Gefangener seiner Rolle als Vorgesetzter, vielleicht sogar heimlich hoffend, ein Mann wie ich bereit ganz allein.

Ralph: Was immer du vorhast Henry, erwarte nicht daß ich dir.

Turnbuckle: Ich sagte alleine Ralph, und morgen ist mein freier Tag.

Turnbuckle: Tja wie würde Henry Turnbuckel von Beruf Killer auf Mordkundenfang gehen, man platzt ja wohl nicht einfach in Büros oder Sitzungszimmer und erkundigt sich ob jemand seine Gattin aus dem weg geräumt haben möchte, zwangloser, privater muß das gehen, bei einem drink vielleicht, Männer unter sich, tja, hier Tresel hat sich zum Zeitpunkt als seine Frau ermordet wurde, auf dem Golfplatz des Radisoncountryclubs befunden, gibt es einen besseren ort fragt sich Henry der Killer, um sich bei den Reichen anzubiedern, ob so ganz zufällig alle betroffenen Gatten in dem selben Club, ach jetzt ist diese verflixte Pfeife schon wieder ausgegangen, 210.

Angestellter: Radison Country Club.

Turnbuckle: Ja guten abend, ich bin von außerhalb, ich sollte James Whiteclif in seinem Country Club treffen, nur hat Jimmy leider vergessen mir zu sagen welchem Club er angehört, ist denn bei ihnen ein James Whitecliff Mitglied.

Angestellter: Ja, soll ich ihn ausrufen lassen.

Turnbuckle: Nein danke, ich bin ja gleich da, ach übrigens ich glaube da ist noch einer meiner Freunde in ihrem Club, Franklin Coruny.

Angestellter: Ja den hab ich gerade an die Bar gehen sehen.

Turnbuckle: Ah vielen Dank, so jetzt haben wir schon drei, und morgen wird Henry der Polizist Henry den Detektiv direkt in die Höhle des Löwen schicken.

Barkeeper: Tut mir leid daß sie so lange warten müssen Mr.

Turnbuckle: Carsten, Edward Carsten.

Barkeeper: Carsten, unser Geschäftsführer müßte jeden Augenblick zurückkommen, möchten sie vielleicht was trinken in der Zwischenzeit.

Turnbuckle: Ja gern einen kleinen Sherry dry fino bitte.

Barkeeper: Oh da muß ich nachsehen, so was ist hier leider nicht sehr gefragt, nicht einmal mehr bei den Damen.

Turnbuckle: Ich glaube mich zu erinnern daß Mr Thompson gern einen Sherry nimmt.

Barkeeper: Matthew Thompson, nein der trinkt nur den feinsten Maltwhisky.

Turnbuckle: Aha Nr. vier.

Barkeeper: Was sagte sie.

Turnbuckle: Ach vielleicht können sie mir auch weiterhelfen, ich bin kein Mitglied, noch nicht aber es doch da bestimmt rigide Aufnahmebestimmungen.

Barkeeper: Oh nein keineswegs.

Turnbuckle: Nene, ich dachte eher, ich bin doch neu in der Gegend.

Barkeeper: Im Prinzip kommen nur alteingesessene Bewerber zum zug, aber ein bißchen müssen wir wohl auch mit der Zeit gehen, dieser Mr Netterly der letztes Jahr neu aufgenommen wurde, scheint schwer reich zu sein, war aber gerade erst von St Louis zugezogen, ist aber mittlerweile ein beliebter Gesellschafter und hält sich viel im Klub auf.

Turnbuckle: Im moment auch.

Barkeeper: Ja ich glaub er ist da drüben auf der Veranda, da haben wir sie ja unsere letzte Flasche, Cream Sherry.

Turnbuckle: Ach wenn sie doch lieber einen Malt Whisky.

Netterly: Ihnen liegt doch irgendwas auf der Seele alter Junge.

Turnbuckle: Wie kommen sie denn drauf.

Netterly: Sie starren zwischendurch ins leere, seufzen zum steinerweichen, und nicht mal ihr Drink scheint ihnen zu schmecken, immer noch der gleiche seit einer Stunde, also was ist los.

Turnbuckle: Wenn sie mich so direkt fragen, es ist wegen meiner Frau.

Netterly: Aja.

Turnbuckle: Sie treibt sich mit einem andern rum, ich weiß nicht wer er ist, ich weiß nur daß es ihn gibt, und es gibt wohl mehr als nur den einen.

Netterly: Haben sie schon mal an Scheidung gedacht.

Turnbuckle: Scheidung, sie kennen doch unsere Gesetze, das Aas würde mich ausnehmen wie eine Weihnachtsgans, als ich sie kennenlerne, habe ich sie praktisch in der Gosse aufgelesen, meine Familie mochte sie nicht, niemand mochte sie, ich wollte ja nicht hören, jetzt isses zu spät.

Netterly: Nanana.

Turnbuckle: Was würde ich nicht tun um sie wieder loszuwerden, manchmal kommen mir so wahnsinnige Ideen wie ein Gewehr zu nehmen und ihr eine Kugel durch den Kopf zu jagen.

Netterly: Das halte ich für keine gute Lösung ihres Problems, es sei denn sie sitzen gerne hinter Gitter.

Turnbuckle: Sie kennen nicht ganz zufällig so jemand den man anheuern könnte, daß er meine Frau umbringt.

Netterly: Das ist doch wohl nicht ihr ernst.

Turnbuckle: Und ob ich würde jedem glatt 50000 Dollar bezahlen, der das endlich besorgt, es muß doch irgendwo irgendsojemand geben und den werde ich weißgott ausfindig machen, schönen Tag noch.

Netterly: Moment, bleiben sie sitzen, sie sollten mit sowas kein scherz treiben.

Turnbuckle: Das tu ich auch nicht, weiß gott nicht.

Netterly: Der Alkohol kanns ja wohl nicht sein.

Turnbuckle: Nein, 50000 in bar.

Netterly: Tja vielleicht wüßte ich wirklich jemand.

Turnbuckle: Ausgezeichnet und wer.

Netterly: Ich.

Turnbuckle: Ich hab natürlich im moment leider nicht so viel Geld bei mir.

Netterly: Das hab ich auch nicht erwartet.

Aber ich kann es besorgen, wir treffen uns dann heute nachmittag um 2 wieder hier.

Netterly: Ich werde sie erwarten.

Ralph: Henry, ich sollte dir nicht helfen und eigentlich tu ich es ja auch nicht, aber ist das was du wolltest.

Turnbuckle: Genau ein Tonbandgerät das haarscharf und auffällig in die Brusttasche meiner Jacke paßt.

Ralph: Das Mikrophon steckt hier im Botton des internationalen Rotarylubs, gott schütze dich mein Sohn.

Turnbuckle: Ach Mr Netterly haben sie vielleicht die genaue Uhrzeit.

Netterly: Genau 2 Uhr und eine halbe Minute.

Turnbuckle: Danke, ach jetzt hab ich die Datumsanzeige erwischt, diese modernen Apparate aber auch, heute ist doch der 15. September.

Netterly: Der 15. September 1979.

Turnbuckle: Also dann zum geschäftlichen, sie haben es sich doch nicht etwa anders überlegt.

Netterly: Neinnein.

Turnbuckle: Sie haben immer noch vor, Mrs Edwarda Carston, meine Ehefrau für mich umbringen.

Netterly: Ja.

Turnbuckle: Und sie wollen dafür 50000 Dollar haben.

Netterly: 50000 sie sagen es.

Turnbuckle: Gut, Mr Netterly ich verhafte sie.

Mr Carston, ich verhafte sie wegen Anstiftung zum Mord an ihrer Ehefrau, widerstand ist zwecklos, hinter ihnen stehen noch zwei Kollegen in zivil, Mr Netterly hat mit einem versteckten Tonbandgerät die gesamte Unterhaltung aufgezeichnet, noch mal vielen dank für ihre Wachsamkeit und ihre mutige Mithilfe, Mr Netterly.

Netterly: War mir ein vergnügen, sowas darf doch nicht frei herumlaufen.

Turnbuckle: Meine Herren ich glaube wir sind alle Opfer eines Mißverständnisses, ich habe keine Frau und heiße auch nicht Carson, in wirklichkeit bin ich zufällig Sergeant bei der Kriminalpolizei von Milwaukee, ein Kollege also, hier meine Dienstmarke.

Interessant und wer sagt mir daß diese Brieftasche mit der Marke nicht gestohlen ist und selbst wenn sie wirklich dieser Turnbuckle sind, wieso treiben sie sich dann in unserem Revier herum, sind sie der Meinung daß wir mit unserer Arbeit allein nicht fertig werden.

Turnbuckle: Im moment sind ungefähr 3 dutzend neugierige Augen auf uns gerichtet, können wir das nicht an ein ruhigeren Plätzchen besprechen.

Turnbuckle: Ehrlich gesagt ich hatte von den Kollegen etwas mehr Selbstbewußtsein erwartet, aber anstatt mit mir zu verhandeln haben sie Captain Johnsen hergeholt.

Ralph: Henry mach bitte die Musik etwas leiser.

Turnbuckle: Und morgen melden sie sich zur Entgegennahme einer angemessenen Disziplinarstrafe in meinem Büro, Turnbuckel.

Ralph: Ach was Johnson wird dir schon nicht den Kopf abreißen, du hast schließlich auch gute Arbeit geleistet in der Vergangenheit, der Fall Derows, der Pizzamörder, die Carrtrid Juwelen.

Turnbuckle: Freut mich daß du das auch so siehst.

Ralph: Und du hast uns mit deiner art zu denken schon oft auf eine Spur gebracht, die haarscharf neben der richtigen lag, gibt Henry ein paar Fakten und etwas Zeit und er wird einen Sturm entfesseln, sag ich immer.

Turnbuckle: Du sagst auch immer, als Henry noch zu Schule ging hat er aus einem einzigen Knochen ein Dinosaurier rekonstruiert.

Ralph: Genau, nur das das eigentlich ein Pterodactylus war.

Turnbuckle: Das mußtest du natürlich auch Vivian Derows erzählen.

Ralph: Bei der warst du doch sowieso untendurch nachdem du ihren Lieblingsonkel als Erpresser entlarvt hast oder beinahe hättest, er deduziert und deduziert 98% eines Sachverhalts und dann stolpert er immer über die restlichen 2 %.

Turnbuckle: Mein lieber Ralph, ein übersensibler Freund könnte jetzt glauben eine feine Ironie zu spüren.

Ralph: Ja Henry Turnbuckel Holmes und die restlichen 2 %

Turnbuckle: Ralph es wir kommen der Tag des Gerichts.

Ralph: Du erinnerst mich an etwas, meine Frau wartet mit dem abendessen.

Turnbuckle: Henry der killer.

Ralph: Was.

Turnbuckle: Turnbuckle.

Ralph: Henry du hast es wieder mal geschafft.

Turnbuckle: Nicht so laut, weißt du eigentlich wie spät es ist.

Ralph: Henry, der Ehefrauenmörder du hast ihn uns ans Messer geliefert.

Turnbuckle: Also doch dieser widerliche Natterly.

Ralph: Nein, Ben Casterbridge.

Turnbuckle: Ben Casterbringe.

Ralph: Also paß auf, also du im country club abgezogen warst, ging Captain Johnson noch mal schnell an die Bar, er erkannte den Barkeeper, und es fiel ihm ein, daß er immer noch auf Bewährung draußen war, und wenn du unter bewährung stehst gibt es einen job den du nicht annehmen darfst.

Turnbuckle: Nämlich Barkeeper.

Ralph: Johnson gab sich also zu erkennen, der Barkeeper wurde weiß wie die Wand, fing an zu zittern, ne richtige überreaktion, also dachte johnson, da könnte noch mehr dahinter stecken und knöpfte ihn sich vor, der Mann verhaspelte sich von hinten bis vorne, rutsche ihm sein paar sachen raus und zum guten schluß plauderte er.

Turnbuckle: Alles klar und der Barkeeper heißt Ben Casterbridge.

Ralph: Nein Charly Stevens.

Turnbuckle: Und wer bitte ist Ben Casterbridge.

Ralph: Er und Steven waren Zellenachbarn in Wooto und kamen ungefähr zur gleichen Zeit raus, sieht so aus als erzählten die Leute gewöhnlich ihrem Barkeeper mehr als ihrem Psychiater, also Steven sammelte die Informationen und gab sie an Casterbridge weiter, der erledigte den Rest, genau wie du es vermutet hast, ach übrigens der Captain sagt, du kannst die Meldung morgen früh in seinem Büro vergessen, es ist alles vergeben, Henry, hey freust du dich gar nicht, Henry, Henry antworte wenn ich mit die rede, ich habe sie etwas gefragt, Mr Turnbuckle.

Wiggins: Mr Turnbuckle, Mr Turnbuckel ich frage sie ob sie etwas möchten, Kaffee, Zigaretten.

Turnbuckle: Nein nein nein danke.

Wiggins: Wie haben sie das eigentlich mit dem Tag des Gerichts gemeint.

Turnbuckle: Wie bitte.

Wiggins: Sie sagten doch oder sollte ich mich verhört haben.

Turnbuckle: Ausgezeichnet Henry jetzt sitzt du also auf dem Kommissariat unter dem dringenden Verdacht 6 Liebhaber von pornografischer Literatur liquidiert zu haben und redest auch noch mit dir selbst.

Wiggins: Ich glaube ich öffne mal das Fenster, die Luft hier.

Turnbuckle: Vielen dank Sergeant Wiggins.

Turnbuckle: Armer Kerl, sein Blick läßt auf Neigung zu nervösen Kopfschmerzen schließen, irgendwie erinnert er mich, auch einer von den getretenen und beleidigten, die irgendwann wenn das maß voll ist.

Wiggins: Ja wenn das maß voll ist.

Turnbuckle: Ach nichts, könnten sie vielleicht das Radio einschalten.

Wiggins: Gern bis Captain Brannigan zurück ist.

Turnbuckle: Simon und Garfunkel hört man heute nicht mehr oft.

Wiggins: Musik für Tunten und Haschbrüder.

Turnbuckle: Bitte.

Wiggins: Sagt Captain Brannigan, er hält nicht viel von Poesie.

Turnbuckle: Finden sie nicht auch daß das Leben oft eine ganz schön krumme Sache ist und es in Versuchung bringt es gerade zu biegen.

Wiggins: Ein gefährlicher Gedanke finden sie nicht auch.

Turnbuckle: Jetzt reiß dich bloß zusammen, Henry sonst erzählst du ihm noch alles, aber angefangen hat das wirklich ganz harmlos, damals vor einem viertel Jahr, Ralph und ich im Frühdienst dann der Anruf.

Ralph: Danke Doc nur ein einziger Messerstich hat den sofortigen Tot herbeigeführt.

Turnbuckle: Fingerabdrücke auf der Mordwaffe.

Ralph: Keine.

Turnbuckle: Wiliam, Morison, sie können ihn dann wegtragen.

Ralph: Ums Geld scheint es nicht gegangen zu sein, Ringe, Uhr, volle Brieftasche, alles da.

Turnbuckle: Jetzt war ein Kaffee recht 6 Uhr 30, da schau her was da unter der Leiche gelegen hat.

Ralph: Ein Zahnstocher, na ausgezeichnet, es hat schon Fälle gegeben, wo Einbrecher überführt werden konnten weil sie in Äpfel Gebißabdrücke hinterlassen.

Turnbuckle: Hier sind keine solchen Abdrücke drauf, Ralph dieser Zahnstocher wird uns zu unserem Mörder führen.

Ralph: Warum nimmst du an daß er dem Mörder gehört.

Turnbuckle: Ralf das ist alles ein Sache von Beobachtung und Schlußfolgerung, hast du dir die Leiche gut ansehen.

Ralph: Also bitte komm.

Turnbuckle: Ist dir da nicht aufgefallen, daß das Opfer entweder makellose Zähne hatte oder.

Ralph: Bei seinem Alter von 57 wird wohl ein künstliches Gebiß gewesen sein.

Turnbuckle: Und verhält es sich nicht so daß Menschen die künstliches Gebiß tragen auf die Hilfe von Zahnstochern verzichten können.

Ralph: Henry du erschließt mir das völlig neue Welten.

Turnbuckle: Ralf, dein Witz hat was verzweifeltes.

Ralph: Wir müssen jetzt die Küchenchefin des Hotels vernehmen eine Mrs.

Henderson: Henderson, Maggie Henderson, stört es sie wenn ich schon mit dem Kuchenbacken anfange.

Turnbuckle: Nein nein das leben geht weiter.

Henderson: Unsere Gäste stehen früh auf.

Ralph: Wieviele Gäste haben sie hier im Hotel.

Henderson: 28, im moment alles Stammgäste.

Ralph: Sie fanden den Toten als sie heute morgen in die Küche kamen.

Henderson: Ja.

Ralph: Bis wann haben sie gestern abend gearbeitet.

Henderson: Bis um 8 bis alles wieder sauber ist wird es so spät.

Turnbuckle: Moment ihr arbeitstag hat 15 stunden.

Henderson: Nein, nach dem frühstück und mittagessen hab ich ein paar stunden frei.

Turnbuckle: Ich darf wohl annehmen daß gestern als sie nach hause gingen noch keine leiche auf dem boden lag.

Henderson: Ich hab im vierten Stock ein Zimmer ich kam um halb 6 uhr und da hab ich es gesehen.

Ralph: Haben sie was angefaßt.

Henderson: Nein nein ich hab gleich die polizei gerufen.

Ralph: Wie lange arbeiten sie schon für Mr Latimer und sein Hotel.

Henderson: 22 Jahre.

Turnbuckle: Und was wird das wenn fertig ist.

Henderson: Rosinenkuchen mit Zimt.

Ralph: Wer bekommt eigentlich das Hotel nachdem der Besitzer tot ist.

Henderson: Mein Bruder denke ich, er hatte sonst keine Verwandten.

Ralph: Und wo ist dieser Bruder.

Henderson: In der Pension nebenan.

Turnbuckle: Warum wohnt er nicht hier.

Henderson: Wir sind belegt.

Turnbuckle: Nur deshalb.

Henderson: Mr Latimer und sein Bruder kamen nicht besonders gut miteinander aus.

Turnbuckle: Wenn sie sich nicht vertrugen, warum hat sich der Bruder dann ausgerechnet im Nebenhaus eingemietet.

Henderson: Das weiß ich nicht.

Ralph: Hatte Mr Latimer auch seine Wohnung hier im Haus.

Henderson: Ja er bewohnt eine Suite im 3 Stock.

Ralph: Aus welchem Grund könnte er nach 8 uhr abend noch mal in die Küche gegangen sein.

Henderson: Das hat er oft gemacht, er sieht gern nach dem rechten.

Turnbuckle: Latimer kam also nach 8 herunter, wir haben weder Einbruchspuren noch die Spuren eines Kampfes gefunden, Latimer muß den Besucher gekannt haben, und es spricht einiges dafür, daß unser Mörder jemand aus diesem Hotel ist.

Henderson: Haben sie noch Fragen an mich, das Frühstück, die Gäste warten.

Ralph: Frühstück und wer serviert uns Rührei mit Schinken.

Turnbuckle: Du hättest Maggie Henderson nicht so anzustarren brauchen, sie trägt auch eine Zahnprothese, also muß es einer der Gäste sein.

Ralph: Ich seh aber keinen mit nem Zahnstocher im Mund.

Turnbuckle: Ralph.

Ralph: Toast mit Butter wäre auch was.

Turnbuckle: Ralf was geht mit einem Zahnstock einher.

Ralph: Kleines Steak, echte Zähne.

Turnbuckle: Davon abgesehen.

Ralph: Ich gebs auf.

Turnbuckle: Weitere Zahnstocher, ein regelmäßiger Benutzer von hölzernen Zahnstochern muß ständig einen Vorrat bei sich haben.

Ralph: Du meist also wir sollen alle durchsuchen und wer Zahnstocher hat ist unser Kandidat.

Turnbuckle: Nein Ralph, das wäre ziemlich mühselig, wir könnten rein logisch die Anzahl der Verdächtigen weiter verringern, im Zeitalter der Gleichberechtigung sieht man auch Damen bei dieser unästhetischen Beschäftigung, aber kannst du dir eine Frau vorstellen die ein Bündel Zahnstocher bei sich trägt.

Ralph: Na gut, dann scheiden Frauen und Männer mit Zahnprothesen aus, was machen wir jetzt, allen Männern in den mund schauen.

Turnbuckle: Das wird nicht nötig sein, tatsächlich kann ich in diesem moment schon unseren Mörder bestimmen, Ralph beiß jetzt bitte nicht in das Tischtuch, sondern hör mir zu wenn du einzelne Zahnstocher mit dir führest wo würdest du sie aufbewahren.

Ralph: Also wenn ich mirs gründlich überlegen in der Tasche.

Turnbuckle: Richtig aber nicht in der Gesäßtasche, denn das würde das hinsetzen zu einem gefährlichen Abenteuer machen, bei den vorderen Hosentaschen würde man noch traumatischere Verletzungen riskieren, bei den Jackettaschen zerstochene Fingerkuppen, also was ist der ideale Aufbewahrungsort für eine chaotische Horde Zahnstocher.

Ralph: Ich hab Hunger.

Turnbuckle: Die Weste, Ralph, ihre Taschen sind ausreichend eng, so daß diese kleinen Schlingel weder durcheinandergeraten noch herausfallen können, außer vielleicht bei einer ungewöhnlichen heftigen Bewegung.

Ralph: Ich verstehe und da nur einer von den Gästen eine Weste trägt, nämlich dieser große Kerl mit den gelben Zähnen und dem ausgesprochen unangenehmen Grinsen, nehme ich an, daß wir ihm jetzt ein paar Fragen stellen müssen ok.

Latimer: Horace Latimer, ich bin sein Bruder, als ich die Polizeiautos hier reinkurven sah, kam ich natürlich rüber um zu sehen was los ist.

Turnbuckle: Wie kamen sie und ihr Bruder miteinander aus.

Latimer: Gar nicht.

Turnbuckle: Sie sind recht offen.

Latimer: Sie hätten ja doch gemerkt, tatsächlich haben wir vergangene Woche das erste mal seit 20 Jahren wieder miteinander geredet.

Turnbuckle: Wieso gerade letzte Woche.

Latimer: Ich war pleite ich hab meine Anstellung verloren und hätte ein kleines Darlehen gebraucht.

Turnbuckle: Und.

Latimer: Er gab mir 50 Dollar und den Rat auf weitere 20 Jahre verschütt zu gehen.

Ralph: Sie verloren ihre Stelle, sagten sie, was war das für eine Tätigkeit.

Latimer: Ich hab bei einer Bootslinie auf dem See gearbeitet, hatte da ne kleine Auseinandersetzung mit einem 3.Offizier und hab ihn versehentlich bißchen angeritzt

Ralph: Sie haben ihren Bruder 20 Jahre lang nicht gesehen, und wurden von ihm nicht mit offenen Armen empfangen, warum haben sie dann sich ausgerechnet in der Pension gegenüber eingemietet.

Latimer: Als ich von Vik wegging, wollte ich noch einen trinken in einer Bar hier in der Nähe, da hab ich gehört daß die einen Barkeeper zur Aushilfe suchen und nahm den Job, und die Pension dadrüben ist die billigste weit und breit.

Turnbuckle: Hatten sie schon mal Probleme mit der Polizei.

Latimer: Ein oder zweimal.

Turnbuckle: Irgendwas schwerwiegendes als angeritzte dritte Offiziere.

Latimer: Vor ein paar Jahren wurde ein Freund von mir erstochen, sie wollten es mir anhängen, aber mein Alibi war bombensicher, ich war bei meiner Freundin Elsie als Jack getötet wurde, sie war bereit das vor Gericht zu beschwören.

Ralph: Und wo waren sie gestern abend, Bier zapfen.

Latimer: Ich hatte Tagschicht, ich war im Bett.

Ralph: Allein.

Latimer: Nein mit Elsie.

Turnbuckle: Oh mir steckt ein Sesamkorn zwischen den Zähnen, sie haben nicht zufällig einen Zahnstocher bei sich.

Latimer: Doch hab ich, geht aufs Haus.

Turnbuckle: Danke Mr Latimer.

Ralph: Verdammt, ich glaub auch daß er es war, wahrscheinlich um das Hotel zu kriegen, aber wenn wir gegen einen Verdächtigen nichts anders in der Hand haben als deine Zahnstocher, schauen wir ziemlich alt aus.

Turnbuckle: Warte, ich gehe noch mal in die Küche, ich hab das Gefühl da finde ich was.

Ralph: Kombination.

Turnbuckle: Intuition.

Ralph: Na prima.

Turnbuckle: O Mrs Henderson, ihr Kuchen duftet ja köstlich, ist er schon fertig.

Henderson: Sie können gerne nachschauen, aber wenn sies genau wissen wollen, müssen sie ihn anpieken.

Turnbuckle: Stimmt, mit einer Stricknadel, haben sie eine.

Henderson: Hygienischer ist es mit einem Zahnstocher, nehmen sie den.

Turnbuckle: Mrs Henderson.

Henderson: Ich hab deswegen immer ein paar in der Schürzentasche.

Turnbuckle: Au verdammt, jetzt hab ich mir die Finger verbrannt.

Henderson: Geben sie her, geben sie her, ja ich hab gesehen, wie sie vorhin den Zahnstocher untersuchen, ihr polizisten und wissenschaftler findet doch sowieso alles raus, also kann ichs gleich hinter mich bringen.

Turnbuckle: Aber warum, warum haben sie ihn umgebracht.

Henderson: Viktor wollte ein Mädchen heiraten, daß er bei der Hoteliertagung in Shyboygan kennengelernt hat, sie ist Kellnerin in einer oben ohne Bar, ich bin seit 22 Jahren hier Köchin und seit 21 Jahren mit Viktor verlobt, gestern abend spülte ich noch ein paar Sachen, als er in die Küche kam, er hatte was getrunken, wie immer wenn er sich Mut machen will, und kam sofort zur Sache, und sagte er wird sie heiraten, weil er verrückt nach ihr ist.

Turnbuckle: Und da griffen sie in einem Anfall wahnsinniger Eifersucht nach dem Brotmesser.

Henderson: Oh entschuldigung, nein nein ich glaub ich hab ihn umgebracht weil er wollte daß ich das Hotel verlasse, er wollte mich nicht mehr in seiner nähe haben, nicht mal als Köchin, er hatte Angst sie könnte das mit uns erfahren und böse werden.

Turnbuckle: 22 Jahre, hat er ihnen nie einen Heiratsantrag gemacht.

Henderson: Nein, er sagte immer er wird mich heiraten wenn ich schwanger bin, an mein 40 Geb als er wieder mal ein bißchen zu viel getrunken hatte da verplapperte er sich und es kam heraus daß er sich vor Jahren sterilisieren hatte.

Turnbuckle: Sie hätten auf der stelle gehen sollen.

Henderson: Ich weiß o der Kaffee ist fertig, es ist mir wirklich zimlich egal was mit mir wird, schlimm ist nur daß ich gegenüber Mandy versagt habe.

Turnbuckle: Wendy.

Henderson: Meine Nichte, die Tochter meiner Schwester, ich hab ihr seit ihr Mann gestorben war die ganze zeit mit geld ausgeholfen damit sie ein bißchen besser leben kann, Mandy war wirklich gut in der Schule, sie hat jetzt angefangen Sexualmedizin zu studieren, Andrologie, nein Männerleiden, ach das Kind, jetzt wird sie nie Ärztin werden, weil ich nichts mehr für sie tun kann, Kaffee, darf ich ihnen einschenken.

Turnbuckle: Sehr gern vielen dank, tja wirklich schade, ich denke aufgrund ihres langjährigen eheähnlichen Verhältnisses mit Viktor sind sie nach unserem Gewohn-heitsrecht seine Frau mit allen Konsequenzen gewesen, und hätten demnach gute Chancen das Hotel zu erben auch gegen die Ansprüche eines entfremdeten Bruders.

Henderson: Ach so, ja was solls, ich habe Viktor getötet und ich glaube nicht daß ein Mörder von seiner Tat auch noch profitieren darf.

Turnbuckle: Wie schrecklich wahr, und so wird Viktors Bruder das Hotel bekommen, Mandy wird sich am besten gleich auf eine Ausbildung als Krankenschwester vorbereiten, und während sie in Taschita hinter Gitter sitzen wird Viktors Bruder 5 Dollar Zigaretten rauchen und sich an die neue Köchin ranmachen.

Henderson: Ja das Leben ist manchmal eine zimlich krumme Sache.

Turnbuckle: Dann muß ich sie jetzt aufs Polizeipräsidium mitnehmen, ein Glück für uns daß sie geständig sind, wir haben nämlich keine brauchbaren Beweise gegen sie.

Henderson: Keine Sorge ich werde behilflich sein.

Turnbuckle: Das sagen sie jetzt, aber ich frage mich, was passieren wird wenn wir erst im Präsidium sind, dort widerrufen sie möglich ihr Geständnis, sie könnten behaupten, durch Einschüchterung dazu gezwungen worden zu sein, oder noch schlimmer, sie hätten überhaupt nie jemanden gegenüber irgendwas gestanden, sie könnten auf den Gedanken verfallen angesichts der Beweislage einfach abzuwarten und ihre Zahnstocher loszuwerden, also dann machen wir uns auf den Weg und nehmen ihr Geständnis auf.

Henderson: Was für ein Geständnis.

Turnbuckle: Sehen sie, ich wußte doch daß es so kommen würde.

Henderson: Möchten sie ein Stückchen Kuchen.

Turnbuckle: Drei wenn sich das machen läßt, eins für mich.

Henderson: Und zwei für ihren hungrigen Freund da draußen.

Turnbuckle: Unlösbare Fälle machen ihn besonders hungrig.

Wiggins: Hungrig, sagten sie hungrig Mr Turnbuckle, ich kann ihnen selbstverständlich belegte Brote holen lassen.

Turnbuckle: Was, nein danke Sergeant Wiggins.

Wiggins: Und sie wollen immer noch keinen Anwalt.

Brannigan: So Wiggums, ich brauch sie jetzt nicht mehr, und nun zu ihnen, ja nun gehen sie schon Wiggums, machen sie sich woanders nützlich, tja ihr Captain Johnson nimmts wohl eher von der humorigen Seite, zur rechten zeit am unrechten Ort und immer in Schlamassel, das ist typisch Henry, und er hat bestätigt, daß sie sich vor einem viertel Jahr auf eigenen Wunsch vom Dienst beurlauben ließen um wieder Student zu spielen.

Turnbuckle: Ich beabsichtige eine Arbeit über polizeiähnliche Organisationen zu schreiben, die Tätigkeit als Privatdetektiv war so eine Art Praktikum.

Brannigan: Ja sehr erfolgreich wie man sieht, gehört das auch zum Praktikum einen Stempel wo draufsteht Sünder müssen büßen in der Tasche rumzutragen.

Turnbuckle: Weiß hier noch jemand außer ihnen daß sie vorhin das ding bei mir gefunden haben.

Brannigan: Nein.

Turnbuckle: Sehr gut, vielleicht glauben sie jetzt einem ehemaligen Kollegen, dieser Stempel war nicht in meiner Manteltasche, bevor ihre Leute mich in der Garage abgefangen haben, danach wurde ich von ihnen allerdings dauernd rumgeschubst und befingert.

Brannigan: Wollen sie sich beschweren.

Turnbuckle: Gott behüte nein, ich ziehe daraus lediglich die Schlußfolgerung, daß nur ein Angehöriger dieser Personengruppe mir den Stempel in die Tasche praktiziert haben kann.

Brannigan: Aber warum sollte jemand auf so eine Schnappsidee kommen.

Turnbuckle: Der Mitternachtswürger hat bemerkt daß sie ihm auf den Fersen sind, und er nutzte die durch meine Verhaftung gebotene Gelegenheit einen anderen zu belasten.

Brannigan: Wollen sie etwa damit sagen daß einer meiner Leute.

Turnbuckle: Die Logik erlaubt leider nur diesen einen Schluß Captain Brennigan.

Brannigan: Wie wärs denn dann mit mir.

Turnbuckle: Nein sie muß ich ausschließen, sie hatten keinerlei Gelegenheit.

Brennigan: Wegen ihrer Logik soll ich also jetzt ein dutzend diensttuender polizisten überprüfen.

Turnbuckle: Das wird nicht nötig sein, ich habe einen anderen Vorschlag, machen sie jetzt so schnell und so gründlich wie möglich im ganzen Haus bekannt, daß man statt des Würgers versehentlich einen Kollegen geschnappt hat, dann laden sie mich als Entschädigung in die Kantine ein, nur zum schein, ich zahle mein Sherry natürlich selbst, meinen Mantel lassen wir hier hängen, und ich stecke den Stempel jetzt wieder in die Tasche, einen kleinen Privatdetektiv zum Sündenbock zu machen ist eine sache, einen polizisten eine andere, ich bin sicher während unserer abwesenheit wird derjenige der mir den Stempel in die Tasche getan hat, versuchen ihn unbemerkt wieder herauszuholen.

Brannigan: Ok aber nur weil Captain Johnson gesagt hat trotz allem hätten sie manchmal so einen Riecher, Higgings, Mccarseon, Endemy, wißt ihr wen ihr mir da eingefangen habt, der Kerl ist polizist, ja polizist, sagt es ihn nur weiter den anderen Kollegen, diesen Pfeifen die an diesem Einsatz beteiligt waren, ein Kollege.

Turnbuckle: Mein Kopf.

Wiggins: Mr Turnbuckle.

Turnbuckle: O Sergeant Wiggums.

Wiggins: Ich wollte ihnen nur gratulieren, sie sind ja jetzt ein freier Mann, hier ihr Mantel, ich darf ihnen hineinhelfen.

Turnbuckle: O danke nein, ich wollte ja eigentlich nur.

Wiggins: Bittesehr, moment ihr Gürtel, er hat sich verdreht.

Turnbuckle: Sergeant Wiggums, oh nein.

Wiggins: Was bitte sir.

Turnbuckle: Ich gestehe daß ich eine Sekunde lang noch glauben wollte, es bereite ihnen vielleicht ein kleines Vergnügen unter dem vorwand, seinen Mantel zurechtzurücken, einen andern Mann heimlich zu befingern.

Wiggins: Was erlauben sie sich.

Brannigan: Keine falsche Bewegung Wiggums und den Stempel da auf den Tisch schau an, Wiggins die alte Trauerweide, manchmal hab auch ich so einen Riecher.

Wiggins: Sünder müssen büßen, oja es wird kommen der Tag des Gerichts, der Herr ließ Pech und Schwefel regnen über Sodom und Gomorra.

Eben und diese Drecksarbeit sollte man ihm besser selbst überlassen.

Brannigan: Sonst noch was Wiggums.

Wiggins: Ja einen Anwalt.

Ralph: Und Henry, Captain Johnson ist völlig aus dem Häuschen, wegen deinem Erfolg mit dem Mitternachtswürger, er hat gemeint, nachdem dein incognito als Privatdetektiv sowieso geplatzt ist, ob du dir das noch mal überlegen willst mit dem studieren.

Turnbuckle: Es gibt Zeiten da denke ich das ganze Universum ist eine Illusion, und ich bin der einzige dem man nichts davon gesagt hat.

Ralph: Weißt du was, meine Frau ist dieses Wochenende auf einem Yogakurs, ich bin in einer halben Stunde bei dir, dann erklärst du mir das noch mal in aller ruhe.

Henry Turnbuckle: Jochen Busse
Ralph: Michael Hinz
Captain Brannigan: Michael Mendl
Sergeant Wiggins: Herbert Weicker
Barkeeper: Michael Schwarzmeier
Netterly: Jochen Striebeck
Maggie Henderson: Ilse Neubauer
Horace Latimer: Hartmut Becker
Kriminalpolizist und Angesteller: Hubert Mulzer
An- und Absage: Beate Himmelstoß

1137. Die Schule der Glücksritter - 14.08.2025 13:11 -
Michael Koser: Die Schule der Glücksritter (Deutschlandradio 2004)

Schaffner: Pittsburgh, hier Pittsburgh.
Elaine: Der Pennsylvania Special rollte gerade ein als ich den Bahnsteig betrat. Ich fror ohne Hut und Mantel, der Schneeregen der Dezembernacht hatte mich durchnäst, die Tasche war so schwer und ich wurde verfolgt. Während ich am Zug entlang hastete, sah ich mich um, da kamen sie, zwei große Männer in dunklen Mänteln und klobigen Schuhen. In Panik stieg ich in den nächsten Wagen, ein Pullmansalon mit Privatabteilen und lief den Gang entlang. Fängt ja gut an das neue Leben, dachte ich, plötzlich öffnete sich die Tür neben mir, eine Hand packte mich, zog mich ins Abteil.

Arsene: Legen Sie sich ins Bett, schnell.
Elaine: Meine Tasche!
Arsene: Die verstecken wir unterm Bett, ca va, unter die Decke, Mademoiselle, wickeln Sie sich bis zur Nasenspitze ein.

Elaine: Er war ein gutaussehender mittelgroßer Mann, nicht mehr jung, in einem eleganten blauen Anzug, ich gehorchte ihm ohne Angst, obwohl er die Tür verriegelte. Sein Blick, seine Stimme, seine bestimmte Art, alles wirkte vertrauenerweckend.

Arsene: Drehen Sie sich zur Wand, schlafen Sie, tief und fest.
Polizei: Machen Sie auf, Polizei.
Arsene: Wenn Sie darauf bestehen, seien Sie bitte leise, meine Frau schläft bereits, was wollen Sie?
Polizei: Wir suchen eine Diebin, eine junge Frau ohne Hut, mit einer großen Reisetasche.
Arsene: Bei mir?
Polizei: Sie ist in diesen Wagen gestiegen, haben Sie sie gesehen?
Arsene: Nein.
Polizei: Was dagegen, wenn ich in den Waschraum schaue.
Arsene: Tun sie sich keinen Zwang an.
Polizei: Ach, Fehlanzeige, entschuldigen Sie die Störung.
Arsene: Bitte.
Elaine: Ist er weg?
Arsene: Es scheint so, aber bleiben Sie noch im Bett vorsichtshalber, Sie sind also eine Diebin, Mademoiselle.
Elaine: Warum haben Sie mir geholfen?
Arsene: Ein Impuls, Mademoiselle, ich sah Sie aus dem Fenster des Abteils, Sie waren in Not, verfolgt von den Flics und sie haben grüne Augen, gestatten Sie, daß ich mich vorstelle, Raoul d’Andrésy, aus Paris, in Frankreich.
Elaine: Was? Au.
Arsene: Haben Sie sich wehgetan, Mademoiselle.
Elaine: Ja nein, ich glaubs nicht, Raoul d’Andrésy, ja ich hab gehört, daß Sie in den Staaten sind, aber daß ich Sie treffe, auf diese Weise, daß Sie mich vor der Polizei, ausgerechnet Sie.
Arsene: Beruhigen Sie sich, Mademoiselle.
Elaine: Erst wenn Sie es mir gesagt haben.
Arsene: Was soll ich Ihnen sagen.
Elaine: Wie Sie wirklich heißen.
Arsene: Für wen halten Sie mich, Mademoiselle.
Elaine: Sie sind Arsene Lupin.

Elaine: Ich wußte es, ich kannte ihn, alle seine unglaublichen Abenteuer und seine Pseudonyme, Arsene Lupin, der Gentlemaneinbrecher, der Abenteurer, der berühmteste Glücksritter der Welt, seit ich als Kind die Berichte seines Biografen Leblanc gelesen habe, war ich ihm verfallen, ich schwärmte für ihn, folgte seinen Spuren in meinen Träumen.

Arsene: Übertreiben Sie nicht ein wenig, Mademoiselle, Sie haben mir Ihren Namen noch nicht genannt.
Elaine: Ich heiße Mary Kowalski, nein, ich heiße nicht mehr Mary Kowalski, ich bin nämlich dabei ein neues Leben anzufangen und dazu brauche ich einen neuen Namen.
Arsene: Versteht sich.
Elaine: Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, mir einen zu suchen.
Arsene: Lassen Sie sehen eine hübsche Frau mit grünen Augen sollte Elaine heißen.
Elaine: Elaine, ein schöner Name.
Arsene: Sie dürfen ihn behalten, Mademoiselle, und nun erzählen Sie, was ist geschehen, wer sind sie.

Elaine: Ich sagte ihm alles, daß ich in Pittsburgh geboren und aufgewachsen bin, daß meine Eltern früh starben, daß ich in einer Bank arbeitete wo ich es bis zur Kassierin brachte, daß mich in diesem Jahr des Herrn 1926 drei schwere Schicksalschläge trafen, im August starb er, der große wunderbare Rudolf Valentino, seine Filme und Ihre Abenteuer Monsieur Lupin waren die Lichtstrahlen in einem eintönigen Dasein, die Verheißung eines wirklichen Lebens jenseits von Pittsburgh und dem Schalter der Bank, weil Valentinos Tod mich so sehr erschütterte, fühlte mein Verlobter sich vernachlässigt und gab mir den Ring zurück, Weihnachten wollten wir heiraten, und vor ein paar Tagen hat die Bank sich entschlossen im nächsten Jahr auf meine Dienste zu verzichten, ja da Monsieur Lupin, da faßte auch ich einen Entschluß.
Arsene: Ein neues Leben zu beginnen.
Elaine: Meinen Traum zu verwirklichen den Traum von einem Leben ala Arsen Lupin.
Arsene: Sie haben ihre Bank bestohlen.
Elaine: Heute abend habe ich den Inhalt der Kasse nicht wie sonst in den Tresor getan, sondern in meine Reisetasche, ein Kollege muß mich dabei beobachtet und die Polizei verständigt haben, war noch nicht lange zu hause, da kamen sie, mit Blaulicht und Sirene, ich hatte keine Zeit mehr den Koffer zu packen oder auch nur den Mantel anzuziehen, ich verschwand durch die Hintertür, fuhr mit einem Taxi zum Bahnhof.
Arsene: Den Rest kenne ich, Mademoiselle, was haben sie nun vor.
Elaine: Ich will nach Chicago, Monsieur Lupin, das ist die Hauptstadt der...
Arsene: Glücksritter, der Abenteurer, derer die sich nicht sklavisch den Gesetzen unterwerfen, der sogenannten Verbrecher.
Elaine: Alkoholschmuggler, Monsieur Lupin, Gangster, Al Capone.
Arsene: Und Millionäre mit mehr Geld als ihnen gut gut, darum Mademoiselle ist Chicago auch mein Ziel.
Elaine: Oh Monsieur Lupin, ich wage nicht, sie zu bitten, sie haben mir schon einmal so sehr geholfen.
Arsene: Und dabei ein klein wenig Verantwortung übernommen, sprechen sie nur Mademoiselle, was kann ich für sie tun.

Elaine: Ich hatte einen Wunsch, ein großen, einen dringenden, einen einzigen Wunsch, ich wollte mich ihm anschließen, an Arsen Lupins Seite, ein Leben jeneits der Normen und Gesetze zu beginnen, von ihm zu lernen, ihn bei seinen kühnen Feldzügen wider die Reichen und Mächtigen dieser Welt zu begleiten, als seine Schülerin, könnte es etwas schöneres geben.

Arsene: Ich beneide sie um ihren jugendlichen Enthusiasmus, Mademoiselle, zu meinem Bedauern sehe ich mich gezwungen, ihn ein wenig zu dämpfen, sie treffen sie mich um die Wahrheit zu sagen in einem nicht eben glücklichen Moment, sehen sie auch in mir einen Flüchtling, der New York auf schnellsten Weg verlassen muß, verfolgt von Inspektor Ganimard.
Elaine: Ganimard.
Arsene: Sie kennen ihn natürlich Mademoiselle, er ist stupide aber hartnäckig, und so fahre denn ich nach Chicago, ohne präzises Vorhaben, ohne Plan, ohne Geld.
Elaine: Ich habe Geld Monsieur Lupin, in meiner Tasche und wenn ich bei ihnen bleiben darf.
Arsene: Wieviel Mademoiselle.
Elaine: Mehr als 9000 Dollar.
Arsene: Für ein paar Tage dürfte es reichen.
Elaine: Ein paar Tage.
Arsene: Merken sie sich den ersten Grund- und Kernsatz der Glücksritterei, niemals knausern, wer das Geld anderer will, muß den Anschein erwecken er habe selbst genug, der wahre Abenteurer lebt stets auf großem Fuße, wenn wir morgen früh in Chicago aussteigen, werden wir das erste Hotel am Platz nehmen.
Elaine: Sie nehmen mich also mit, Monsieur Lupin, wie kann ich ihnen danken?

Elaine: Pünktlich um 9 Uhr 10 erreichte der Pennsylvania Special Chicago, Station, ruhigen Schrittes gingen wir durch die Sperre, Lupin und an seinem Arm ich, vorbei an den Kriminalbeamten, die alle Ausgestiegenen argwöhnisch musterten, ich trug einen kleinen Schleier am Hut und über einem eleganten, wenn auch konservativem Kostüm einen ebensolchen Mantel, die Reisetasche trug ich nicht, die karrte ein Dienstmann mit anderen Gepäckstücken, zu einem Taxi, unbeeindruckt von dem Schauspiel, das sich hinter uns entfaltete, eine ältere Dame in einem fliderfarbenen Neglige beugte sich weit aus einem Abteilfenster und.

Dame: Mein Hut, da Schaffner, Polizei.
Arsene: Zum Hotel Palmerhaus Chauffeur. Im Hotel werden sie wie ich eine Suite beziehen, Elaine, Sie sind Mrs Joan Belmont, ein in der New Yorker Gesellschaft nicht unbekannter Name, apropos, auch in Chicago dürfte es etwas geben, was man mit einigem Wohlwollen als Gesellschaft bezeichnen kann, man wird entzückt sein, Mrs Belmont und den Marquis zu empfangen.
Elaine: Sie sind Marquis, Arsene, das ist neu.
Arsene: Was wollen sie, meine übrigen Künstlernamen sind hierzulande alle bekannt und die Amerikaner lieben europäische Adelstitel, wir werden untadelige Empfehlungsschreiben vorzuweisen haben, aus New York, Paris, und wenn wir erst im Kreise der Nabobs von Chicago schwimmen wie die Hechte im Karpfenteich dann, Elaine.
Elaine: Ja Arsene.
Arsene: Dann werden wir dessen bin ich sicher in kürzester Zeit den Schlüssel finden der uns den Weg zu den Reichtümern dieser betriebsamen Metropole eröffnet.

Elaine: Er war sehr kalt und stürmisch in jenem Dezember 1926 in Chicago, aber das spürte ich kaum, wir flatterten von Soiree zu Empfang, von Ball zu Bankett, ich trug die herrlichsten Abendroben, nippte an illegalen Cocktails als sei ich mit ihnen aufgezogen worden, und genoß das schöne Leben in vollen Zügen, bis unsere 9000 Dollar rapide zur Neige gingen und ich begann mir Sorgen zu machen, doch mein Begleiter blieb gelassen, zu recht, denn nach etwa einer Woche bot sich uns besagter Schlüssel bei einer exklusiven Cocktailparty in einem exklusiven Palast am exklusiven Lake Shore Drive, der sogenannten Gold Coast von Chicago, Gastgeber war der Multimillionär Osgood P Quackenbush, der dritte.

Quackenbush: Hat mir mein alter Herr hinterlassen, Osgood P Quackenbush der zweite, den Schlachthauskönig hat man ihn genannt, ich bin umgestiegen, auf Finanzen, das ist zweifellos sauberer und lukrativer.
Arsene: Respekt, sagen sie Quackenbush war ihr Vater nicht auch als Kunstsammler bekannt.
Quackenbush: Oh ja, der alte hat gesammelt, alles mögliche, Bilder, Juwelen, oh, oh ich liebe Strauß, ja ich hab das ganze Zeug verkauft, interessiert mich nicht, ich sammle auch, aber was ganz anderes.
Elaine: Und was, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Mordwerkzeuge, Mrs Belmont, Waffen berühmter Verbrecher, ein interessantes, wenn auch ausgefallenes Gebiet, im Lauf der Jahre hab ich mir ganz ordentlich was zusammengekauft, ich will mich nicht loben, aber besser als die schwarzen Museen in New York, London oder Paris ist meine Sammlung allemal, wollen sie mal sehen, Marquis?
Arsene: Mit Vergnügen.
Quackenbush: Na dann kommen sie, sie bleiben besser hier, das ist nichts für eine Dame.
Elaine: Mr Quackenbush, sie sind ganz und gar nicht uptodate, die moderne Frau kennt nichts Exquisiteres als das Grauen, die Gänsehaut, das sublime Gruseln, das den Körper vom Scheitel bis zur Sohle zum kribbeln bringt.
Quackenbush: Sie sind mir eine, ok kommen sie mit.

Elaine: Seine Schätze bewahrte Quackenbush in einer Stahlkammer auf, als er das Sicherheitsschloß öffnete, schaute Lupin ihm zu, scheinbar desinteressiert, wir traten ein, um uns beleuchtete Glasvitrinen mit Objekten verschiedenster Art gefüllt, dazwischen ein massiger, allerdings wie mir schien nicht eben hochmoderner Tresor.

Quackenbush: Mit Bargeld, Aktien, Geschäftspapiere, was der Mensch so braucht, uninteressant, sehen sie sich um, Marquis, Mrs Belmont, im Schrank rechts.
Elaine: Pistolen. Das ist doch nichts besonders, Pistolen habe ich schon viele gesehen in der Waffenkammer meines Mannes auf Long Island.
Quackenbush: Nicht diese, Mrs Belmont, da können sie Gift draufnehmen, sehen sie hier, die beiden Waffen mit denen der berüchtige Rasputin erschossen wurde, die Browning des Fürsten Jasupow und die Savage von Puejkewitsch. Genau.
Quackenbush: Und mit dieser Feile hat der Anarchist Lucheni Kaiserin Elisabeth von Österreich erstochen.
Elaine: Sissi, ist noch Blut dran.
Quackenbush: Und hier zwei ganz besondere Stücke aus ihrer Heimat, Marquis, der Massenmörder Laudru seine Opfer beseitigte, ich verdanke ihm übrigens einem hohen Beamten der Pariser Kriminalpolizei, den Schrankkoffer daneben auch, er enthielt die Leiche des Filmproduzenten Lumies, seinerseit ein aufsehenerregender Fall, aufgeklärt von Prof. van Dusen, mein alter Herr hat ihn gut gekannt, den berühmten Amateurkriminologen und diese kleine Pistole ist eine Neuerwerbung, auf die ich ganz besonders stolz bin.
Elaine: Sieht aus wie ein Spielzeug.
Quackenbush: Das ist sie, mit der Präsident Lincoln erschoß, ich hab sie meinem schärfsten Konkurrenten vor der Nase weggeschappt für 25000 Dollar.
Elaine: Soviel.
Arsene: Ihr schärfster Konkurrenz Quackenbush, wer ist das.
Quackenbush: George Stenson, praktisch mein Nachbar, drei Häuser weiter.
Arsene: Und dieser Stenson sammelt ebenfalls historische Mordinstrumente, ist er heute abend anwesend.
Quackenbush: Oh nein, der gute ist nicht coninform wie das bei ihnen heißt Marquis, wissen sie, er ist Bierbrauer.
Arsene: Ein ehrenwertes Gewerbe.
Quackenbush: Nicht bei uns, Marquis wir haben Prohibition, totales Alkoholverbot.
Arsene: Was sie nicht sagen Quackenbush, dieser Champagnercocktail in meinem Glas.
Quackenbush: Sie dürfen das nicht so eng sehen, Stanson produziert nicht nur Bier in 7 Brauereien, er läßt es auch von Gangstern vertrieben, Al Capone persönlich ist sein Partner.
Arsene: Tatsächlich.
Elaine: Und von wem beziehen Sie Champagner und Whisky, Mr Quackenbush.
Quackenbush: Nicht von diesen Italienern, Mrs Belmont, wer in Chicago auf sich hält kauft bei irischen Lieferanten, bei Max Moren und seinen Leuten.
Elaine: Sind das nicht auch Gangster?
Quackenbush: Ganz ohne geht es nun mal nicht, Mrs Belmont, in New York ist das sicher nicht anders oder?

Elaine: Beim Abschied gab Quackenbush uns das Geleit bis ans Tor seines großen Anwesens, wo der Chauffeur im gemieteten Packard auf uns wartete.

Quackenbush: Freut mich, wenns ihnen bei mir gefallen hat, war recht nett.
Arsene: Was ich übringens noch sagen wollte, Quackenbush, mir ist eingefallen, daß auch ich, obschon kein Sammler, eine kriminologische Reliquie mein eigen nenne.
Quackenbush: Ja was ist es denn.
Arsene: Ein Messer, das Messer mit dem Jean Paul Marat ins jenseits befördert wurde.
Quackenbush: Ist das wahr, das gehört ihnen?
Arsene: Dahinter steckt eine interessante Geschichte, vermutlich wissen sie, daß der Henkersknecht Leco den abgeschlagenen Kopf Corday, der Mörderin Maras auf dem Schafott hochhielt und ohrfeigte, er kam dafür ins Gefängnis, ja und dieser Henker besaß die Tatwaffe, in der Familie bis mein Vater, ein Bewunderer der Condesi sie erwarb von einem Nachfahren Leco, der als Stallbursche bei ihm arbeitete.
Quackenbush: Sagen sie Marquis, wären sie unter Umständen bereit, mir das Messer zu verkaufen.
Arsene: Ich weiß nicht, gewiß es bedeutet mir nicht allzuviel.
Quackenbush: Sie würden mir eine riesige Freude machen.
Arsene: Lassen sie uns ein anderesmal darüber weiterreden Quckenbush es ist spät.
Quackenbush: Ja.

Elaine: Am nächsten Morgen beim Frühstück machten wir einen Schlachtplan, das heißt natürlich Lupin plante und ich assistierte, so gut ich konnte.

Arsene: Sie stellen ihr Licht unter den Scheffel, sie assistieren nicht nur, sie inspieren mich und im nächsten Akt des von mir konzipierten kleinen Dramas werden sie die Hauptrolle übernehmen.
Elaine: Wenn sie mir das zutrauen, Arsene.
Arsene: Doch bevor es soweit ist, liegt noch ein gerüttelt Maß Arbeit vor uns, in den nächsten Tagen wird es für sie und für mich keine Gesellschaft geben, in der öffentlichen Bibliothek von Chicago, ein wohlbestücktes Haus wie ich höre, werden wir historische Forschungen anstellen und dann mon cheri, dann werden wir basteln.
Elaine: Basteln.
Arsene: Mit diesen unseren Händen, die für besseres geschaffen sind.
Elaine: Monsieur de Marquis.

Elaine: Zwei Wochen später, Weihnachten war vorüber, das neues Jahr hatte be-gonnen, ich war im Palmerhaus ausgezogen und hatte mich in einem bescheidenen, aber anständigen Hotel dem Great Moter in der Street eingemietet auf den Namen Lier, Elenor Lier, und dort hatte ich einen Brief, dem Fotografien und Kopien von Dokumenten beigelegt waren, abgeschickt an Mr Josef Stenson, Lake Shore Drive.

Elaine: Arsen, er hat angebissen.
Arsene: Kein Wunder, bei diesem Köder, was schreibt er.
Elaine: Liebe Mrs Lier, an Ihrem Angebot bin ich interessiert, ich schlage vor, daß wir uns treffen, damit ich das Objekt in Augenschein nehmen kann, seien sie am Sonnabend, dem 8. Januar 1927.
Arsene: Übermorgen.
Elaine: Um 10 Uhr abends im Dreamland Cafe an der 35. Straße.
Arsene: Er lädt sie nicht in sein Haus ein, schade.
Elaine: Fragen sie nach mir, ich bin dort bekannt, freundliche Grüße.

Elaine: Das Dreamland war ein Nachtclub von der nicht allzu vornehmen Sorte, es roch nach Schweiß, Tabak, geschmuggeltem Whisky, eine schwarze Kapelle spielte Ragtime, Blackbottom und den Modetanz der Saison, Charleston, dazu vergnügten sich untersetzte ältere Männer in zu engen Abendanzügen, der einen oder andere mit einer verdächtigen Beule unter dem linken Arm mit sehr jungen, sehr schlanken, sehr geschminkten Frauen in sehr kurzen Franzenröcken.

Elaine: Shoking.
Stetson: Mrs Lier, das ist noch gar nichts, da hätten sie Lauraine sehen sollen, als sie noch beim in New York getanzt hat, eine Straußenfeder, mehr nicht.
Mrs Stenson: Dann traf ich meinen Sugardaddy, verliebte mich unsterblich und seit unserer Hochzeit tanze ich natürlich nicht mehr. Gefällt ihnen die Musik, Mrs Lear.
Elaine: Wie mans nimmt, Mrs Stenson.
Mrs Stetson: King Oliver mit seiner Jazz Band, bläst ein scharfes Horn, der Junge.
Stenson: Baby, ich hab mit Mrs Leal was geschäftliches zu besprechen, du tanzt.
Mrs Stenson: Sugardaddy, du weißt doch ich mache mir nichts aus andern Männern.
Stenson: Geh schon Baby, aber nicht so eng.
Mrs Stenson: Wenn mein Sugardaddy unbedingt will.
Stenson: Loraine amüsiert sich so gerne, Mrs Liel, Musik, Menschen, Trubel, soll sie, sie ist etwas jünger als ich, vielleicht haben sie es bemerkt.
Elaine: Ach wirklich, Mr Stenson.
Stetson: Wie finden sie das Dreamland, Mrs Leal.
Elaine: In Piddletown haben wir so was nicht.
Stetson: Das will ich meinen.
Elaine: Da kam ich her, Piddletown, Vermont, da kam ich her, das sah man mir an, auf das Treiben reagierte sie mit einem Ausdruck, der teils mißbilligend war, teils ängstlich, die Ängstlichkeit war nicht nur gespielt, ich muß gestehen, ich atmete innerlich auf, wenn mein Blick auf den Herrn im untadligen Frack fiel, der dem Marquis so erstaunlich ähnlich sah und der mich im Auge behielt, aber so diskret, daß es niemandem auffiel, am wenigsten Mr Josef Stenson, er hatte nur Augen für die antiquierte Abendtasche, in der Mrs Liel, wie er wußte, ein interessantes Objekt aufbewahrte.
Stetson: Die Lincolnkugel.
Elaine: Ganz recht, Mr Stenson, das Geschoß, das Präsident Lincoln tötete.
Stetson: Zeigen sie mal her, aha, tja.
Elaine: Natürlich unter Glas.
Stetson: Natürlich, in ihren Besitz gekommen sie ist durch ihren Großvater.
Elaine: Wie ich ihnen schrieb, mein Großvater war Dr Charles, der junge Arzt, der zufällig im Theater war als auf Lincoln schoß und der dem Opfer erste Hilfe leistete, dafür durfte er später nach der Obduktion die Todeskugel an sich nehmen.
Stetson: Die Kugel, die in Lincolns Hirn eintrat.
Elaine: Wir haben sie in der Familie immer sehr in Ehren gehalten.
Stetson: Und warum wollen sie die jetzt verkaufen, Mrs Liel.
Elaine: Die Zeiten sind schlecht, Mr Stenson und ich würde gern Mr Petersens Drugstore übernehmen.
Stetson: 2000 Dollar Mrs Liel, sind sie damit einverstanden.
Elaine: Nein Mr Stenson, das ist nicht genug.
Stetson: Also gut 3000.
Elaine: Wissen sie, Mr Stenson, Mr Quackenbush hat mir 10000 Dollar geboten.
Stetson: Was Quackenbush, das könnte dem so passen, erst die Pistole und dann auch noch die Kugel, wieviel hat er ihnen geboten 10000, ich lege noch 1000 drauf.
Elaine: 11000 Dollar.
Stetson: Dafür kriegen sie einen erstklassigen Drugstore.

Elaine: Da hatte er recht, wir tauschten, Kugel nebst glänzend gefälschten Dokumenten gegen Barscheck, noch in dieser Nacht feierte Miss Liel, nun wieder Mr Sperment mit Marquis in dessen prunkvoller Suite im Palmerhaus.

Arsene: Auf sie, Elaine.
Elaine: Sie waren also mit mir zufrieden, Arsene.
Arsene: Begeistert, sie waren wunderbar, meine Gratulation brava bravissima.
Elaine: Sie machen mich verlegen.
Arsene: Und nun jetzt werden wir Mr Quackenbush reaktivieren, das ist meine Sache, will sagen, die des edlen Marquis.
Elaine: Auf sein Wohl.

Elaine: Am nächsten Abend geschah es, daß Mr Quackenbush, als er seine gewohnte Flüsterkneipe in der Madison Street aufsuchte, dort ganz zufällig auf den Marquis de Bri stieß.

Quackenbush: Gut daß ich sie treffe, Marquis, was tun sie.
Arsene: Ich trinke Tee, wie sie sehen, aus einer geschmackvollen chinesischen Tasse, Tee in Schottland gebrannt und die USA geschmuggelt, mir auch eine Tasse.
Quackenbush: Ich hab ein paar mal im Palmerhaus angerufen aber sie waren nie da.
Arsene: Ich bin unterwegs, mal hier mal da, was kann ich für sie tun, mein lieber.
Quackenbush: Das Messer, sie erinnern sich doch, das Messer, der Charlotte.
Arsene: Wir sprachen darüber.
Quackenbush: Und wollen sie verkaufen.
Arene: Ich will sie nicht auf die Folter spannen, erst neulich hab ich meine verwandte telegrafisch angewiesen, das gute Stück nach Chicago zu schicken, morgen oder übermorgen dürfte das Päckchen eintreffen, Quackenbush, eigentlich hätte ich ihnen das Ding gern zum Geschenk gemacht.
Quackenbush: Kommt nicht in Frage Marquis.
Arsene: Angesichts der jetzigen Währungsschwankungen muß ihn leider zustimmen, wenn der Dollar 40 Franc kostet, werden selbst Aristokraten zu Krämern.
Quackenbush: Würden sie 20000 Dollar akzeptieren.
Arsene: Lassen sie uns nicht feilschen Quackenbush, 30000 Dollar und das Messer gehört ihnen.
Quackenbush: 30000.
Arsene: Ich rufe sie an, au revoir.

Elaine: Zwei Tage später teilte der Marquis Mr Quackenbush telefonisch mit, die erwartete Sendung aus der Normandie sei eingetroffen.

Quackenbush: Mit dem Preis ich bin einverstanden, notgedrungen, wenn er mir auch etwas hoch vorkommt.
Arsene: Quackenbush, was sind ein paar Dollar unter Freunden, Gentlemen reden nicht über Geld, wann und wo wollen wir uns treffen.
Quackenbush: Bei mir morgen nachmittag.
Arene: Evian, ich lade sie in in meine Suite, zum Tee um 4 Uhr daccord.

Elaine: Um so aufgeregter wurde ich, Arsene blieb wie immer kaltblütig, sein rastloses Hirn hatte die bevorstehende Transaktion mit Quackenbush bereits abgehakt und arbeitete an neuen großen Taten.

Arsene: Kugel, Messer, 11000, 30000 das sind doch nur wie sagen sie kleines Vieh.
Elaine: Peanuts, Erdnüsse.
Arsene: Cherie, wir werden uns Zugang zu den Tresoren der ehrenwerten Herren Quackenbush und Stenson verschaffen und dann Elaine, doch davon später, unser Gast wird gleich eintreffen, ich halte es für besser, daß sie gehen, wir sollten nicht mehr gemeinsam auftreten.
Elaine: Warum nicht, erwarten sie Probleme.
Arsene: Nein aber sie wissen der kluge Mann baut vor, die kluge Frau natürlich auch.
Elaine: Ich möchte aber dabei sein, ich will lernen.
Arsene: Machen sie es wie der Liebhaber in der Komödie, verstecken sie sich im Schrank und lassen sie die Tür ein wenig offen stehen.

Elaine: Ich war kaum in meinem Versteck verschwunden, als die Tür zur Suite aufgerissen wurde, Quackenbush trat ein und mit ihm zwei kräftige Männer in schlecht sitzenden gestreiften Anzügen, die Hände in der Jackentasche.

Quackenbush: Die Männer hab ich mir ausgeliehen von meinem Whiskylieferanten Mr. Bucks More.
Arsene: Lieber Quackenbush, sie setzen mich in Erstaunen, sie betreten meine Räume ohne anzuklopfen, sie bringen zwei Gangster mit.
Quackenbush: Leibwächter, Marquis oder Torpedos wie man in der Alkoholbranche sagt, wissen sie ich hatte das Gefühl, einem weltbekannten Verbrecher sollte ich nicht allein und ohne Schutz entgegentreten.
Arsene: Verbrecher, was soll das bedeuten.
Quackenbush: Kommen sie rein, Monsieur Ganimard.
Ganimard: Bonjour Lupin.
Arsene: Ah Ganimard, Freund meiner Jugend, Leuchte und Zierde der Surete, nehmen sie doch Platz, machen sie es sich bequem, darf ich ihnen eine Erfrischung bringen lassen.

Elaine: Ein unauffälliger Mann mit Glatze und Walroßschnauzbart, das war also Ganimard, Inspector Ganimard, Lupins unerbittlicher Feind, mir stockte der Atem, bis nach New York hatte er den großen Abenteurer verfolgt und jetzt tauchte er auch noch in Chicago auf.

Arsene: Welcher glückhafter Fügung verdank ich die unerwartete Freude ihrer Anwesenheit, verraten sie mir, ich verließ sie in New York.
Ganimard: Und dann fiel mir vor wenigen Tagen eine alte Ausgabe der Chicago Tribune in die Hand und einen großen Bericht über eine Soiree im Hause Quackenbush, auf einer Fotografie waren einige illustre Gäste abgebildet, darunter der Marquis de Bri.
Arsene: In dem sie mit den geschärften Augen ihren teuren alten Freund Lupin erkannten.
Ganimard: Mr Quackenbush ist mir nicht unbekannt, war ich doch des öfteren in der glücklich Lage, ihm das eine oder andere begehrte Objekt zukommen zu lassen, ich nahm mit ihm Verbindung auf und voila hier bin ich.
Arsene: In voller Schönheit.
Ganimard: Von nun an bleiben wir zusammen, ich nehme sie mit, erst zu Polizei in Chicago und dann nach Paris, komm her mein Junge.
Arsene: Pfui Ganimard.
Ganimard: Ich laß dich nicht mehr aus den Augen, bis du in einem französischen Zuchthaus sitzt.
Quschenbush: Augenblick Ganimard, sie haben mir die Augen über den angeblichen Marquis geöffnet, gut und schön, aber mitnehmen können sie ihn nicht, das ist nicht drin, ich brauch ihn noch.
Ganimard: Mr Quackenbusch, Lupin gehört der Justiz, das Recht, die Gesetze.
Quackenbush: Recht, Gesetz, wir sind in Chicago.
Ganimard: Ich, ich protestiere im Namen der franzözischen Republik.
Quschenbush: Von mir aus Ganimard, protestieren sie, aber leise.
Ganimard: Ich ah.
Quackenbush: Halten sie doch die Klappe.

Elaine: Das tat der Inspektor mit allen Anzeichen des Unwillens, doch gegen zwei schlagkräftige Argumente in Nadelstreifen konnte er fern der Heimat nix ausrichten.

Arsene: Sie brauchen mich, sie brauchen Arsene Lupin den Abenteurer.
Quackenbush: Ich brauch den Dieb.
Arsene: Interessesant, sprechen sie sich aus.
Quackenbush: Joe Stenson, der Kerl hat mal wieder unverschämtes Glück gehabt und mir ein ganz seltenes Stück weggeschnappt, die Kugel die Lincoln umgebracht hat.
Arsene: Ist es die Möglichkeit.
Qusckenbush: Und diesmal laß ihn nicht durchgehen, die Kugel gehört mir, schließlich hab schon die Pistole.
Arsene: Warum trösten sie sich nicht mit dem Messer der Corday, da liegt es auf dem Tisch, ich hab mir solche Mühe geben.
Quackenbush: Ich will die Kugel, Lupin und sie werden sie mir verschaffen.
Arsene: Ich soll stehlen, also wissen sie Quackenbush, warum schicken sie nicht ihre Herren Torpedos.
Qusckenbush: Weil das eine Aufgabe für einen Spezialisten ist, Stensons Haus ist eine Festung, da kommt so leicht keiner rein oder raus.
Arsene: Schwierig, schwierig.
Ganimard: Mr Quackenbush, das dürfen sie nicht, ich werde.
Quakenbush: Das reicht, schmeiß ihn raus.
Ganimard: Wagen sie es nicht, Hand am mich zu legen, ich bin Inspektor der Surete, ich werde mich an meinem Konsuln wenden, au.
Arsene: Der gute Ganimar, er hat noch nie gespürt wenn er überflüssig war, gut ich werde für sie tätig, Quackenbush.
Quackenbush: Na also, da wäre da nur ein kleines Problem, wie kann ich sicher sein daß sie es auch wirklich tun und nicht einfach verschwinden, vielleicht sollten Morens Männer sie nicht aus den Augen lassen.
Arsene: Quackenbush, sie sind mißtrauisch wie eine alte Jungfer, unter Beobachtung kann ich nicht arbeiten, das würde meinen Stil ramponieren, Arsene Lupin ist ein Ehrenmann, alle Welt weiß das, sogar Ganimard, ich geb ihnen mein Wort, ich werde die Lincolnkugel, die zur Zeit in Stensons Besitz ist, an mich nehmen und an sie weiterreichen.
Quackenbush: Heute ist der 12. Januar, binnen einer Woche.
Arsene: Versprochen.

Elaine: Sie gingen und ich konnte endlich den Schrank verlassen, krumm im Rücken und trüb im Gemüt, die Sache war gründlich schief gegangen.

Arsene: Abwarten, Elaine, kein Grund zu Trübsal, Flexibilität eine der wichtigsten Eigenschaften des Glücksritters, als erstes werden wir Namen und Domizil wechseln, ein unscheinbares Haus in einem uninteressanten Stadtteil, zwei unauffällige Personen mit Allerweltsnamen.
Elaine: Und dann Arsene.
Arsene: Dann werden wir Stetsons Festung stürmen.
Elaine: Stürmen, das sagen sie so leicht.
Arsene: Was mich betrifft, ich werde einen todsicheren Trick einsetzen, den ich in Frankreich schon einige Male mit Erfolg angewendet habe.
Elaine: Und ich.
Arsene: Ich habe den Eindruck, Mrs Loren Stenson gehört zu den schwierigen Haus- herrinen, deren Personal häufig wechselt, wenn sie bei ihr vorstellig würden, Elaine mit allerbesten Referenzen, sie wären anwesend und könnten eingreifen, wenn es notwendig wird.

Elaine: Lorain nahm mich sofort, das lag zweifellos daran daß ich zuvor in Hollywood tätig war, bei so bekannten Filmstars wie Mary Pickford, Gloria Swanson, und ihr Pagapei mochte mich und so begab es sich, daß am abend des 15. Januar das neue Hausmädchen Helen einem Besucher die Tür öffnete, der ihr nicht unbekannt war.

Elaine: Inspektor Ganimard.
Stenson: Treten sie näher, Inspektor, nehmen sie Platz, Zigarette, ob ich ihnen auch einen Whisky anbieten darf, weiß ich nicht so recht, immerhin sind sie Polizist.
Arsene: In Frankreich, Monsieur nicht hier tun sie ihrer Gastfreundschaft kein Zwang.
Mrs Stenson: Schenken sie dem Herrn ein, Helen.
Elaine: Sehr wohl Madame.
Stenson: Sie haben mir geschrieben, Inspektor, sie hätten eine Information für mich von äußerster Wichtigkeit in bezug auf meine Sammlung kriminalistischer Raritäten, sind meine Schätze in Gefahr.
Arsene: Ein Schatz, die Pistolenkugel aus dem Kopf ihres großen Präsidenten Abraham Lincoln.
Stenson: Ach was ich wette, dahinter steckt Quackenbush.
Arsene: So ist es, Mr Quackenbush hat einen Experten beauftragt, die Kugel für ihn zu entwenden.
Stenson: Das sieht ihm ähnlich, na soll er, an meiner Alarmanlage wird sich sein Experte die Zähne ausbeißen.
Arsene: Gestatten sie mir, das zu bezweifeln, bei besagtem Experten handelt es sich nämlich um keinen geringeren als Arsene Lupin.
Mrs Stenson: Lupin, über den hab ich gerade was gelesen, Sugardaddy, in Life, das ist ein ganz gerissener Kerl, den kann nichts aufhalten, keine Stahltür, kein Alarm-system, überall kommt er rein und im verkleiden und maskieren ist er einsame spitze.
Arsene: Madame hat völlig recht, dieser dreiste Verbrecher hat es sogar gewagt, als hoher Beamter der Pariser Kriminalpolizei aufzutreten.
Mrs Stenson: Und charmant ist er, ein richtiger Frauenheld, stehen sie nicht herum, Helen, schenken sie ein.
Elaine: Sehr wohl Madame.
Arsene: Wenn ich ihre Sicherheitsvorkehrungen inspizieren dürfte Monsieur Stenson.
Stenson: Ich bitte darum, sie sind der Fachmann, sehen sie sich alles in Ruhe an.
Arsene: Merci Monsieur.
Stenson: Aber nicht mehr heute abend, bleiben sie über Nacht in einem unserer Gästezimmer, wissen sie was, würden sie uns die Freude machen bei uns zu wohnen, bis die Gefahr vorüber ist.
Arsene: Das heißt, bis wir den Burschen erwischt haben, mit Vergnügen Monsieur.
Mrs Stenson: Helen, richten sie das blaue Zimmer für den Herrn her.
Elaine: Sehr wohl, Madame.

Elaine: Am nächsten Abend wartete ich in meinem kleinen Dienstbotenzimmer unter dem Dach auf das verabredete Zeichen, ein dreimaliges Klopfen an der Tür, dem die gemeinsame Flucht aus dem Hause Stetson folgen sollte, leider schlief ich darüber ein, vielleicht lag es an der Nervenanspannung, vielleicht an Lorain Stenson, die sich nur zu gern damit beschäftigte ihr Hausmädchen zu beschäftigen, eine schrille Glocke riß mich aus rosaroten Träumen von mir und Arsene und den Niagarafällen, Madame befahl mich in ihr Boudoir, ein Blick auf die Uhr, es war zehn Minuten vor 3, mitten in der Nacht.

Mrs Stenson: Helen da sind sie endlich, wenn man sie mal braucht, dieser Verbrecher war hier, dieser.
Elaine: Lupin, Madame.
Mrs Stenson: Genau der, hier in unseren Haus, sei doch mal ruhig Cleopatra, ein Wunder, daß wir nicht alle in unseren Betten ermordet wurden, oh meine Nerven, bringen sie mir eine Flasche Bourbon.

Elaine: Gegen zwei Uhr, so erfuhr ich von Lorean und später von Lupin selbst war der Hausgast, der sich Ganimar nannte, aufgestanden, vorsichtig schlich er zu Stetsons Schatzkammer, er betrat sie, nachdem er die Alarmanlage abgeschaltet hatte und wollte gerade den Schrank öffnen der die ominöse Lincolnkugel enthielt als zwei Männer mit schußbereiten Revolvern durch die Tür kamen, der Hausherr und.

Arsene: Ganimar, schon wieder, also allmählich wirds langweilig, Sie sind ja wie das berühmte falsche fünf Franc Stück, übrigens sind sie sicher, daß sie wirklich Ganimard sind, nicht Lupin.
Ganimard: Mein Schnurrbart ist echt, und ihrer.
Arsene: Auh.
Ganimard: War nur angeklebt.
Arsene: Was für ein Glück, stellen sie sich vor, ich müßte ständig mit so einem Handfeger unter der Nase herumlaufen, Ganimard, Ganimard, sie haben gelauscht neulich im Palmerhaus, und dann sind sie zu Stetson petzen gegangen.
Stenson: Er hat mich angerufen, um mich zu warnen.
Arsene: Weil er mich doch noch in die Finger kriegen wollte, ist es nicht so, Freund meiner Jugend.
Ganimard: Als ich von Monsieur Stenson erfuhr, in seinem Haus gäbe es bereits einen Inspektor Ganimard, war mir alles klar, mit ihrer Maske haben sie sich aber keine große Mühe gegeben, Lupin, das soll ich sein.
Arsene: Was wollen sie, sie sind nun mal ein häßlicher Vogel.
Stenson: Was mache ich jetzt mit ihm, Lupin.
Ganimard: Sie machen gar nichts, Monsieur Stenson, das ist Sache der Polizei.
Stenson: In Paris mag das so sein, Inspektor aber nicht bei uns in Chigaco, nicht nur weil unsere Polizei unfähig und korrupt ist, wer kann nimmt das Gesetz in die eigene Hand, das ist gute amerikanische Tradition, ich werd ihnen sagen, was ich mache Inspektor, ich rufe meinen Freund und Partner Alfons Capone an, der schickt ein paar Leute vorbei, die nehmen Lupin mit und, goodby Arsen Lupin bzw. adieu.
Ganimard: Ich glaub nicht daß ich mich mit dieser Lösung anfreunden Inspektor.
Ganimard: Ich glaube nicht daß das eine gute Lösung ist, nein das glaub ich nicht, ich prostestiere.

Elaine: Das konnte Ganimard nicht, er protestierte wieder und ereiferte sich so sehr daß Stenson ihn schließlich aus dem Haus werfen ließ, armer Ganimard, aber vor allem armer Arsene, ich tat Lorain ein Schlafmittel in den Whisky, dann ging ich ans Werk, ich sollte eingreifen, wenn es nötig wurde, hatte mein Partner gesagt, jetzt war es nötig, sehr sogar, um drei Uhr fuhr eine schwarze Limousine durch die South Michigan Avenue, vor der Hausnummer 2300 hielt sie, Hotel Metropole stand an der Front des klotzigen siebenstöckiges Gebäudes, trotz der späten Stunde schlief hier anscheinend niemand, aus den hellerleuchteten Fenstern drang Musik und lautes Stimmengewirr.

Franky: Da sind wir.
Arsene: Was du nichts sagst, Genosse und wo sind wir.
Franky: Mr. Capones Hauptquartier, steig aus.

Elaine: Der Lift brachte sie in den 4. Stock, Lupin und seine beiden Wächter, sie gin-gen durch einen Gang der festlich geschmückt war, Blumen, bunte Papiergirlanden, amerikanische und italiensche Fahnen und ein mindestens 10 Meter langes Spruch-band, das in roten Lettern verkündete, 7 Jahre Prohibition, 7 Jahre Wohlstand.

Arsene: Die 7 fetten Jahre, was Genosse, und dann wirds mager, wie es schon in der Bibel steht.
Franky: Wieso Bibel, heute ist der 17. Januar, da feiern wir jedes Jahr seit sie 1920 den Alkohol verboten haben und außerdem hat der Boss heute Geburtstag, rechts geht’s rein.

Elaine: Hinter der Tür, die von zwei bulligen Torpedos mit Maschinenpistole bewacht wurde, lag ein Saal voller Menschen, Männer mit geölten Haaren in dunklen Anzügen und Gamschen, platinblonde Frauen in freizügiger Aufmachung drängten sich um einen feisten… er kaute grimmig auf einer riesigen Havanna herum, gestikulierte so heftig, daß der Diamant blitzte und funkelte wie ein Wetterleuchten.

Capone: Diese stinkenden irischen Schweine, ich reiche ihnen die Hand des Friedens und was tun sie, sie murksen mein guten Freund ab, Griechentheo, und das an meinen 28. Geburtstag, bene, dann eben wieder Krieg, Bierkrieg, diese verfluchten Nicks brauchen eine Lektion und sie sollen sie kriegen, von mir, wer ist dieser Kerl, Franky.
Franky: Den schickt ihnen Mister Stenson, Mr. Capone.
Capone: Richtig, so sehen also berühmte Verbrecher in Frankreich aus, klein, dünn nicht gerade imposant, hahaha.
Arsene: Es kann nicht jeder so fett und vollgefressen sein wie du mein Dickerchen.
Franky: Soll ich ihm die Fresse polieren, Mr Capone.
Capone: Laß ihn reden, Franky, Tote können mich nicht beleidigen, und du bist tot, Franzose, ja, du wolltest meinen Freund bestehlen, das darf man nicht.
Arsene: Seit wann hast du was gegen stehlen, Dickerchen, du bist doch selber der größte Dieb in Chigago.
Capone: Du irrst dich, Franzose, Capone ist kein Dieb, Capone nimmt keinem was weg, im Gegenteil, er gibt den Menschen was sie haben wollen, Schnaps, Bier.
Arsene: Manchmal eine Kugel oder den Basebaseschläger.
Capone: Du hast Mut, Froschfresser, du verdienst einen anständigen Abgang, setz dich, iss pasta, trink vino, Franky und Jonny, ihr paßt auf ihn auf und wenn ich das Zeichen gebe, bringt ihr ihn raus und fahrt ihn ein bißchen durch die Gegend, ihr wißt ja bescheid.
Franky: Ok, Mr Capone.
Elaine: Jetzt erschien ich auf der Bildfläche, nicht Helen, nicht Elaine und schon gar nicht Mary Kowalski oder Mrs Lier, ich war Loren Stetson, während die wahre Eigentümerin des Namens im Tiefschlaf vor sich hin schnarchte, hatte ich mich an ihren Schminktisch und in ihrem Kleiderschrank bedient, das Resultat war durchaus überzeugend, das fand nicht nur ich, das fand auch Mr Capone.
Capone: Mrs Stenson, bei mir, um diese Zeit.
Elaine: Oh Mr Capone, tun sie ihm nichts, nicht umbringen.
Arsene: Loraine, cheri, nein.
Elaine: Dieser Mann ist kein Dieb.
Capone: Aber ihr Mann hat doch.
Elaine: Mein Mann weiß nicht, was wirklich geschehen ist, heute nacht, Mr Capone, er hat sich bei uns eingeschlichen, um mich zu besuchen, und als mein Mann ihn erwischte, hat er sich als Einbrecher ausgeben, um meine Ehre zu schützen, Mr Capone, er wollte sich opfern.
Arsene: Geliebte, wie gern wäre ich für dich in den Tod gegangen.
Capone: Bella storia, bella romanza, wie in der Oper, wie von Maestro Verdi, ich beglückwünsche sie, Signora, und sie mein Freund, sie sind ein Kavaliere, ein wahrer Gentleman, da habt ihr zwei also dem guten Joe Stenson die Hörner aufgesetzt, haha.
Elaine: Sie sind auch ein Gentleman, Mr Capone.
Capone: Nehmen sie ihn mit, Signora oder noch besser, Franky und Jonny bringt die beiden zurück.
Franky: Kleine Spazierfahrt, Mr Capone.
Capone: No Idota, ihr setzt sie am Lakeshore Drive ab und zwar lebend, nehmt meinen großen Cadillac.
Franky: Die Prunkkarosse, den Panzerwagen.
Capone: Si, si.
Elaine: Danke, Mr Capone, sie sind ein Schatz, ich, ich muß sie umarmen.
Capone: Schon gut, schon gut Mrs Stenson. Arrivederci.
Arsene: Adieu mein Dickerchen, bleib sauber.

Elaine: Wir hätten das freundliche Angebot gern abgelehnt, aber das ging natürlich nicht, so fuhren wir mit Capones berühmten schwarzen Panzercadillac Richtung Norden, Arsene und ich saßen im Fond, Jonny steuerte, Franky hielt als Beifahrer die Augen offen.

Franky: Hey Jonny, wir werden verfolgt, der rote Lincoln hinter uns, fahr schneller, der Lincoln beschleunigt auch, ganz klar das sind Morris Leute, die haben es auf Mr Capone abgesehen, wird euch schlecht bekommen, Freunde.

Elaine: Franky war ein guter Schütze, der Linclon wurde in einem der Vorreifen getroffen, schleuderte, rammte eine Straßenlaterne, blieb stehen.

Franky: Halt an Jonny, wollen doch mal sehen, wer da drin sitzt.
Arsene: Es ist Ganimard, er war schon hinter uns, als Franky und Johny mich zu Capone brachten, er will sich vergewissern, daß er auch wirklich um die Ecke gebacht wird, ob er wohl unsere beiden Freunde davon überzeugen kann, daß er nicht zu Morris Gangstern gehört, festhalten Elanine. Ah. Elaine.
Elaine: Ich habs mir geholt als bei Stenson alles ruhig war.
Arsene: Gut gemacht, ich hab Quackenbush mein Wort gegeben, daß ich ihm die Kugel bringe und Arsene Lupin pflegt sein Wort zu halten, Elaine, ich bewundere sie wie sie um mich zu retten Capone den berüchtigen Al Capone zum Narren gehalten haben, das war ganz außerordentlich, was kann ich ihnen noch beibringen, sie sind keine Schülerin mehr, sie sind Meisterin, eine examierte, diplomierte, und summa cum laude promovierte Glücksritterin.
Elaine: Ein solches Lob aus ihrem Munde, Arsene, merci.

Elaine: Ich wartete im Wagen vor Quackenbush Haus, Lupin knackte das Türschloß, ging leise zur Schatzkammer und deponierte die angebliche Lincolnkugel in einer Vitrine, dabei ließ er sich Zeit, es dauerte ein gute halbe Stunde, bis er wieder vor dem Haus erschien, ich startete den Wagen, die Türen hatte ich verriegelt, als Arsene den Türgriff faßte, drehte ich mein Fenster um einige Millimeter nach unten.

Arsene: Öffnen sie, Elaine.
Elaine: Ach wissen Sie, Arsene, ich glaube, wir sind quitt, sie haben mich unter ihre Fittiche genommen, ich hab ihnen das Leben gerettet, vorhin habe ich Capone ohne daß er es merkte den Diamantring vom Finger gezogen, 50000 Dollar ist der wert, sagt man und die will ich eigentlich nicht mit ihnen teilen.
Arsene: Sie enttäuschen mich zutiefst, Mademoiselle.
Elaine: Nicht doch Arsene, ich bin bei ihnen in die Schule gegangen, in die Schule der Glücksritter und ich hab so gut gelernt, daß ich sogar sie, meinen Lehrer aufs Kreuz legen kann, sie sollten stolz auf mich sein, adieu.
Arsene: Aurevoir Elaine, hahaha.

Elaine: Warum Lupin lachte, wurde mir erst am nächsten Abend klar, in St. Louis, als ich die Zeitung las, ein Einbrecher hatte Quackenbush Tresor geöffnet und rund 300000 Dollar erbeutet in Banknoten und Wertpapieren, und meine Beute, der Capone-Diamant, war eine Imitation und ganze drei Dollar wert, vielleicht hätte ich doch noch etwas länger in die Schule gehen sollen.

Arsene Lupin: Manfred Zapatka
Elaine: Katharina Zapatka
Osgood P. Quackenbush: Michael Hanemann
Joseph Stanson: Gerd Grasse
Lauraine Stanson: Katharina Burowa
Inspektor Ganimard: Wolfgang Condrus
Al Capone: Martin Engler
Frankie / Papagei: Götz Schulte
Polizist: Christian Gaul
Ältere Dame: Ingrid Tribowski
Redaktion: Torsten Enders

1136. Die Alzheimergang - 14.08.2025 13:10 -
Michael Koser: Die Alzheimergang (Deutschlandradio 2002)

Stefan: Ich soll die Story erzählen, das haben Garbo und Harald und Hildchen so beschlossen. Ich weiß nicht wie ich das finde, klar ich gehör auch zur Alzheimergang, bloß irgendwie doch nicht so ganz richtig, weil ich bin erst 19 und Alzheimer ist noch weit hoffe ich mal, aber wenn die anderen unbedingt wollen, okay.

Garbo: Hören Sie sich das mal an: Gerade im Bereich der Seniorenpolitik, sagte Dr. Waldhorn, muß sich sehr viel ändern, unseren älteren Mitbürgern, sagen wir es doch ganz deutlich, geht es zu gut.
Harald: Was zu gut? Ja.
Stefan: Der spinnt, der Waldhorn.
Hildchen: Och, vielleicht hat seine Mutter ja recht.
Harald: Der Sie immer die Karten legen, Hildchen, ja, und was sagt die alte Isolde Waldhorn.
Hildchen: Sie sagt, ihr Sohn sei ein, entschuldigen Sie den Ausdruck, ein Vollidiot.

Stefan: Dr. Jürgen Waldhorn, Sozialdezernent unserer schönen Stadt Willsum, und Bürgermeister, will er jedenfalls werden, als Wahlkampfthema hat er die alten entdeckt, als sag ich mal, Buhmänner und Buhfrauen, weil es gibt in Willsum viel mehr junge und mittlere, und die sollen ihn dann wählen.

Garbo: Aber haben sich unsere Senioren nicht einen schönen Lebensabend verdient? Auf diese Frage unseres Mitarbeiters sagte Dr. Waldhorn, das ist sentimentales Gerede, Politik ist eine Sache der Vernunft, und die Vernunft verlangt in der Seniorenpolitik eine strikte Kehrtwendung.

Stefan: Wir sind bei Garbo in ihrer kleinen Wohnung im Seniorenstift Abendsonne, wir sind zu viert und lesen Zeitung, den Willsumer Courier, kurz WC, ich bin der Stefan, zur Zeit Zivi, ich mach meinen Dienst im Stift, meistens kümmere ich mich um Garbo.

Garbo: Unseren älteren Mitbürgern, so fuhr Dr. Waldhorn fort, lege ich mit allem Nachdruck Bescheidenheit ans Herz.
Harald: Bescheidenheit, ja, natürlich.
Garbo: Statistisch betrachtet sind Rentner ab 72 nichts als Kostenfaktoren.
Hildchen: Nein.
Garbo: Ja, insofern sollten sie den Anstand besitzen, die gebeutelten öffentlichen Kassen nicht über Gebühr zu strapazieren.
Harald: Schweinerei.
Garbo: Es kommt noch schlimmer.

Garbo: Man nennt mich Garbo, das ist eine hohe Ehre für eine Schauspielerin, und in aller Bescheidenheit eine nicht gänzlich unverdiente, ich war gut, 40 Jahre am Stadttheater Willsum, ich habe alles gespielt vom Gretchen bis zur Irren von Chaillot, jetzt bin ich 70 und sitze im Rollstuhl, verheiratet? Nie, außer mit der Kunst, denn das Naturell der Frauen ist so nah mit Kunst verwandt, Goethe.

Garbo: Ich bestreite keinesfalls das Recht der Alten auf eine angemessene Grundversorgung, sagte Dr. Waldhorn.
Harald: Angemessen, Grundversorgung.
Garbo: Ein Dach über dem Kopf im Heim, auskömmliche Ernährung, von mir aus auch ein kleines Taschengeld, warum nicht, doch ein Leben im Luxus, in Saus und Braus, nicht mit mir.
Hildchen: In Saus und Braus, Luxus?
Harald: Ich faß es nicht, ein unverschämter Kerl.

Harald: Harald, 66 und noch ziemlich munter, auch wenn es hier und da mal so ein bißchen kneift, vor allem im Kreuz, kein Wunder, ich hab mein ganzes Leben hart gearbeitet, auf dem Bau, bei der Küstenschiffahrt, als Staubsaugervertreter und als Puppenspieler, eine Zeit lang auch als Privatdetektiv, zuletzt war ich im öffentlichen Dienst, Grünflächenbetreuer auf dem städtischen Friedhof wegen der Rente, Witwer.

Garbo: Wenn die Willsumer mich zu ihrem Bürgermeister wählen, dann, das verspreche ich, kommen alle Wohltaten für unsere Senioren unnachsichtig auf den Prüfstand.
Hildchen: Uh, was wird das werden.
Garbo: Und warum nicht auch einmal mutig neues andenken, muß ein Greis noch Auto fahren?
Harald: Also das ist unverschämt.
Garbo: Ja. Soll eine senile 80 jährige noch wählen dürfen?
Harald: Senil, jetzt reichts, sollen wir uns so eine Sauerei gefallen lassen?
Stefan: Nein, also, man sollte wirklich was unternehmen, man sollte was unternehmen.
Hildchen: Vielleicht, wenn ich einen Leserbrief an den Courier schriebe.

Hildchen: Getauft bin ich Hildegarde, ein schöner Name, finde ich, aber die anderen sagen immer nur Hildchen zu mir, wie alt ich bin? Wissen sie, das verrät eine Dame nicht, um die 75? Da will ich nicht widersprechen, ich war Sachbearbeiterin im Finanzamt, das hat mir viel Freude gemacht, überhaupt war früher alles schöner, heute geht es mir gar nicht gut, ich habe Blutdruck und Kreislauf und Lungenpiepen und eine schwache Blase.

Harald: Leserbrief, das bringt doch nichts.
Stefan: Drucken die gar erst nicht ab.
Garbo: Wieviele Briefe an den WC haben sie bis jetzt geschrieben Hildchen.
Hildchen: 49.
Garbo: Sehen Sie.
Harald: In saus und braus, ha, der sollte mal am eigenen Leib spüren in welchen Verhältnissen viele alte leben müssen.
Stefan: Genau.
Garbo: Nicht nur reden Freunde, tuen.
Harald: Ja tun, tja, und was, was denn.
Garbo: Wir, entführen, entführen Waldhorn.
HIldchen: Oh.
Garbo: Und behandeln ihn so, wie ein Alzheimerpatient im sog. Pflegeheim behandelt wird.
Hildchen: Aber das ist doch kriminell.
Harald: Na und.
Garbo: Nur so können wir was erreichen, wir gründen eine kriminelle Vereinigung, um einem altenfeindlichen Politiker eine Lektion zu erteilen.
Stefan: Ja, wunderbar, genial.
Garbo: Wir brauchen einen Namen, das ist äußerst wichtig.
Stefan: Klar, wegen der Presse.
Hildchen: Vielleicht kommen wir ja sogar ins Fernsehen.
Garbo: Ein Namen mit Schlagkraft und Öffentlichkeitswirkung.
Harald: Mit Power.
Stefan: Und voll witzig muß er sein.
Garbo: So etwas wie Rentnergang.
Harald: Rentnergang.
Garbo: Ja.
Harald: Ne, bißchen langweilig, nicht.
Stefan: GAF.
Harald: GAF?
Stefan: Graue Armeefraktion.
Garbo: Seniorenarmeefraktion, SAF.
Harald: SAF. AK, alte Knacker, sagen sie doch auch mal was, Hildchen.
Hildchen: Die die drei Greißlein.
Stefan: Drei, vier wenn schon, ich mach natürlich mit.
Garbo: Vier Greißlein, nein, AG, AG kennt jeder.
Harald: Und was soll das heißen.
Stefan: Altengang.
Harald: Altengang, das ist irgendwie lahm, aktive Greise.
Hildchen: Und Greisinnen.
Stefan: Alles grufti.
Garbo: Was halten sie von Alzheimergang.
Hildchen: Oh.
Garbo: Plakativ, ironisch.
Harald: Alzheimergang, ja, das hat was.
Stefan: Das ist Spitze, ein Knaller.
Hildchen: Ich weiß nicht, ist das nicht ein kleines bißchen zu menschenverachend.
Harald: Ach was und wenn schon.
Garbo: Hildchen, Sie sind überstimmt, ab jetzt sind wir die Alzheimergang.
Harald: Gut. Super.
Hildchen: Wenn sie meinen.
Garbo: Meine Dame, meine Herren, beisammen sind wir, fanget an, Goethe.
Stefan: Ganz recht, schließlich haben wir was vor, den großen Waldhornentführungs- und Lektionserteilungsevent, soweit ok, Frage, wie und wo.
Garbo: Wir holen ihn aus dem Rathaus, aus seinem Dezernentenbüro.
Hildchen: Zimmer 14, Erdgeschoß rechts, Anmeldung Zimmer 13, bitte anklopfen.
Stefan: Vor über 15 Jahren hat sie aufgehört im Rathaus zu arbeiten und kennt sich immer noch bestens aus, tja, unser Hildchen, keine Spur von Alzheimer.
Garbo: Für die Durchführung der Aktion brauchen wir zwei Personen und einen Rollstuhl, wann findet die Sprechstunde für Behinderte im Rathaus statt.
Hildchen: Freitag vormittag 10 bis 11.
Garbo: Morgen also, Eile ist geboten, Hildchen, sie werden im Rollstuhl sitzen.
Hildchen: Ich, wieso ich, wäre es nicht besser sie, Garbo.
Garbo: Ja, leider geht das nicht, die Rollstuhlinsassin muß laufen können.
Hildchen: Ja, und Harald?
Harald: Ich, keine Zeit, ich muß derweil meinen Campingwagen umrüsten zur Waldhornbewahranstalt.
Garbo: Also bleibt es bei Hildchen, Stefan, sie schieben.
Stefan: Klar mach ich doch.

Stefan: Dann geht Garbo in die Einzelheiten, ein total cooler Plan, angesagt und abgefahren, astrein. Nächster Tag, Freitag, ich schiebe Garbos Reserverollstuhl durchs Rathaus mit Hildchen drin, die ist nervös.

Hildchen: Stefan, ich bin nervös.
Stefan: Nur die Ruhe, Hildchen, so wir sind da, Zimmer 13, sie wissen ja Bescheid.
Hildchen: Ja, ja aber ich müßte mir mal dringend die Hände pudern, die Nase waschen.

Stefan: Hildchen und ihre Blase, aber das ist jetzt nicht drin, erst entführen dann pinkeln, ich seh mich um, außer uns kein Mensch auf dem Flur, ich zieh mal meine blaue Skimütze runter und rein ohne anklopfen, am Schreibtisch sitzt eine dünne graue Maus im Kostüm.

Stefan: Morgen morgen.
Sekretärin: Guten Tag, sind sie angemeldet.
Stefan: Stehen sie auf, los.
Sekretärin: Was.
Stefan: Los.
Sekretärin: Was wollen sie, was.

Stefan: Ich halte ihr die dicke Walterpistole vor die Nase, die ist von Harald, ein Souvenir aus seiner Zeit als Privatdetektiv, eine Nachbildung aus Plastik, aber das weiß die graue Maus nicht, sie tut was ich sage, ich nehm sie mit rein zu ihrem Chef, der blickt hoch und wundert sich.

Waldhorn: Elsa, was hat das zu bedeuten?
Stefan: Ganz ruhig, machen sie ihren Gürtel auf, lassen sie die Hosen runter und bücken sie sich, na wirds bald.
Waldhorn: Was?

Stefan: Er will nicht, aber er muß, bis es soweit ist, scheuch ich die graue Maus ins exklusive Dezernentenklo.

Waldhorn: Sie sind wohl nicht bei Trost.

Stefan: Waldhorn präsentiert seinen lilienweißen Fettarsch und macht ein Gesicht wie ein Vegetarier, der in eine Bockwurst beißt, ich hau ihm die Spritze rein, volle Dröhnung, dann darf er sich wieder anziehen, das schafft er gerade noch, bevor er sich auf den Perser legt und wegschnarcht, soweit alles klar.

Stefan: Der Kerl ist schwer, helfen sie mir, ihn in den Rollstuhl zu bugsieren, beide Beine, so geschafft, und jetzt die Decke, damit mumeln wir ihn schön ein, und den Hut nicht vergessen, sieht er nicht klasse aus, wie Adolf der Spasti.
Hildchen: Was sie so von sich geben, oh können wir jetzt endlich auf die Toilette.
Stefan: Moment, Moment, erst das Bekennerschreiben, tatatata, Beethoven.

Stefan: Auf Garbos Computer geschrieben, kurz und auf den Punkt, wir haben Dr. Waldhorn aus dem Verkehr gezogen, wenn er gelernt hat, daß alte auch Menschen sind kriegt Willsum ihn zurück, gezeichnet die Alzheimergang, Rächerinnen der Renterinnen und Heiminsassinnen, dreimal groß In, das ist Hildchen, die jetzt endlich verschwinden darf, auf öffentliche Rathausklo neben dem Ausgang. Vor dem Rathaus steht die Beulenpest, das ist der uralte Behinderten-Transporter vom Wohlfahrtsverband, mit dem ich sonst Garbo durch die Gegend kutschiere, Rollstuhl rein und weg vom Rathaus, so schnell es geht, raus aus der Stadt, Harald hat den umgebauten Campingwagen am Wald geparkt, die andern warten schon.

Stefan: Melde gehorsamst, alles planmäßig, keine besondere Vorkommnisse, wie seht ihr denn aus.
Garbo: Wir haben uns maskiert, ich bin die Kömödie, das ist ihre Maske, Hildchen, danke, die Tragödie, paßt genau.
Stefan: Und Harald ist der Zirkus oder was.
Harald: Zirkus, aus meinem Fundus, Echthaar, knallrot und dann noch die Pappnase.
Harald: Nur kein Neid, helfen sie mir, unseren Freund in den Wagen zu schleppen.

Stefan: Eine halbe Stunde später kommt Waldhorn zu sich, er stöhnt, er schüttelt sich ein bißchen, er macht die Augen auf.

Waldhorn: Wo bin ich, was ist los.
Garbo: Du bist im Pflegeheim, Opa.
Waldhorn: Unsinn ich bin nicht alt, krank auch nicht.
Harald: Total weggetreten der Opa, 80 ist er, Alzheimer hat er.
Waldhorn: Ich kann mich nicht rühren.
Garbo: Natürlich nicht, du bist festgeschnallt.
Waldhorn: Festgeschnallt, wozu festgeschnallt.
Harald: Damit du keinen Quatsch machst, Opa.
Stefan: Zum Beispiel weglaufen oder dich aufhängen.
Harald. Kuck mal der Fleck.
Garbo: Wir hätten ihn windeln sollen.
Harald: Wozu der Umstand, Opa kriegt einen Katheter rein und fertig.
Waldhorn: Machen sie mich sofort los.
Garbo: Vielleicht hat er Hunger.
Stefan: Hier Opa, hau rein.
Waldhorn: Wäh, was ist denn das.
Harald: Gutes Schappi.
Waldhorn: Hundefutter, pfui teufel.
Garbo. Kaviar möchte er, Austern, filet mignon.
Harald: Unverschämt und verfressen, hör mal zu Opa, hier wird gegessen was auf den Tisch kommt.
Stefan: Saus und Braus kannst du dir aus dem Kopf schlagen.
Garbo: Grundversorgung, was anderes gibt’s nicht.
Harald: Und wenn dir das nicht paßt Opa, dann kriegst du gar nichts, hast du das verstanden, ja.
Waldhorn: Also schluß mit lustig, meine Herrschaften, lassen sie mich auf der Stelle frei, was sie hier aufziehen, das wird sie teuer zu stehen kommen, Entführung, Körperverletzung, Nötigung, sie wandern alle in den Knast, auf Jahre.
Stefan: Dieser Opa reißt immer noch das Maul auf.
Garbo: Ich fürchte da müssen wir andere Maßnahmen ergreifen.
Harald: Brechen wir ihm ein Bein, damit er merkt, wie es ist, behindert zu sein.
Waldhorn: Nein.
Harald: Beide Beine, am besten wir bringen ihn gleich ganz um.
Garbo: Oh nein nicht übertreiben, Harald

Stefan: Plötzlich fängt er an zu zucken, der Waldhorn, er gurgelt, verdreht die Augen, läuft blau an, sein Unterkiefer fällt runter, dann ist er still, ganz still.

Stefan: Der markiert doch, oder.
Harald: Nein, nein, er ist uns abgekratzt, Herzanfall, so fett wie der Typ war.
Garbo: Abgekratzt, das ist menschenverachtend.
Harald: Quatsch menschenverachtend, egal, abgekratzt, krepiert.
Garbo: Er ist entschlafen.
Stefan: Hat den Löffel abgegeben.
Garbo: Was auch immer, Waldhorn ist tot und wir haben ihn auf den Gewissen.
Stefan: Blödsinn, auf dem Hals haben wir ihn.
Garbo: Das heißt seine Leiche.
Stefan: Die müssen wir entsorgen.
Harald: Ja das wird nicht einfach.
Garbo: Bestimmt sucht ihn schon die Polizei.
Hildchen: Und uns sucht sie auch.
Harald: Ja, also wir könnten ihn zerlegen in handliche Stücke und die fahren wir einzeln im Rollstuhl zu ihm.
Stefan: Oder wir verteilen sie auf die Schließfächer im Bahnhof.
Garbo: Zu komplizert und zu langwierig, inhuman und ekelhaft, das viele Blut, der Geruch.
Harald: Wie dann, wir können ihn nicht einfach in den Wald schmeißen.
Stefan: Und ihn ins Rathaus zurückbringen, das geht schon gar nicht.
Garbo: Wir tun das, was wir auch mit dem lebenden Waldhorn getan hätten, wir setzen ein Zeichen und legen ihn aus, mit einem Schreiben der Alzheimergang, etwa so, ich habe es vorgezogen frühzeitig abzuleben, um nicht später der Rentenkasse zur last zu fallen.
Harald: Und wo legen wir ihn aus.
Garbo: Wo nachts keiner ist und wo man ihn tagsüber findet.
Hildchen: Am Störkebekerdenkmal.

Stefan: Gute Idee, der berühmte Pirat steht auf einem künstlichen Hügel, hinter dem Teich, zwischen Büschen und Bäumen, ein echtes Kunstwerk, 100 % Bronze, vollbracht hat das gute Stück Hinrich Müller Willsum, Kunsterzieher am Gymnasium, gesponsert hat es der Krösus von Willsum, Wilhelm Waldhorn selig, Jürgens Vater, da liegt so ein Mann richtig.

Harald: Wir treffen uns am Denkmal, Stefan, um Mitternacht.
Garbo: Nacht muß es sein, wenn Friedlands Sterne strahlen, Schiller.
Stefan: Ok, dann werde ich sie mal nach Hause fahren, meine Damen.

Stefan: Hildchen steigt schon vorher aus, weil sie muß dringend auf den Friedhof und ihrer Freundin Gerda alles ganz genau erzählen, die liegt da seit gut zehn Jahren, nachts um 12 fahre ich bei Herrn Störtebeker vor, mit dem Rad, die Beulenpest steht wieder in der Garage beim Wohlfahrtsverband, Harald wartet schon, wir holen Waldhorn aus dem Campingwagen und legen ihn direkt vors Denkmal.

Harald: Ruhe in Frieden, bis morgen früh wenn Gott will, ach, mein Rücken also ich muß ins Bett, kommen sie mit, Stefan.
Stefan: Ich bleib noch ein paar Minuten sitzen, bißchen meditieren, zu Ruhe kommen, war ein aufregender Tag.
Harald: Weißgott, und äh unser Freund stört sie nicht?

Stefan: Ach wo, ich hab keine Angst vor Waldhörnern, schon gar nicht wenn sie tot sind, ich stecke mir eine Zigarette an, Hildchen würde sofort aufstand machen wegen Umwelt und Gesundheit, aber Hildchen ist ja nicht da, auf einmal sehe ich zwei Autoscheinwerfer, die kommen genau auf mich zu, ich kriech mit dem Rad hinter einen Busch, genau vor dem Denkmal hält das Auto, was soll ich ihnen sagen, es ist ein Leichenwagen, zwei schwarze Figuren steigen aus, greifen sich unseren Waldhorn, schieben ihn ins Auto und ab zurück Richtung Stadt, der ganze Horror dauert nur ein paar Sekunden, ich aufs Rad und hinterher, ich bleib dran, der Leichenwagen fährt nicht sehr schnell, am Friedhof wird er noch langsamer und dann hält er vor dem Bestattungsinstitut Pietät und Takt, da tragen sie ihn rein, den Waldhorn, die zwei Figuren, im Licht der Straßenlaterne erkenne ich sie, Peter Todel, Inhaber von Pietät und Takt und Marlies Waldhorn, Jürgen Waldhorns Frau, also eigentlich eher Witwe, ich pirsch mich näher ran, versteck mich in der dunklen Toreinfahrt vom Krematorium, nach 5 Minuten sind Thode und Marlies Waldhorn wieder draußen, ich kann hören, was sie sagen, das heißt zuerst sagen sie gar nichts, sie umarmen und küssen sich, nanu.

Peter: Marlies.
Marlies: Mein Peterchen, das ist unsere Chance, Peterchen, der taut nicht mehr auf.
Peter: Der liegt sicher im Sarg von Steuerberater Mienzen, montag ist die Bestattung.
Marlies: Und wir können ohne Probleme meinem alten Drachen von Schwiegermutter 1 Million aus der Nase ziehen.
Peter: Ohne Probleme, also ich weiß nicht.
Marlies: Das überlaß mal deiner Marlies, Peterchen, wir machen einen Superplan morgen.
Peter: Telefonisch.
Marlies: Spinnst du.
Peter: Also wir treffen uns, wo.
Marlies: Nicht bei mir, hier am besten, in deinem Büro, morgen früh um 9.
Peter: Morgen ist Sonnabend, da ist nichts los bei mir, gut, Marlies, mußt du wirklich schon gehen.
Marlies: Mein Mann ist entführt worden, hast du das vergessen, ich bin aufgelöst, außer mir, bis morgen Peterchen.
Peter: Ich liebe dich, Marlies.
Marlies: Ich dich auch, Peterchen, setz dich gleich ran, mach den Brief fertig.

Stefan: Ich wartete, bis beide weg sind und im Friedhof wieder Ruhe einkehrt unter dem bleichen Schein des Mondes, Goethe, würde Garbo sagen, apropos Garbo, ich strample wie Jan Ullrich zum Stift und klingele die drei anderen raus, die Alzheimergang hält Kriegsrat, nachts um 1.

Hildchen: Also Herr Tode und Marlies Waldhorn haben was miteinander, oh das finde ich interessant.
Garbo: Interessanter ist doch die Frage, wieso waren die beiden über unsere Aktivitäten informiert.
Harald: Allerdings, das kann doch kein Zufall sein, daß die kurz nach 12 beim Störtebekerdenkmal aufkreuzen, um den toten Waldhorn einzusammeln.
Stefan: Die wußten genau Bescheid, wann und wo.
Harald: Wer von uns hat nicht dichtgehalten, Stefan?
Stefan: Also ich hab keinem was gesagt.
Garbo: Ja ich auch nicht, und sie Harald.
Harald: Also ich kann mein Maul halten.
Hildchen: Warum sehen sie mich alle so an, von mir hat niemand was erfahren, außer Gerda natürlich.

Stefan: Ihrer Freundin Gerda auf dem Friedhof sagt Hildchen alles, das muß sein, das tut ihr gut, sagt sie, sie hat das mal im Fernsehen gesehen in einem alten Western, der Teufelshauptmann, da geht John Wayne immer zum Grab seiner Frau und erzählt ihr, na egal.

Stefan: Gerda wird wohl kaum was weitergesagt haben.
Harald: Da bin ich nicht so sicher, was haben sie ihr erzählt, Hildchen.
Hildchen: Na alles, daß wir Herrn Dr. Waldhorn entführt haben, daß er uns dabei leider weggestorben ist.
Garbo: Und daß wir ihn am Störtebekerdenkmal ablegen wollten um Mitternacht.
Hildchen: Ja natürlich.
Harald: Ja dann ist die Sache klar, ganz nah bei Gerdas Grab, eine Reihe weiter ist die Familiengruft der Waldhorns, jeden Mittag ist Marlies Waldhorn da am putzen, den Stein scheuern, Unkraut zupfen, darauf besteht die alte Isolde Waldhorn seit Jahren.
Garbo: Marlies hat mitgehört.
Harald: Ja, so laut wie Hildchen immer schreit.
Hildchen: Das muß ich doch, Gerda hört ja so schwer.
Stefan: Also Marlies Waldhorn ist genau informiert, und was macht sie, trauert sie, kein Stück, geht sie mit ihrem Wissen zur Polizei, auch nicht, sie geht zu ihrem Liebhaber, Peter Thode von Pietät und Takt, zusammen entführen sie Jürgen Waldhorn zum zweiten mal, um Isolde Waldhorn 1 Million abzutricksen.
Garbo: Eigentlich kein wunder so knapp wie die alte Sohn und Schwiegertochter hält.
Hildchen: So was macht man nicht, frau erst recht nicht.
Harald: Das ist unter Unternehmen, wir haben Waldhorn entführt.
Garbo: Aus idellen Gründen.
Stefan: Die zwei hängen sich einfach an, als Trittbrettfahrer.
Garbo: Schnöden Mammon.
Harald: Die Suppe werden wir ihn versalzen.
Garbo: Dazu müßten wir erst in Erfahrung bringen, was genau sie vorhaben, schwierig.
Harald: Och, das will ich nicht sagen, schließlich war ich mal Privatdetektiv, meine Ausrüstung ist sicher nicht mehr der letzte Schrei, inszwischen gibts bessere Sachen aber für unsre Zwecke reichts, schließlich haben wir es nicht mit der Russenmafia zu tun, Stefan, für uns zwei beide ist der Arbeitstag noch nicht vorbei, kommen sie mit.
Stefan: Wohin denn.
Harald: Erst zu mir und dann zum Institut Pietät und Takt.
Garbo: Und was wollen sie da, Harald.
Harald: Einbrechen meine liebe.

Stefan: Und zwar durchs Fenster, geht wie geschmiert, unter dem Schreibtisch in Thodes Büro klebt Harald eine Wanze, ein Kästchen so groß wie eine Zigaretten-schachtel, Mikrophon und Sender, schaltet sich morgen früh um 9 automatisch ein, hoffentlich, ich steh solange Schmiere. Am nächsten Morgen treffen wir uns schon um 8 bei Garbo, total verpennt, aber sonst gut drauf, bringt die Zeitung mit, den Curier, Riesenschlagzeile, Politiker entführt.

Garbo: In den Vormittagstunden des gestrigen Tages wurde Sozialdezernent Dr. Jürgen Waldhorn das Opfer einer Entführung, wie Elsa, seine Sekretärin berichtete etc sie hat Lärm geschlagen, gehört, die Toilette aufgebrochen, Polizei verständigt, die Kripodienststelle setzte eine Sonderkommission unter Leitung von Kommissar Kleingeld ein, bis jetzt ohne Ergebnis.
Stefan: Und unser Bekennerschreiben.
Garbo: Bekennerschreiben, Moment, das am Tatort vorgefundene Schreiben hält die Polizei wie verlautet für eine bewußte Irreführung, die Entführer, so Kommissar Kleingeld versuchten den Anschein zu erwecken, es handele sich bei ihnen um aufgebrachte Senioren, dies sei ein plumpes durchsichtiges Täuschungsmanöver, die Polizei gehe von einem terroristischen Hintergrund aus.
Harald: Ach ne.

Stefan: Sonnabend, morgens um 9 auf dem Friedhof, nicht weit von Kapelle und Krematorium, steht ein Rollstuhl, wie es der Zufall will, direkt an der Rückfront des Bestattungsinstituts Pietät und Takt, im Rollstuhl sitzt natürlich Garbo, sie trägt ein paar Kopfhörer, unter ihrem Schoß liegt ein Walkman, unter der Decke ist Haralds Empfänger versteckt, gerade ist die Wanze angesprungen.

Marlies: Der Brief, Peterchen, ist der Brief fertig.
Peter: Zwei Stunden hab ich am PC rumgeschnippelt und dann noch eine halbe Stunde geklebt.
Marlies: Hoffentlich mit Handschuhen.
Peter: Natürlich, das war gar nicht leicht, Marlies.
Marlies: Zeig mal her. Ihr Mann ist unserer Gewalt, sie können ihn zurückerhalten gegen 1 Mio, keine polizei sonst kriegen sie ihn stückchenweise, das ist unser Ernst, Muster anbei.
Peter: Hier ist das Ohr Marlies.
Marlies: Ih nimm das weg, pack das ein in Alufolie. Weiteres später die Entführer, gut so, damit geh ich zum alten Drachen und sag, ich hab beides, Brief und Ohr, heute früh im Briefkasten gefunden.
Peter: Was denkst du Marlies, wird sie dir das Geld geben.
Marlies: Die spuckt die Million aus, da bin ich sicher, und dann mein Peterchen sind wir reich.
Peter: Ach Marlies.
Marlies: Das Geld ist sie mir schuldig, sie hat nie was für mich getan, und für Jürgen auch nicht meinetwegen, nicht mal eine Lebensversicherung konnte er sich leisten.
Peter: Wir sollten das Geld in meinen Betrieb stecken.
Marlies: Vielleicht Peterchen.
Peter: Und wie gehts weiter.
Marlies: Das besprechen wir heut abend, wenn wir wissen wie die alte reagiert.
Peter: Wieder hier.
Marlies: Gleiche Stelle gleiche Welle, halb acht
Peter: Marlies.
Marlies: Mein Peterchen
Peter: Die alten, diese Alzheimergang.
Marlies. Ach die haben kein Ahnung was los ist, die zittern vor sich nicht, um die mußt dir keine Sorgen zu machen und um die Polizei auch nicht, komm her mein kleines großes Peterchen.
Peter: Ach Marlies.

Stefan: Drei Stunden später klingelt bei Hildchen das Telefon, sie wird in die Villa Waldhorn beordert, Isolde will sich die Karten legen lassen.

Garbo: Genau wie wir uns gedacht haben, Hildchen sie wissen was sie zu tun haben.
Hildchen: Ja, mir ist gar nicht wohl dabei, die Zukunft aus den Karten lesen, uh, ist eine ernst Sache, daß ich da.
Harald: Passen sie mal auf, Hildchen, sie haben uns da reingeritten weil sie auf dem Friedhof ihr Maul nicht halten konnten.
Hildchen: Harald bitte.
Garbo: Harald hat recht sie haben was gutzumachen Hildchen also los und viel glück

Hildchen: Ich sehe eine große Krise, vor ihnen liegt eine schwere Prüfung, Frau Waldhorn.
Isolde: Stimmt genau.
Hildchen: Es geht um viel sehr viel, um Leben und Tod.
Isolde: Und um eine Menge Geld.
Hildchen: Oh ich sehe Gefahr, vertrauen sie keinesfalls Ämtern, Behörden, von diesen geht ein starker negativer Einfluß aus, oh, was ist das.
Isolde: Was denn, was sehen Sie.
Hildchen: Ein Mann wird in ihr Leben treten, Frau Waldhorn.
Isolde: Was soll ich mit dem, ich brauch keinen Mann.
Hildchen: Dieser Mann ist nicht mehr jung, Frau Waldhorn.
Isolde: Auch das noch.
Hildchen: Doch wird er ihnen in ihrer Krise beistehen, vertrauen sie ihm.

Stefan: Am Nachmittag taucht ein unbekannter Besucher in der Villa Waldhorn auf, ein breiter älterer Herr in einem Anzug, der bessere Tage gesehen hat, wie sein Besitzer, mit einem Wort, Harald.

Harald: Meine Karte, gnädige Frau.
Isolde: Harald Schauermann, Privatdetektiv, was verschafft mir die Ehre.
Harald: Die Ehre ist ganz meinerseits, gnä Frau.
Isolde: Davon bin ich überzeugt, was wollen sie.
Harald: Gnädige Frau, ich bin Detektiv, in diesem Beruf weiß man, was andere nicht wissen, man hat sein Ohr wenn ich so sagen darf an der Polizei und der Unterwelt.
Isolde: So.
Harald: Ja.
Isolde: An der Unterwelt von Willsum, und was hört man da so.
Harald: Die Entführer ihres Sohnes fordern ein Lösegeld.
Isolde: Sie sind gut informiert, Herr Schauermann.
Harald: Das bringt wie gesagt der Beruf so mit sich.
Isolde: Eine Million wollen sie haben.
Harald: Aha, und werden sie zahlen, gnä Frau.
Isolde: Für Jürgen, diesen Vollidioten, eigentlich hat er es nicht verdient, aber Blut ist dicker als Wasser.
Harald: Sie sagen es gnä Frau.
Isolde: Ein Ohr haben sie ihm schon abgeschnitten.
Harald: Entsetzlich, die Polizei.
Isolde: Bleibt draußen.
Harald: Ganz ihrer Meinung doch ohne professionellen Beistand wird es nicht gehen.

Stefan: Das sieht Isolde Waldhorn auch so. Sie heuert Harald an, 150 Euro pro Tag und Spesen, sie zeigt ihm das Entführerschreiben und das Ohr, wenn die Entführer sich wieder melden will sie Harald sofort verständigen. Abends kurz vor 8 auf der Straße vor dem Institut Pietät und Takt, parkt Haralds alter Toyota, Harald hat die Sitzlehne zurückgestellt und macht ein Nickerchen so sieht es jedenfalls aus, in Wirklichkeit hört er mit, Marlies Waldhorn und Peter Thode arbeiten an ihrem Plan.

Marlies: Die alte halt angebissen, Peterchen.
Peter: Toll, und was ist mit der Polizei.
Marlies: Keine Polizei aber sich hat einen Privatdetektiv eingeschaltet.
Peter: Ach herrje, was machen wir denn da, alles abblasen.
Marlies: Kommt gar nicht in die Tüte, wir planen um, das ist alles, daß ich die Million in stockfinsterer Nacht einem Typ mit Maske übergebe, das läuft jetzt nicht mehr, etwas komplizierter müssen wir es schon machen.
Peter: Ja aber aber wie.
Marlies: So wirds gehen, ich bin morgen bei der alten und sage ich hab gerade einen Anruf gekriegt mit genauen Anweisungen für die Geldübergabe, die soll Montag stattfinden, am hellichten Tag auf dem Friedhof.
Peter: Und der Privatdetektiv.
Marlies: Den wird Isolde auf den Wolkenkratzer schicken.

Stefan: Der Wolkenkratzer ist das einzige Hochaus in Willsum, 8 Stockwerke, gewaltig, das Ding steht gleich am Friedhof und gehört Isolde Waldhorn.

Peter: Aber von da oben kann er den ganzen Friedhof überblicken.
Marlies: Da soll er auch mein Peterchen.
Peter: Versteh ich nicht.
Marlies: Paß mal auf, du hast doch eine Bestattung am Montag.
Peter: Ja, Steuerberater Mienzen, 14 Uhr.
Marlies: Richtig, wo Jürgen mit im Sarg liegt, bestens, wann bringt ihr den Sarg in die Friedhofskapelle.
Peter: Eine Stunde vorher.
Marlies: Um eins, gut also ich sag Isolde folgendes, ich soll Montag vormittag um 11 am Tor zum Friedhof sein mit der Million.
Peter: In 500er unmarkiert.
Marlies: Natürlich, in einer Alditüte.
Peter: Alditüte.
Marlies: Das ist ganz wichtig, und ein Handy soll ich mitbringen, für weitere Anweisungen, um 11 am Tor werd ich angerufen.
Peter: Von wem.
Marlies: Ach mein Peterchen, ich tue so also ob, dann geh ich mit dem Geld.
Peter: In der Alditüte.
Marlies: In der Alditüte damit geh ich zur Kapelle, ich geh rein, um die Zeit ist bestimmt keiner drin.
Peter: Montag um 11, kein Schwanz und dann.
Marlies: Ich schließ den Schrank hinten rechts auf.
Peter: Wo die Plastiklilien drin sind und die schwarzen Bänder.
Marlies: Genau, den Schlüssel krieg ich von dir, du hast doch einen zweiten.
Peter: Ja aber.
Marlies: Ich leg die Tüte in den Schrank und hol die Alditüte raus, die du nachts reingetan hast.
Peter: Ich nachts Alditüte, was ist denn da drin.
Marlies: Papier, mein Peterchen zurechtgeschnitten, 2000 Blatt Papier, jedes so groß wie ein 500 Schein.
Peter: Ich versteh.

Stefan: Wird aber auch Zeit, Marlies Waldhorn schließt den Schrank wieder zu und marschiert mit der Tüte voller Papier weiter über den Friedhof, unterwegs kriegt sie immer neue Anweisungen übers handy, eine richtige Schnitzeljagd, wie beim Kindergeburtstag, schließlich landet sie am Mausoleum der Grafen von Willsum in der hinteren Friedhofsecke.

Marlies: Da leg ich die Tüte hin und verschwinde und wenn du den Sarg in die Kapelle schaffst, Peterchen.
Peter: Hol ich die Geldtüte aus dem Schrank, tu sie in meine große schwarze Tasche bring sie ins Büro.
Marlies: Und da deponierst du die Millon in deinem Safe.
Peter: Marlies, du bist ein Genie.
Marlies: Da könntest du recht haben, Peterchen, wenn sie später am Mausoleum nachsehen, finden sie die Tüte mit dem Papier und wundern sich sehr.
Peter: Marlies, ich hab eine Idee.
Marlies: Ist es denn die Möglichkeit.
Peter: Sie würden sich noch viel mehr wundern, wenn sie eine leere Tüte finden.
Marlies: Sicher aber was mach ich mit dem Papier.
Peter: Es ist gar kein Papier drin.
Marlies: Sondern.
Peter: Blätter, alte Blätter, wie sie jetzt überall auf dem Friedhof herum liegen, die schüttest du aus.
Marlies: Hinter der Hecke, da kann man mich vom Hochhaus nicht sehen, dann liegt da nur noch eine leere Tüte, hokuspokus, Geld hat sich in Luft auflöst, das ist gut Peterchen und zur selben Zeit geht der liebe Jürgen in Rauch auf, innig vereint mit Steuerberater Mienzen.
Peter: Und wir sind Millonäre.
Harald: Das haben die sich so gedacht.
Stefan: Wir sind die Entführer.
Garbo: Diesen Opportunisten, wir werden ihnen das Handwerk legen.
Hildchen: Also ich weiß nicht, ist es nicht unmoralisch, sollten wir nicht lieber dafür sorgen, daß Frau Waldhorn, ich meine Isolde Waldhorn ihr Geld zurück bekommt.
Stefan: Die kann das verschmerzen, die hat genug.
Hildchen: Können wir es nicht wenigstens für einen guten Zweck.
Garbo: Das tun mir doch, wir verwenden es für uns, ein besseren zweck kann ich mir nicht vorstellen, jeder von uns bekommt eine viertel Million, 250.000 Euro.
Harald: Da lacht die Prostata, da quietscht der Rollstuhl.
Garbo: Langsam, meine Herrschaften, wir haben sie noch nicht.
Harald: Das ist doch nur noch Formsache, Garbo, wie siehts aus Stefan, haben sie heut nacht Zeit.
Stefan: Eigentlich wollte ich mit Melanie in die Disco, aber wenn die Gang ruft, was liegt an, Harald.
Harald: Wir brechen wieder ein.
Stefan: Institut Pietät und Takt.
Harald: Haargenau.
Stefan: Um die Wanze abzubauen.
Harald: Die kann noch bleiben, ich muß einen Wachsabdruck nehmen den Schlüssel.
Stefan: Für den Schrank.
Hildchen: In der Kapelle.
Garbo: Eine Alditüte brauch ich auch.

Stefan: Sonntag, Ruhetag, die Ruhe vor dem Sturm, Marlies Waldhorn erzählt ihrer Schwiegermutter das Märchen von der komplizerten Geldübergabe, Isolde Waldhorn ruft Privatdetektiv Harald an, der verabredet sich mit ihr und feilt ansonsten einen Schlüssel zu, die Sonderkommission der Kripo sucht nach Dr Jürgen Waldhorn oder einer heißen Spur und findet beides nicht, ich sammel im Stadtpark Blätter ein, abends treff ich mich mit Melanie, wir krachen uns extrem, ich mache alles wieder gut, nehm ich mir vor, nach dem großen Coup. Montag, es ist soweit, die Sonne scheint, goldener Oktober, wie es in der Fernsehwerbung heißt, um halb elf in der Villa Waldhorn, Isolde, Harald, Marlies und das Geld, hat es vorbeigebracht, der Sparkassendirektor, in grauer Vorzeit Isoldes Tanzstundenherr.

Harald: Hat er kein Fragen gestellt.
Isolde: Wäre ja noch schöner, ich bin seine beste Kundin.
Marlies: Ich hab gedacht 1 Mio ist viel schwerer.
Harald: Na ja 2500 in 200 10erpacks, haben sie das Handy.
Marlies: Hab ich.
Harald: Dann los, nur Mut, ich hab sie die ganze Zeit im Auge.
Isolde: Ich auch.
Harald: Aha, sie wollen mich begleiten gnädige Frau.
Isolde: Sie begleiten mich, Herr Schauermann, ich will mir die Sache selbst ansehen.
Harald: Höchstpersönlich, immerhin geht’s um ihren Sohn.
Isolde: Eine Mio, meine Million, kommen sie, wir nehmen den Mercedes.

Stefan: 5 nach 11, vom Flachdach des Wolkenkratzers spähen zwei Figuren runter zum Friedhof, Harald guckt durch seinen alten Zeissfeldstecher, Isolde durch ihr goldenes Opernglas, das braucht sie bei Premieren im Stadttheater, man hat ja Kultur, beide beobachten wie Marlies das Handy wegsteckt und den Friedhof betritt.

Harald: Sie geht nach rechts zur Kapelle, sie macht die Tür auf, geht rein.
Isolde: Glauben sie die Übergabe soll in der Kapelle.
Harald: Nein, nein, sie kommt schon wieder raus, immer noch mit der Tüte.
Isolde: Sie hat das Handy am Ohr.
Harald: Vermutlich schickt man sie weiter.

Stefan: So ist es oder so siehts aus, Marlies geht weiter zum Ententeich, zum Komposthaufen, zur waldhornschen Familiengruft, dann ist sie am Mausoleum der Grafen von Willsum, sie verschwindet hinter der Hecke, ganz kurz, nur 2,3 Sekunden sie taucht wieder auf und schreitet zügig zum Ausgang.

Isolde: Die Tüte, wo ist die Tüte, sie hat die Tüte mit dem Geld nicht mehr.
Harald: Die Tüte, sie muß sie am Mausoleum liegengelassen haben, das da ist sie.
Isolde: Wo.
Harald: Na direkt an der Hintertür, der braune Fleck zwischen den brauen Blättern.
Isolde: Ja, und was machen wir jetzt.
Harald: Wir warten, bis jemand kommt und das Geld holt.

Stefan: Sie warten, Tüte und Mausoleum immer vor der Linse, darum kriegen sie auch nicht mit, was weiter vorn an der Kapelle abläuft, ein gutausehender junger Mann mit Kinnbart, Stefan ist sein werter Name, schiebt einen Rollstuhl mit einer alten Dame genannt Garbo nicht hektisch in die Kapelle, ich stelle fest, kein Mensch drin, Haralds Nachschlüssel zum Schrank klemmt ein bißchen, aber dann dreht er sich doch, ich nehme die Alditüte mit den vielen schönen 500er raus, Garbo holt die Alditüte mit den vielen schönen Blättern unter ihrer Decke vor, wir tauschen, Schrank wieder zu und tschüß, am Friedhofstor steht eine Bank, da lassen wir uns nieder, Garbo macht ein Nickerchen, keine Nerven die Frau, es schlägt 12 vom Rathaus-turm, es schlägt viertel, es schlägt halb eins, Harald und Isolde sind immer noch auf dem Dach, aber nicht mehr lange.

Isolde: Die Tüte liegt noch da.
Harald: So ist es gnä Frau
Isolde: Und kein Mensch ist auch nur in die Nähe des Mausoleum gekommen, da stimmt was nicht, gehen sie mal runter, gucken sie nach, ich halt solange Wache.
Harald: Bin schon unterwegs gnä Frau.

Stefan: Harald geht zum Mausoleum, er bückt sich mühsam, kommt wieder hoch mit ach und krach, und mit der Aldi-Tüte, er hält sie hoch, dreht sie um, offensichtlich ist nichts drin, zurück zu Isolde.

Harald: Das Geld ist verschwunden, sehen sie selbst, die Tüte ist leer.
Isolde: Das gibt’s doch nicht.
Harald: Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.
Isolde: Ich dachte sie sind Experte.
Harald: Ich kann mir das einfach nicht erklären, seit ihre Schwiegertochter das Geld vor einer guten Stunde am Mausoleum abgelegt hat, haben wir es beobachtet, es hat die ganze Zeit da gelegen, niemand war in der Nähe.
Isolde: Es ist weg, mein Geld, meine Mio.
Harald: Mysteriös, fast übernatürlich, ihr Sohn ist übrigens nicht auftaucht.
Isolde: Es ist alles ihre Schuld, Herr Schauermann, sie haben versagt, auf der ganzen Linie.
Harald: Aber gnädige Frau, ich werde Nachforschungen anstellen.
Isolde: Gar nichts werden sie, sie sind entlassen, gehen sie mir aus den Augen.
Harald: Wie sie wünschen, ich werde mir erlauben, meine Rechnung zu schicken.
Isolde: Keinen Pfennig kriegen sie von mir, hauen sie ab.

Stefan: Der Toyota steht auf dem Parkplatz vor dem Friedhof, Harald setzt sich rein und wartet, Isolde Waldhorn wartet nicht, sie brettert nach Hause wie die Feuerwehr, und ruft Hildchen an, muß die Karten gelegt bekommen sofort, Hildchen hat den Anruf erwartet und macht sich gleich auf die Socken.

Hildchen: Oh weh noch mehr schwarze Schatten über ihnen, ich sehe Probleme, Krisen.
Isolde: Das können sie laut sagen.
Hildchen: Doch nicht verzagen, die Karten verheißen ein baldiges Ende der Unglücksträhne, freuen sie sich Frau Waldhorn, alles wird gut.
Isolde: Wirklich.
Hildchen: Sie werden zurückerhalten, was sie verloren haben.
Isolde: Mein Geld.
Hildchen: Und eine ihnen nahestehende Person.
Isolde: Wann krieg ich alles wieder, heute noch, morgen.
Hildchen: Geduld Frau Waldhorn, was sind einige Wochen unter dem Aspekt der Ewigkeit, und denken sie daran, lassen sie Behörden jeder Art aus dem Spiel, das könnte alles verderben.
Isolde: Wenn sie das sagen, schon oh 10 vor 2 ich muß los, zu einer Trauerfeier, mein Steuerberater.
Hildchen: Herr Mienzen, da wollte ich auch hin.
Isolde: Ich nehm sie mit.

Stefan: 2 Uhr mittags, die Friedhofskapelle läuft über, Steuerberater Mienzen war ein angesehener Mitbürger, halb Willsum ist da, auch die komplette Alzheimergang, Garbo im Rollstuhl an der Tür, beide Hände fest über der Wölbung der Decke auf ihren Knien gefaltet, ich steh neben ihr, in der hintersten Bank rutscht Hildchen hin und her die Blase nehm ich an, Harald hat ein Knopf im Ohr und auf dem Gesicht ein ausgesprochen unpassendes grinsen er hört nämlich gerade etwas sehr komisches.

Peter: Wo ist das Geld, ich frage dich wo ist das Geld ich frage dich.
Marlies: Das frag ich dich, ich hab die Tüte mit der Million in den Schrank geschlossen, wie wie es vereinbart haben.
Peter: Ach und wieso hab ich dann die Tüte mit den Blättern gefunden.
Marlies: Das behauptest du, weißt du, was ich denke mein liebes Peterchen, du hast das Geld und lügst mir was vor.
Peter: Ach, ich lüge.
Marlies: Du willst die ganze Million für dich.
Peter: Es ist genau andersrum, du willst mir nichts abgeben.
Marlies: Du hast das Geld aus dem Schrank genommen, gibs doch zu.
Peter: Du hast es nicht reingetan.
Marlies: Das ist nicht wahr, du hast die Mio.
Peter: Nein du.

Stefan: Harald nimmt den Knopf raus und hört auf zu grinsen weil die Trauerfeier fängt an, mit Musik, ave maria, uncool aber immernoch die Nr 1 in den friedhofcharts. Was ich mit meiner viertelmio mache, Melanie kriegt ein Armband, Echtgold und für mich kauf ich ein Motorrad, eine Wahnsinnsmaschine, für den Rest kaufe ich Aktien, hab mir vorgenommen mit 30 in Rente zu gehen, in dem Alter hat der Mensch noch was davon.

Harald: Also ich mach eine Weltreise, Amerika, Afrika, die Südsee, ich fahr mit dem Schiff in aller Ruhe und wenn’s mir wo gefällt, bleibe ich da bis ich sterbe, aber das hat noch Zeit.

Hildchen: Jetzt kann ich mir endlich das leisten, was ich mir seit Jahren so sehr wünsche, die Grabstelle direkt neben Gerda, und da laß ich einen großen Stein draufstellen, Marmor und Gold, gediegen und niveauvoll, die Inschrift wird lauten, hier wohnen zwei Freundinnen, im Tode vereint wie im Leben.

Garbo: Ein Elektrorollstuhl wär nicht schlecht und ein neuer superschneller Computer, und was übrigbleibt, das lege ich zurück und gut an, es gibt noch viel zu tun für die Alzheimergang, tu Geld in deinen Beutel, sagt Shakespeare, denn bereit sein ist alles.

Stefan: Der Sarg rollt feierlich nach hinten durch den Vorhang ins Krematorium, mit Steuerberater Mienzen, und mit Dr. Jürgen Waldhorn, Sozialdezernent von Willsum, hastalavista Baby, viva die Alzheimergang.

Stefan: Matthias Walter
Garbo: Lieselotte Rau
Hildchen: Ingeborg Medschinski
Harald: Werner Rehm
Isolde Waldhorn: Elfriede Irrall
Jürgen Waldhorn: Hans Walter Klein
Marlies Waldhorn: Astrid Meyerfeldt
Peter Thode: Uwe Müller
Sekretärin: Shelly Kupferberg


1135. Film Noir - 14.08.2025 13:09 -
Michael Koser: Film Noir (Deutschlandradio 2000)

Keine Fotos, keine Fotos, bitte, keine Kameras, lassen Sie den Mann doch in Ruhe, und keine Fotos. Hören Sie bitte auf zu fotografieren. Machen Sie Platz...

John: Als ich Malibu Beach erreichte war der Regen noch stärker geworden, Blitze zuckten über den Nachthimmel wie der Widerschein fernen Artilleriefeuers. Ich hielt, fünf Minuten vor Elf. Ich war pünktlich. Die Straße war leer, bis auf einen einsamen Buick weiter vorn an der Biegung unter einer windgeschüttelten Palme, und bis auf Arnolds Cadillac natürlich, er hockte vor dem Strandhaus wie eine riesige Kröte. Ich hätte in guter Stimmung sein sollen, aber mein Gemüt war fast so dunkel wie der Himmel. Schatten der Vergangenheit oder eine Vorahnung? An diesem verregneten Abend des 9. November 1945 begann der Alptraum. Vor drei Stunden hatte Lana mich zu Hause angerufen.

John Garfield: Hallo?
Lana Arnold: Jonny Darling, was machst du?
John: Was ich seit Wochen mache, nichts, aber das sehr intensiv.
Lana: Und wie geht es der süßesten liebsten Prothese auf der ganzen Welt, Jonny.
John: Sie tut weh und sie sehnt sich nach dir Lana nach deinen Händen, kommst du.
Lana: Edward ist noch hier, er wird erst später zum Strandhaus fahren.
John: Schade.
Lana: Er will mit dir reden, Jonny, heute noch, er will dir eine Chance geben, endlich, für den nächsten Großfilm von Pandora Pictures, sollst du das Drehbuch schreiben, was sagst du.
John: Ich weiß nicht.
Lana: Um 11 im Strandhaus sei pünktlich Darling und danach rufst du mich gleich an.

John: Lana ist jung, blond und wunderschön, und sie ist Arnolds Frau. Eduard Arnold ist der Boss von Pandora Pictures. Wenn er lieber nachts arbeitet als am Tag, und lieber in einem Strandhaus als im pompösen Büro, dann haben seine Angestellten sich danach zu richten. Ich bin Autor bei Pandora, mein Name ist John Garfield, ich bin 26 Jahre alt, ich hab es weit gebracht, von Windom in Minnesota bis nach Hollywood, dazwischen war der Krieg, auf Guadalcanal habe ich mein linkes Bein verloren, mein Roman, „Die Dunkelheit der Tropen“, habe ich im Armeehospital geschrieben, schnell, wie im Fieber, das Buch war ein Erfolg, die Pandora hat es verfilmt, mir geht es gut, ich fahre einen Lincoln Continental, ich mache 800 Dollar die Woche, meine Drehbuchentwürfe verstauben auf meinem Schreibtisch in den Pandorastudios, mein zweiter Roman kommt nicht von der Stelle, mir geht es schlecht, nein, das ist nicht wahr, mir ginge es schlecht, wenn Lana nicht wäre, ihretwegen habe ich noch nicht aufgeben, obwohl ich immer wieder von Guadalcanal träume, von schwarzen aufgeblähten Leichen unter heißer Sonne, und von einer leeren weißen Seite, auf der nie ein Wort stehen wird. Ich ging zur Tür des Strandhauses, Licht fiel durch den Türspalt, und durch die Fenstervorhänge, innen spielte das Radio: Tanzmusik, ich klopfte, ich wartete, ich klopfte wieder, stärker, war Arnold nicht da? Ich stieß die Tür auf, Arnold war da, aber er konnte nicht an die Tür kommen, er lag mitten im Raum auf dem dicken uringelben Teppich vor der breiten Couch, die jede junge Schauspielerin bei Pandora kannte, er lag auf dem Gesicht, in einer Blutlache, in der rechten Hand ein Revolver, ein 38 Colt Banker Special, sein Nacken war noch warm. Ich dachte nicht an die entgangene Chance, ich hatte nur einen Gedanken, jetzt war Lana frei. Auf dem Schreibtisch vor dem großen Fenster zum Ozean stand ein Telefon.

Lana: Edward ist... tot? Ist das wahr, Jonny?
John: Ich weiß, was ich sage, Lana, im Südpazifik habe ich genug Leichen gesehen, er hat ein Loch in der Schläfe, eine Schußwunde.
Lana: Erschossen, ermordet?
John: Selbstmord, er hat den Revolver noch in der Hand, soll ich die Polizei rufen.
Lana: John, die Polizei konnte glauben.
John: Was? Lana.
Lana: Daß du Edward.
John: Daß ich, hahaha, daß ich Edward umgebracht habe, ist doch Unsinn.
Lana: Natürlich Unsinn, Jonny Darling, aber du bist im Strandhaus, bei Edward, und wenn die Polizei herauskriegt, daß du und ich.
John: Und was soll ich jetzt tun, Lana?
Lana: Komm zu mir, Jonny, ich brauche dich, ich liebe dich.
John: Ich dich auch, Lana, aber Edward.
Lana: Laß ihn einfach liegen, für morgen früh hat er Mister Raft ins Strandhaus bestellt, zu einer Produktionsbesprechung, soll der ihn finden.
John: Wenn du meinst, Lana.
Lana: Komm, Jonny Darling, komm zu mir, jetzt, auf der Stelle, so schnell du kannst. O Jonny.

John: Ich fuhr nach Beverly Hills, über die Küstenstraße und den Santa Monica Boulevard, so schnell ich konnte, außen war die Villa der Arnolds ein französisches Chateau en miniatur, innen ein üppig illustrierter Artikel aus Better Hopes, moderner Luxus a la america, Lana erwartete mich an der Tür in einem schwarzen Seiden- neglige und zog mich in ihr Boudoir.

Lana: Jonny, Jonny Darling.
John: Lana, liebste.
Lana: Nicht so laut, du weckst Dolores.
John: Und wenn, jetzt können es alle wissen.
Lana: Jonny Darling, bitte, du mußt vernünftig sein, nur noch kurze Zeit.
John: Lana, ah.
Lana: Jonny, Edward hat sich erschossen, ich kann es kaum glauben, warum, Jonny, warum hätte er das tun sollen.
John: Könnte er was gewußt haben, von uns, meine ich?
Lana: Ich weiß nicht, er hat sich nie etwas anmerken lassen, aber wir wissen von nichts, Jonny, dabei bleiben wir.
John: Wie du willst, Lana.
Lana: Versprich es mir, Jonny, du wirst nichts sagen.
John: Versprochen.
Lana: Und wenn man ihn morgen findet, werden wir sehr überrascht sein.
John: Ja, Lana, Lana.
Lana: Komm, zieh dich aus Jonny, zeig mir deine Prothese, laß mich sie anfassen.

John: Es war sehr spät, als ich nach Hause kam, in mein kleines Apartment am San Vincente Boulevard, ich konnte nicht schlafen, ich war aufgeregt, machte mir Sorgen, machte Pläne, dachte an Lana, schließlich nahm ich eine Tablette. Es war ein Gang, rechts und links Türen, hinten wo der Gang endete, war es dunkel, im dunkel lauerte die Gefahr, der Tod, das Dunkel kam näher... Ich wurde wach, es klingelte, das Telefon, ich fühlte mich nicht gut, ich hatte Kopfschmerzen, das Telefon nahm keine Rücksicht, es klingelte weiter, bis ich abhob.

John: Hallo?
Ella Rains: Sie müssen sofort kommen, John!
John: Ach Ella, was ist passiert?
Ella: Der Boss ist tot, John, und die Polizei ist hier.
John: Die Polizei?
Ella: Die Polizisten wollen Sie sprechen, John, werden Sie wach, und kommen Sie in Ihr Büro, schnell!

John: Ella Rains, mein Sekretärin, nicht nur meine, die Sekretärin aller Autoren bei Pandora, aber ich bildete mir ein, daß sie für mich besonders gern arbeitete, sie wartete in meinem Büro, als ich kam, sie und zwei Männer, die ich nicht kannte, beide waren groß, aber das war auch alles, was sie gemeinsam hatten, einer war schlank, sah gut aus, trug Kleidung, die eindeutig nicht aus dem Kaufhaus stammte, der andere, der seine massigen Schultern und seinen Bierbauch in einen schäbigen Anzug von der Stange gezwängt hatte, wirkte wie ein Preisboxer.

John: Wer sind Sie, was haben Sie in meinem Büro zu suchen?
Taylor: Miss äh.
Ella: Rains.
Taylor: Würden Sie uns bitte allein lassen, Miss Rains.
Ella: Wenn Sie mich brauchen, Jonny.
McLane: Los los, und machen Sie die Tür zu, wenn Sie draußen sind!
Taylor: Mister Jonny Garfield, nehme ich an, ich bin Detective Leutnant Robert Taylor, mein Kollege Detective Sergeant Barton McLane.
John: Der im teuren Anzug war der Chef, in der good cop bad cop Routine, die die beiden abzogen, spielte er den guten, den freundlich-sachlichen.
Taylor: Sie wissen weshalb wir hier sind, Mr. Garfield?
John: Arnold ist tot, Ella, Ms Rains hat es mir gesagt aber warum kommen sie zu mir.
McLane: Wir stellen hier die Fragen, Garfield.
Taylor: Wo waren Sie gestern abend, Mr. Garfield.
John: Zuhause.
McLane: Ach, wirklich.
Taylor: Den ganzen Abend, Mr Garfield, auch um, sagen wir, elf Uhr?
John: Seit sechs, da bin ich nach Haus gekommen.
Taylor: Und Sie sind nicht mehr weggegangen, Mr. Garfield.
John: Nein.
McLane: Und nachts, was haben Sie nachts gemacht.
John: Geschlafen.
McLane: Ach was, und wo.
John: In meinem Bett, natürlich.
McLane: Natürlich, Zeugen.
John: Natürlich nicht.
Taylor: Besitzen Sie eine Handfeuerwaffe, Mr. Garfield?
John: Ja, aber.
McLane: Pistole oder Revolver?
John: Pistole.
McLane: Typ?
John: Japanische Armeepistole, ein Nambu 32, ein Souvenir aus dem Pazifik.
McLane: Wo ist sie?
John: Hier im Schreibtisch.
Taylor: Würden Sie uns Ihre Pistole zeigen, Mr. Garfield?
John: Wenn’s sein muß.
McLane: Na, Garfield, wo ist sie.
John: Sie muß hier sein, in der Schublade.
McLane: Ist sie aber nicht.
John: Dann muß sie jemand rausgenommen haben.
McLane: Jemand? Sie haben sie rausgenommen, Garfield.
John: Unsinn, wozu.
Taylor: Wann haben Sie Ihre Pistole zuletzt gesehen, Mr. Garfield?
John: Ich weiß nicht, vor ein paar Wochen.
McLane: Was Sie nicht sagen, Ihre Fingerabdrücke.
John: Was?
McLane: Geben Sie uns Ihre Fingerabdrücke, oder haben Sie was dagegen?
Taylor: Sie würden uns die Arbeit sehr erleichtern, Mr. Garfield.

John: Dann gingen sie endlich, mit meinen Fingerabdrücken und mit meiner Schreib-maschine, meiner Underwood, ich fragte nach dem Grund, aber sie gaben mir keine Antwort, natürlich nicht, statt dessen rieten sie mir, die Stadt nicht zu verlassen, ganz langsam kroch etwas in mir hoch, was ich seit Guadalcanal sehr gut kannte, Angst, die Dunkelheit am Ende des Ganges, diese Wendung ging mir nicht aus dem Kopf, hatte ich sie irgendwo gelesen, vielleicht bei William Irish (Cornell Woolrich) oder James M. Cain.

Ella: John?
John: Ja, Ella was ist.
Ella: Glaubt die Polizei etwa, daß Sie, äh, daß Sie was mit dem Mord an Mr. Arnold zu tun haben?
John: Mord, Arnold ist ermordet worden?
Ella: Das hat er gesagt, der nette, Leutnant Taylor, warum haben die Ihre Schreibmaschine mitgenommen, John?
John: Wenn ich das wüßte, ich muß telefonieren, bitte Ella, wir sehen uns später.
Ella: Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann, John.
John: Danke, Ella.

John: Ich mußte Lana sprechen, Dolores, das mexikanische Hausmädchen wollte mich nicht verbinden, aber ich bleib beharrlich und dann kam sie doch an den Apparat, Lana, meine Lana, die nicht allzusehr trauernde Witwe.

Lana: Du solltest nicht anrufen, Jonny, das ist leichsinnig.
John: Die Polizei war hier, im Büro.
Lana: Du hast doch nichts gesagt?
John: Natürlich nicht.
Lana: Gut, gut, bleib dabei, Jonny.
John: Lana, sie haben gesagt, Edward ist ermordet worden.
Lana: Wirklich? Das hat nichts zu bedeuten Jonny, die Polizei ist immer mißtrauisch.
John: Aber.
Lana: Bleib ruhig, Jonny, Darling, alles wird gut, ich liebe dich.
John: Ich dich auch, Lana, ich, Lana?

John: Ich versuchte zu arbeiten, aber das war unmöglich, ich rief noch mal bei Lana an, diesmal kam sie nicht ans Telefon, ausgegangen, sagte Dolores, schließlich verließ ich das Büro und die Pandorastudios, ziellos fuhr ich durch die Straßen, vor einem Kino am Sunset Boulevard hielt ich, ich sah mir die Nachmittagsvorstellung an, ein Doppelprogramm, Laura und Double Indemnity, schwarze Filme, als ich aus dem Kino kam, war es dunkel, ich ging in eine Bar, wie sie hieß, habe ich vergessen, ich trank einen zu trockenen Martini, und rief Lana an, sie war noch nicht zu Hause, vor dem Apartmenthaus am San Vincente Boulevard stand ein Streifenwagen, als sie mich sahen, stiegen sie aus, Detective Leutnant Taylor und Sergeant McLane.

Taylor: Wir haben auf Sie gewartet, Mr. Garfield.
McLane: Und das tun wir gar nicht gern, wo waren Sie?
John: Geht Sie das was an, was wollen Sie.
Taylor: Uns in Ihrem Apartment ein bißchen umsehen.
John: Um diese Zeit, na, kommen Sie morgen wieder oder besser gar nicht.
McLane: So nicht Freundchen, wir haben einen Durchsuchungsbefehl.

John: Ich mußte sie reinlassen, das Wühlen übernahm McLane, Taylor sah nur zu, der Sergeant ging nicht gerade behutsam vor, meine Bücher warf er auf den Fuß-boden, die Schubladen der Kommode drehte er kurzerhand um, nach dem Zimmer war die Küche an der Reihe, Geschirr klirrte und schepperte, dann suchte er im Bad.

John: Was zum Teufel suchen Sie eigentlich, Leutnant.
McLane: Zum Beispiel das hier.
Taylor: Die Pistole, Sergeant.
McLane: Die Pistole, Leut, im Wassertank, in Cellophan, an die Innenwand geklebt.
Taylor: Kein sehr fantasievolles Versteck, Mr. Garfield.
McLane: Ich denke, Sie sind Schriftsteller, da hätte Ihnen auch was Besseres einfallen können.
John: Ich verstehe nicht, meine Nambug.
McLane: Haarscharf und ganz genau.
John: Im Wassertank, vom Klo, wie, wie komm denn die dahin?
McLane: Nicht die leiseste Ahnung, was Garfield, aha.
Taylor: Vorsicht Serge, Fingerabdrücke.
McLane: Ich paß schon auf, Leut.
Taylor: Abgefeuert?
McLane: Ja, noch gar nicht lange her.
John: Das ist doch nicht möglich.
McLane: Die Mordwaffe, ganz klar.
John: Nein.
McLane: Und Sie haben sie abgefeuert, Garfield.
John: Nein!
McLane: Geben Sie es doch zu!
John: Nein, nein!
Taylor: Wir werden uns im Präsidium weiter unterhalten Mr. Garfield, Sie sind festge-nommen unter der Beschuldigung des Mordes an Edward Arnold, ich warne Sie alles was Sie sagen kann als Beweismittel gegen Sie verwendet werden, kommen Sie.

John: Eine grelle Lampe schien mir ins Gesicht, sonst war der Raum dunkel, ich sah sie kaum, die beiden, die mich weiter verhörten, ich hatte das Gefühl, in einem Alptraum gefangen zu sein und bemühte mich verzweifelt aufzuwachen, aber der Nachtmar nahm kein Ende.

Taylor: Sie waren letzte Nacht in Mr. Arnolds Strandhaus, Mr. Garfield.
John: Nein, nein.
McLane: Sie lügen, das ist dumm von Ihnen, Garfield, dadurch reiten Sie sich nur noch mehr rein.
Taylor: Sehen Sie, Mr. Garfield, wir haben Arnolds Terminkalender gefunden, im Schreibtisch, im Strandhaus, und da steht zum 9. November 11 Uhr abends Garfield, mit Ausrufezeichen.
McLane: Wir haben noch was gefunden, Garfield, Ihre Fingerabdrücke am Telefon.
Taylor: Mister Raft, der den Toten heute morgen entdeckte, war so umsichtig, uns von einer Zelle anzurufen, er habe, so sagte er uns, viele Kriminalfilme gedreht und kenne sich mit Fingerabdrücken bestens aus.
McLane: Sie waren im Strandhaus, Garfield, und da haben Sie Arnold erschossen, mit Ihrer Pistole.
John: Das stimmt nicht, Arnold ist mit einem Revolver erschossen worden, einem Colt Banker Special Kaliber 38.
Taylor: Wie kommen Sie denn darauf.
John: Ich war da, im Strandhaus.
McLane: Na also.
John: Ich habe die Waffe gesehen bei Arnolds Leiche.

John: Was blieb mir übrig, obwohl ich Lana versprochen hatte, es nicht zu tun, sagte ich die Wahrheit, daß ich eine Verabredung mit Arnold gehabt hatte, zum Strandhaus gefahren war und ihn dort tot aufgefunden hatte, ich sagte die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit.

Taylor: Wen haben Sie vom Standhaus angerufen, Mr. Garfield?
John: Das spielt doch keine Rolle.
Taylor: Meinen Sie, sie haben keine Kampfspuren bemerkt?
John: Kampfspuren, nein, und in Arnolds rechter Hand war ein Banker Special, da bin ich sicher, deshalb war ich auch überzeugt, daß er Selbstmord begangen hat.
McLane: Das könnte Ihnen so passen, mein Gott, Garfield, was sind Sie für ein mieser Lügner.
John: Aber so war es!
Taylor: Nein, Mr. Garfield, so war es nicht, der Sessel war umgekippt auf dem Boden, und in seiner Hand hielt der Tote keine Waffe, keine Pistole, kein Revolver, keinen Banker Special, ein Colt Banker Special war im ganzen Strandhaus nicht zu finden.
McLane: Sie haben uns ein Märchen erzählt, Garfield, um Ihre jämmerliche Haut zu retten, aber das bringt Ihnen gar nichts, wir wissen ganz genau, was passiert ist.
Taylor: Sie waren um 11 am Strandhaus, Mr. Garfield.
John: Ja, aber.
Taylor: Arnold hat Ihnen die Tür geöffnet, er war mißtrauisch, einem Unbekannten hätte er kaum aufgemacht, Sie hatten eine Auseinandersetzung mit Arnold.
McLane: Und dann haben Sie ihn umgelegt, mit Ihrer Knarre, die Sie nur deshalb mitgebracht hatten.
John: Nein, warum, warum hätte ich das tun sollen, es gab doch kein Grund dafür.
Taylor: Wirklich nicht Mr. Garfield? Arnold, Lana du verdienst sie nicht, gib sie frei sonst.
John: Was, was ist das?
Taylor: Ein anonymer Brief, wir haben ihn in Arnolds Schreibtisch gefunden, unter dem Terminkalender.
McLane: Getippt auf Ihrer Maschine, Garfield.
John: Was, aber, aber nicht von mir.
McLane: Natürlich nicht, und erschossen haben Sie ihn auch nicht obwohl in seinem Schädel eine Kugel Kaliber 32 steckt, und ich wette die paßt genau in Ihre Nambu.
Taylor: Feierabend, Serge.
McLane: Ok, Leut, spät genug, bis morgen Garfield.

John: Sie steckten mich in eine Einzelzelle, nahmen mir Gürtel und Schnürsenkel weg, brachten mir was zu essen, ich kriegte nichts runter, schlafen konnte ich auch nicht, eine unsichtbare Schlinge zog sich um meinen Hals zusammen, immer enger, immer fester, ich verstand überhaupt nichts mehr, ich hatte keinen anonymen Brief an Arnold geschrieben, ich hatte den Revolver in seiner Hand gesehen, ich hatte ihn nicht mit meiner Pistole erschossen und die Waffe später im Wassertank versteckt. Oder doch? War meine Erinnerung falsch, litt ich an Amnesie, war ich verrückt. Ein Telefonat durfte ich am nächsten Morgen führen, ich rief Lana an, nicht zu Hause, sagte Dolores, ich fühlte mich sehr allein, um so größer war meine Freude, als mir am späten Nachmittag eine Besucherin angekündigt wurde, aber es war nicht Lana.

John: Sie sind es, Ella!
Ella: John, wie geht es Ihnen, werden Sie gut behandelt?
John: Sicher.
Ella: Haben Sie einen guten Anwalt?
John: Anwalt, was soll ich mit einem Anwalt?
Ella: Aber John, ist Ihnen nicht klar wie ernst die Sache ist, die Polizei hält Sie für den Mörder von Mr. Arnold, Sie sind so gut wie überführt, hat Leutnant Taylor mir gesagt, aber ich glaube das nicht, John, Sie haben Mr. Arnold nicht ermordet, das werde ich beweisen, John, ich werde mich für Sie einsetzen, ich werde nachforschen und den wahren Mörder ermitteln.
John: Nett von Ihnen Ella, aber lassen Sie lieber die Finger davon, das ist keine Arbeit für Sie.
Ella: Ich werde Hilfe haben, Sie werden sehen.

John: Vor Monaten hatte ich auf einer Party bei den Arnolds einen jungen Anwalt ken nengelernt, Carson hieß er, Jack Carson, er war auch bei der Armee gewesen und als dienstunfähig entlassen worden, sonst wußte ich nichts über ihn, er war bereit, meine Verteidigung zu übernehmen. Er oder irgendein anderer. Mir war alles recht.

Jack Carson: Kein Augenzeuge, immerhin, ist doch was, aber Indizien, sicher, nur Indizien, aber genug, mehr als genug, unter uns, Garfield, es sieht nicht gut aus für Sie, gar nicht gut, am besten, Sie bekennen sich schuldig.
John: Was?
Carson: Und wir plädieren auf zeitweilige Unzurechnungsfähigkeit.
John: Aber ich bin unschuldig.
Carson: Wenn Sie das sagen, Garfield.
John: Sie glauben mir nicht. Carson, Sie sind mein Anwalt.
Carson: Spielt doch überhaupt keine Rolle, ob ich Ihnen glaube oder nicht Garfield, was das Gericht glaubt, das ist wichtig, wir haben ja noch Zeit, denken Sie über meinen Vorschlag nach, ja?

John: Ich mußte über so vieles nachdenken: Arnold, das Strandhaus, Lana, die nicht ans Telefon kam, und die Beweismittel der Polizei, was ging vor, was geschah mit mir, ich fand keine Antwort, die Dunkelheit am Ende des Ganges kam näher, hatte mich fast schon erreicht, aber es gab ja noch Ella, ein paar Tage später kam sie wieder, und diesmal war sie nicht allein.

John: Leutnant Taylor!
Taylor: Sie wundern sich, Mr. Garfield? Ella, Miss Rains, hat mich überredet, sie zu begleiten.
Ella: Wir arbeiten zusammen, John, Bob Taylor und ich, für Sie.
Taylor: Ella ist hartnäckig, Mr. Garfield, und sehr überzeugend, Sie hat es tatsächlich geschafft, mich ein wenig unsicher zu machen, ein ganz klein wenig, sehen Sie, Mr. Garfield, Sie sind praktisch schon tot, alle Indizien, alle Argumente sprechen gegen Sie, wenn Sie Arnold wirklich umgebracht haben, dann haben Sie sich dabei sehr, sehr dumm angestellt, und dumm Mr. Garfield, sind Sie nicht, da bin ich mir sicher.

John: Endlich, ein Lichtstrahl drang durch die Dunkelheit, ein schmaler Lichtstrahl zugegeben, aber er war hell genug, mir Mut zu machen, Taylor wollte noch einmal meine Version der Ereignisse im Strandhaus hören, ich erzählte sie ihm, und jetzt sagte ich alles.

Ella: Da sehen Sie’s Bob, John ist unschuldig.
Taylor: Wenn er die Wahrheit sagt.
John: Es ist die Wahrheit, Leutnant, ich schwöre es Ihnen.
Taylor: Nehmen wir an, ich glaube Ihnen, dann hätten nicht Sie Arnold getötet.
Ella: Dann war es jemand anders.
John: Oder vielleicht doch Selbstmord.
Taylor: Mit Ihrer Pistole, die in Ihrem Apartment wieder auftaucht, unmöglich, es war Mord.
Lana: Mrs. Arnold, sie hat es getan.
John: Lana? Niemals!
Lana: O John sind Ihnen denn noch immer nicht die Augen aufgegangen, sie hat ihren Mann ermordet, und Sie, John, Sie spielen den Sündenbock.
Taylor: Ich bewundere Ihren Enthusiasmus Ella, bedauerlicherweise muß ich ihn ein wenig dämpfen, Mrs. Arnold kann ihren Mann nicht erschossen haben, falls Mr. Garfield.
John: John. John.
Taylor: Falls John die Wahrheit sagt, und davon wollten wir doch ausgehen.
John: Das Telefongespräch vom Strandhaus.
Taylor: Sehr richtig, John, als Sie anriefen, war Mrs. Arnold in Beverly Hills, weit weg vom Tatort.
John: Und die Leiche war noch warm.
Taylor: Mrs. Arnold war es also nicht.
Ella: Nicht persönlich, nicht eigenhändig, sie hatte Hilfe, einen Komplizen.
Taylor: Ein sehr interessanter Gedanke, Ella, haben Sie Beweise?
Ella: Gestern abend war ich in Beverly Hills, vor dem Anwesen der Arnolds, es war schon dunkel, ich wartete in meinem Wagen.
John: Worauf?
Ella: Ich weiß es selbst nicht, auf irgend etwas, etwas, daß Sie entlastet, John.
John: Sie sind ja eine richtige Miss Marple, Ella.
Ella: Mrs. Arnold brachte einen Mann zur Tür, ich habe sie deutlich erkannt, ihre blonden Haare, ihr helles Abendkleid.
Taylor: Den Mann auch?
Ella: Leider nicht, er trug einen Hut, hatte den Mantelkragen hochgeschlagen, die beiden umarmten und küßten sich, lange, heiß und leidenschaftlich.
John: Sie müssen sich irren.
Ella: Dann stieg der Mann in sein Auto und fuhr weg, ich wollte ihm folgen, aber bis ich meinen Wagen gestartet und gewendet hatte.
Taylor: War er verschwunden, haben Sie die Automarke erkannt?
Ella: Ein Buick, glaube ich.
Taylor: Das hilft uns nicht weiter, jeder zweite in LA fährt einen Buick.
John: Mir fällt was sein, an dem Abend, als ich Arnold fand, stand ein Buick an der Küstenstraße, nicht weit vom Strandhaus, ein Zufall, vermutlich.

John: Ich wollte es nicht glauben, Lana liebte mich, nicht irgendeinen unbekannten Buick Fahrer, Ella war überreizt, sie hatte Gespenster gesehen, damit beruhigte ich mich, ich verdrängte die nagenden Zweifel so gut ich konnte.

Carson: Das Gericht hat den Termin für die Verhandlung festgesetzt, Garfield, auf den 28. November.
John: So schnell. Das ist gut.
Carson: Wie man’s nimmt. Tja, Garfield, wie gehen wir vor, haben Sie Ihre Meinung inzwischen geändert?
John: Nein, ich bin unschuldig, dabei bleibe ich.
Carson: Sie machen es mir wirklich schwer, Garfield, Ihre Geschichte ist so, so wenig glaubwürdig.
John: Aber sie ist wahr, Carson, und Lana, Mrs. Arnold, wird sie bestätigen.
Carson: Das ist äußerst unwahrscheinlich.
John: Was soll das heißen, haben Sie sie etwa nicht vorgeladen?
Carson: Nein, hab ich nicht.
John: Herrgott, warum denn nicht?
Carson: Weil Mrs. Arnold bereits eine Vorladung hatte, von Staatsanwalt Kruger, sie ist Zeugin der Anklage.

Kruger: Sie sind Lana Arnold, geb. Turner, die Witwe von Edward Arnold.
Lana: Ja.
Kruger: Schwören Sie die Wahrheit zu sagen, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit.
Lana: Ich schwöre.
Kruger: Mrs. Arnold, Sie kennen den Angeklagten, John Garfield.
Lana: Ja, ich kenne ihn.

John: Lana war die letzte im Zeugensstand, alle anderen hatten vor ihr ausgesagt. George Raft kühl und unbeteiligt, Leutnant Taylor knapp und sachlich, Sergeant McLane feindselig und gehässig, der Ballistiker, der Schreibmaschinenexperte, meine Pistole wurde vorgelegt, der anonyme Brief, die Belastungsmomente gegen mich türmten sich auf zu einer dunklen Halde, die mich zu begraben drohte, unter den vielen Neugierigen im Saal saß Ella Rains, sie lächelte mir zu, gab mir Hoffnung, und die brauchte ich dringend.

Kruger: Welcher Art war Ihre Bekanntschaft mit dem Angeklagten, Mrs. Arnold?
Lana: Wir sind, wir waren gute Freunde.
Kruger: Nur gute Freunde, Mrs. Arnold, nicht mehr?
Lana: Nicht auf meiner Seite, aber John, der Angeklagte.
Kruger: Ja, Mrs. Arnold.
Lana: Er war in mich verliebt, und er bildete sich ein, daß ich ihn ebenfalls liebte.
Kruger: Haben Sie ihn geliebt, Mrs. Arnold?
Lana: Nein!
John: Lana!
Richter: Ruhe im Saal! Fahren Sie fort, Mr. Kruger.
Kruger: Danke euer Ehren, Mrs. Arnold, haben Sie dem Angeklagten jemals Hoffnungen gemacht?
Lana: Nein, niemals, ich war verheiratet.

John: Lana war eine wunderschöne Witwe, ihr kleiner Schleierhut betonte ihr blondes Haar, sie war blaß und trug schwarz, was ihr ausgezeichnet stand, und sie log meisterhaft und mit Hingabe.

Kruger: Kommen wir zur Nacht vom 9. zum 10. November 1945, berichten Sie uns, was in dieser Nacht zwischen Ihnen und dem Angeklagten geschah, Mrs. Arnold.
Lana: Ja, ich war zu Hause. John rief mich an.
Kruger: Wann war das.
Lana: Etwa 10 Minuten nach 11.
Kruger: Was sagte der Angeklagte.
Lana: Er müsse mich sehen, sofort, es sei etwas passiert.
Kruger: Was war passiert, Mrs. Arnold.
Lana: Das hat er nicht gesagt, nicht am Telefon, erst später, aber ich war beunruhigt, ich wußte, daß John eine Verabredung mit meinem Mann hatte im Strandhaus, Edward hatte von mir erfahren, daß John, daß er mich bedrängte, mir zu nahe kam, er wollte mich zur Rede stellen.
Kruger. Und in Ihrer Sorge haben Sie sich bereiterklärt, den Angeklagten trotz der späten Stunde zu empfangen.
Lana: Ja.
Kruger: Er kam in Ihr Haus, Mrs. Arnold.
Lana: Ja kurz nach Mitternacht, er war sehr aufgeregt und dann hat er es mir gesagt.
Kruger: Was hat der Angeklagte gesagt, Mrs. Arnold.
Lana: Daß er Edward erschossen hat.
John: Nein. Das ist nicht wahr!
Richter: Ruhe, Angeklagter, Sie haben nicht das Wort, bitte Mr. Kruger.
Kruger: Danke euer Ehren, bitte fahren Sie fort, Mrs. Arnold, der Angeklagte gestand Ihnen, er habe Ihren Mann erschossen.
Lana: Ja, weil Edward mich nicht freigeben wollte, das habe er nicht anders erwartet, sagte John, und darum hat er seine Pistole eingesteckt, bevor er zum Strandhaus aufbrach.
Kruger: Vorsatz, eine schwere Anschuldigung, Mrs. Arnold.
Lana: Das ist mir bewußt, aber ich habe geschworen, die Wahrheit zu sagen.
Kruger: Sehr lobenswert, Mrs. Arnold, wie haben Sie auf das Geständnis des Angeklagten reagiert?
Lana: Ich war erschüttert, entsetzt, fassungslos.
Kruger: Nur zu verständlich, Mrs. Arnold.
Lana: Und ich hatte Angst, John fuchtelte mit seiner Pistole herum, ich redete ihm zu, sich zu stellen, aber er wollte nichts davon wissen, jetzt steht unserer Liebe nichts mehr im Weg, hat er gesagt, Edward ist tot, du bist frei, schließlich ist es mir gelungen, ihn ein wenig zu beruhigen und zum Gehen zu bewegen.
Kruger: Sie haben nicht die Polizei verständigt, Mrs. Arnold, warum nicht?
Lana: Ich wußte nicht, was ich tun sollte, schluchz, ich war so verwirrt, ich habe eine Schlaftablette genommen und als ich aufwachte.
Kruger: War der Mord bereits entdeckt, danke Mrs. Arnold.
Ella: Sie lügt, sie hat ihren Mann auf dem Gewissen, John Garfield ist unschuldig!
Richter: Ruhe. Ruuhe! Entfernen sie die Störerin.

John: Am nächsten Tag folgen die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger, Kruger forderte mich des vorsätzlichen Mordes schuldig zu sprechen, das hatte ich erwartet, Carson hätte sich seine Rede sparen können, er nannte mich einen tapferen Kriegshelden, einen Invaliden, der sein Bein der Nation geopfert hatte, einen hoffnungslosen Romantiker, dem seine Gefühle über den Kopf gewachsen waren, er appellierte an die Gutherzigkeit der Juroren.

Richter: Obmann der Jury, sind Sie zu einer Entscheidung gekommen.
Obmann der Geschworenen: Jawohl euer Ehren!
Richter: Wie lautet sie?
Obmann: Der Angeklagte ist des vorsätzlichen Mordes schuldig.
Richter: Ich verkünde das Urteil, der Angeklagte John Garfield wird zum Tode verur-teilt, er wird ins Zuchthaus Sankt Quentin überstellt, wo er gemäß den Gesetzen des Staates Kalifornien vom Leben zum Tode befördert wird die Verhandlung ist beendet.

John: Die Hinrichtung in der Gaskammer von Sankt Quentin sollte schon am 11. Dezember stattfinden, am Nachmittag um vier Uhr, man hatte es eilig. Am 7. Dezember bekam ich Besuch in der Todeszelle, Ella und Taylor.

John: Sind Sie weitergekommen?
Taylor: Oh ja doch, ein wenig, Ella hat einen konkreten Verdacht, was den Komplizen, den möglichen Komplizen von Mrs. Arnold betrifft.
John: Ja? Wer ist es, Ella.
Ella: Mister Raft.
John: George Raft, der Schauspieler?
Ella: In letzter Zeit habe ich ihn oft in den Pandorastudios mit Mrs. Arnold zusammen gesehen, und er könnte auch der Mann neulich nacht vor der Villa gewesen sein.
Taylor: Raft hat Arnold gefunden, am Morgen des 10. November.
John: Natürlich, das heißt, er hatte die Möglichkeit den Tatort, wie soll ich mich ausdrücken umzugestalten, ja, so muß es gewesen sein, Raft hat den Colt verschwinden lassen und einen Kampf vorgetäuscht, in dem er den Sessel umgeworfen und das Glas zerschlagen hat.
Taylor: Möglich, aber das erklärt nicht die übrigen Verdachtsmomente, daß die Mordwaffe Ihnen gehört, John, und in Ihrem Apartment versteckt war, daß der Drohbrief an Arnold auf Ihrer Underwood geschrieben wurde.
John: Das könnte auch Raft getan haben, in meinem Büro, abends, nach Dienstschluß, und die Pistole aus dem Schreibtisch genommen.
Taylor: Hatte er denn einen Schlüssel zu Ihrem Büro, John?
John: Nicht daß ich wüßte, aber Lana hat einen, und einen Schlüssel zu meinem Apartment.
Ella: Das ist es, Bob, das ist es, der Fall ist gelöst.
Taylor: Sie und Ihr Enthusiasmus, Ella, gar nichts ist gelöst, was wir haben sind Spekulationen, Hypothesen, wir brauchen Beweise.
Ella: Die werden wir beschaffen, Bob.
Taylor: Wir werden es versuchen.
John: Machen Sie schnell, es sind nur noch 4 Tage.
Taylor: Wir tun unser bestes, nicht wahr, Ella.

John: Ich war sehr nervös, aber nicht in Panik, die Dunkelheit, die mich zwischen zeitlich fast verschlungen hatte, wich wieder ein Stück zurück, ich vertraute Ella und Bob, ich hoffte. Am Abend des 10. Dezember wurde ich aus der Zelle geholt, Ella war am Telefon.

Ella: Oh John, es ist geschafft, nur noch eine winzige Kleinigkeit fehlt, und die klären wir heute Nacht, Bob, morgen früh sprechen wir mit der Staatanwaltschaft, dann sind Sie frei, oh John, ich bin ja so glücklich.

John: Ich wartete, die Nacht verging, der 11. Dezember brach an, der Morgen ging vorüber, der Vormittag, die Stunden verrannen, ich wartete, vor meiner Zelle Unruhe, Geräusche, die Gaskammer wurde für die Hinrichtung vorbereitet.12 Uhr. 1 Uhr. 2 Uhr, ich wartete, doch dann öffnete sich die Tür.

John: Bob, Sie sind allein, wo ist Ella?
Taylor: Sie wurde aufgehalten, und weil die Zeit drängt.
John: Natürlich, natürlich, wie stehen die Dinge, Bob?
Taylor: Bestens, der Fall ist geklärt, Sie sind unschuldig, John, den Mord an Arnold haben seine Frau und ihr Liebhaber begangen, dabei haben sie die Spuren so manipuliert, daß der Verdacht auf Sie fallen mußte, wollen Sie wissen, wie die beiden das angestellt haben, John?
John: Ja, sicher, aber die Zeit, jetzt ist es.
Taylor: 3 Uhr zwanzig.
John: Ja, und um vier.
Taylor: Keine Sorge John, alles ist geregelt, entspannen Sie sich, hören Sie zu, geplant haben das Unternehmen beide gemeinsam, aber bei der Ausführung operierten sie getrennt, sie hat den anonymen Brief an Arnold auf Ihrer Schreibmaschine geschrieben, John und sie hat auch die japanische Armeepistole aus Ihrem Schreibtisch genommen, beides geschah erst am Abend des 9.November, nachdem Sie das Büro verlassen hatten, danach übergab sie.
John: Lana, Lana Arnold.
Taylor. Brief und Pistole ihm.
John: George Raft.
Taylor: Im Auto, irgendwo auf der Straße, sie fuhr dann nach Hause.
John: Und rief mich an, um mich für 11 in Arnolds Strandhaus zu bestellen.
Taylor: Wovon dieser übrigens nichts wußte.
John: Ach, das Drehbuch für den nächsten Pandora Großfilm.
Taylor: Lüge, Phantasie, ein Köder für Sie, John, etwa um halb 11 tauchte er am Strandhaus auf, er parkte seinen Buick an der Küstenstraße, ging zum Strandhaus, klopfte, Arnold ließ ihn ein, die beiden Männer wechselten ein paar belanglose Worte, dann zog er die mitgebrachte Nambu aus der Tasche und erschoß Arnold, er trug natürlich Handschuhe.
John: Natürlich, Fingerabdrücke.
Taylor: In die rechte Hand des Toten legte er einen Revolver aus eigenen beständen.
John: Colt Banker Special Kaliber 38.
Taylor: Er ging, setzte sich in seinen Buick und wartete, die Tür zum Strandhaus hatte er freundlicherweise einen Spalt offen gelassen, kurz vor 11 kamen Sie, John, und als Sie eine viertel Stunde später wieder wegfuhren.
John: Zu Lana, so schnell ich konnte.
Taylor: Ging er zurück zum Strandhaus, er schloß auf, den Schlüssel hatte er bei seinem ersten Besuch eingesteckt, in aller Ruhe fabrizierte er die falschen Kampfspuren, danach zog er das Schubfach in Arnolds Schreibtisch auf, hier fand er, wie sie ihm gesagt hatte, den Terminkalender des Produzenten, zum 9. November 11 Uhr Abends trug er in passabler Imitation von Arnolds Handschrift ein.
John: Garfield, Ausrufungszeichen.
Taylor: Unter den Terminkalender legte er den anonymen Brief, bevor er ging, nahm er den Banker Special wieder an sich, er wußte, Sie, John würden von ihr lange aufgehalten werden, er konnte also zum Vincente Boulevard fahren und ohne Angst vor Entdeckung Ihre Pistole in Ihrem Apartment so verstecken, daß die Polizei sie schnell finden würde, den Schlüssel hat er natürlich von ihr bekommen, so ging es vor sich, John, na was sagen Sie?
John: Wie ein Blinder bin ich in die Falle getappt.
Taylor: Das kann man wohl sagen, John.
John: Haben Sie sie schon festgenommen, Bob.
Taylor: Festgenommen, wen?
John: Wen? Äh, die Täter. Lana und George Raft.
Taylor: Raft, wie kommen Sie auf Raft, John.
John: Aber er ist doch Lanas neuer Liebhaber, der Mörder von Arnold, der Komplize.
Taylor: Habe ich das gesagt?
John: Nicht?
Taylor: Ich habe seinen Namen kein einziges Mal erwähnt, warum auch, der Mörder, der Komplize, der Liebhaber, heißt nicht George Raft.
John: Nicht Raft, ich verstehe nicht, wer ist es, Bob, sagen Sie es mir!
Taylor: Mit Vergnügen, John, sein Name ist Taylor, Robert Taylor, Detective Leutnant Robert Taylor vom Los Angelos Police Department!
John: Sie!?
Taylor: Ich, machen Sie kein so verblüfftes Gesicht, John, die Sache ist ganz einfach, Edward Arnold ist tot, in wenigen Minuten werden Sie als sein Mörder hingerichtet, nach Ablauf der Trauerzeit werden Lana und ich heiraten, und die Pandora wird mir gehören, alles klar?
John: Ella, Ella weiß Bescheid, sie, sie wird.
Taylor: Sie retten, John, das glaube ich nicht, wissen Sie, Ella Rains ist wie sagt man in Grabreden, sie ist Ihnen vorausgegangen.
John: Ella ist tot?
Taylor: Ein bedauerlicher Unfall, in der letzten Nacht wurde sie von einem Auto überfahren, einem Buick, keine Zeugen, der Fahrer ist flüchtig, so was passiert, wenn man der Wahrheit zu nahe kommt.

Kruger: Mister Garfield, es ist soweit.

John: Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte kein Wort herausbringen, zwei Beamte nahmen mich in die Mitte, mehrere schwarzgekleidete Männer folgten, in feierlicher Prozession schritten wir den Gang entlang, dorthin, wo die Dunkelheit für immer über mir zusammenschlagen würde.

John Garfield: Max Hopp
Lana Turner-Arnold: Astrid Meyerfeldt
Ella Rains: Judica Albrecht
Robert Taylor: Guntram Brattia
Barton McLane: Uwe Preuss
Jack Carson: Harald Pilar von Pilchau
Staatsanwalt Otto Kruger: Hans-Peter Hallwachs
Richter: Udo Kroschwald
Obmann der Geschworenen: Michael Klobe

1134. Schmetterling mit - 14.08.2025 13:08 -
Michael Koser: Schmetterling mit Hakenkreuzen (BR 1981) (nach Philip K. Dick: The Man in the High Castle/Das Orakel vom Berge)

Melville Abendsen: Tschuang - Tse träumt, er sei ein Schmetterling, er fliegt dahin, flattert mit den Flügeln und freut sich. Plötzlich wacht er auf und erkennt, er sei Tschuang Tse. Ist er nun Tschuang Tse, der träumte, er sei ein Schmetterling, oder ist er ein Schmetterling, der träumt er sei Tschuang Tse. Ahaha, wer kann das sagen. Ich bin Melville Abendsen, geboren 1918, als der erste Weltkrieg zu Ende ging, im zweiten Soldat, Guadalcanal, Medwe, Guam, bei Iwojima verwundet, Besatzer auf Okinawa bis 1946, ich bin Schriftsteller, ich schreibe Science Fiction, ich, äh habe eine Idee im Kopf, eine Geschichte, die nicht in der Zukunft spielt, die gegenwärtig ist, zeitgenössisch und doch nicht von dieser unserer Zeit, ich will gewissermaßen zeitlich seitwärts gehen, fragen, was wäre wenn, wenn die anderen den zweiten Weltkrieg gewonnen hätten, Unmögliches erzählen, um die Schrecken des möglichen zu beschwören, zuerst also der Traum des Tschuang Tse, und dann, am besten ein Sprung, mitten hinein ins unmögliche, etwa so:
Steward: Meine Damen und Herren, im Namen der deutschen Lufthansa begrüße ich die in New York zugestiegenen Passagiere an Bord unseres Messerschmitt- Großraumflugzeugs Dürer auf seinem Linienflug Berlin - San Francisco, unsere Flugzeit wird nunmehr noch 2 Stunden betragen und wir werden in einer Höhe von 20km fliegen, sie können nun wieder rauchen wenn sie wollen, wir bitten sie aber weiterhin angeschnallt zu bleiben, danke.
Melville: Datum, warum nicht heute, also 24. April 1962, 9 Uhr vormittags.
Brecker: Zigarette?
Sundmann: Ich rauche nicht, danke.
Brecker: Fabelhaft, in zwei Stunden über einen Kontinent, in fünf Monaten zum Mars, deutsche Wertarbeit, darauf kann man stolz sein, Landsmann?
Sundmann: Schwede.
Brecker: Immerhin nordisch, sozusagen Rassenbruder.
Sundmann: Wenn Sie es so ausdrücken wollen.
Brecker: Fliegen Sie zum ersten Mal in die Pazifikzone?
Sundmann: Nein.
Brecker: Ich schon, geschäftlich unterwegs?
Sundmann: Ja.
Brecker: Welche Branche, wenn ich fragen darf.
Sundmann: Plastprodukte.
Brecker: Ach was, ich dachte wir haben das Monopol für Plaste, IG Farben.
Sundmann: Verkauft ab und zu Lizenzen, ans neutrale Schweden.
Brecker: So, ich bin Künstler, Bildhauer, ich habe gerade eine große Ausstellung in New York eröffnet, und jetzt habe ich eine in San Francisco, Kulturaustausch, Förderung von Freundschaft und Verständnis zwischen den Großmächten und so weiter, das Propagandaministerium bezahlt, Brecker, Axel Brecker.
Sundmann: Sundmann.
Brecker: Vielleicht kennen Sie meine Sachen, Monumentalplastiken, der Meldegänger oder der Geist des 9. November, in der Halle der Reichskanzlei, nein.
Sundmann: Moderne Kunst interessiert mich nicht, ich bin konservativ, Kubismus, Expressionismus.
Brecker: Lieber Herr Sundmann, ist entarted, chaotisch, plutokratisch, und vorbei, ein für allemal vorbei, gottseidank, denn was Herr Sundmann, soll die Kunst darstellen, das Ideal, nicht wahr, die ewigen Werte, Blut, Volk, Rasse.
Sundmann: Wenn Sie gestatten, Herr Brecker, ich möchte lesen.
Melville: Herr Brecker ist in jeder zeit immer nur Herr Brecker, aber Herr Sundmann sollte nicht nur Herr Sundmann sein.
Tagomi: Wer ist Herr Sundmann? Bedeutende Persönlichkeit, zweifelos, empfohlen von hoher Stelle, Tokyo, von zu hoher Stelle...
...
Tagomi: ...Was immer geschieht, ist böse, dennoch hoffen und versuchen, warten, sehen, und warten, sehen, warten, sehen, warten, sehen.
Melville: Die Kulissen der Umwelt werden plötzlich weggezogen und Tagomi nimmt wahr, was dahinter ist, die Realität, Tagomi sieht, hört, riecht, fühlt eine unvorstellbar häßliche Silhouette kahler Wolkenkratzer, Autos über Autos, Menschen über Menschen, Schweiß, Gift, Aggression, Brutalität, entsetzliche Einsamkeit.
Tagomi: Wo bin ich, ist was, innere Wahrheit.
Melville: Tagomi hat seinen letzten Herzanfall, 25.April 1962, 7 Uhr 15, Cheyenne, mein alter ego, der alternative Abendsen tritt auf, nicht als deus exmachina, er weiß auch nicht wies weitergehen wird, aber er hat eine wirkliche Alternative beschrieben in seinem Buch, immerhin, mein Buch ist nicht viel, aber besser als nichts.
Julia Frink: Ihr Haus ist ein ganz normales Haus, Mr Abendsen, keine Festung.
Melville: Festung, ach der Klappentext und der arme Gag vom Verlag.
Frink: Haben Sie keine Angst, der SD will sie umbringen, ein Mörder war schon unterwegs zu Ihnen.
Melville: War? Was ist passiert?
Frink: Ich habe ihm die Kehle durchgeschnitten, glauben Sie mir nicht?
Melville: Doch, doch, ich glaube ihnen, Sherry?
Frink: Die andere Welt in Ihrem Buch, woher wissen Sie das alles, durch das Orakel.
Melville: Interessante Brosche, ein Talisman? Ja, durch das Orakel, Mrs. Frink, bei jeder Idee, jeder Figur, jeder Szene, bei allen Einzelheiten, habe ich das Iging gefragt, es hat Jahre gedauert.
Frink: Also hat das Orakel Ihr Buch geschrieben.
Melville: Das könnte man sagen, wissen sie, was das letzte Hexagram war, als das Manuskript fertig da lag, 61.
Frink: Jung fu, innere Wahrheit, das bedeutet, Ihr Buch ist wahr, Deutschland und Japan haben den Krieg verloren.
Melville: Vielleicht.
Frink: Sie müssen daran glauben, wenn es überhaupt so etwas wie Wahrheit gibt, dann ist sie im Buch.
Melville: Vielleicht, wollen sie daß Ihr Exemplar signiere?
Frink: Ich muß gehen.
Melville: Ich bring sie ans Tor.
Frink: Beim Schein der untergehenden Sonne schlagen die Menschen entweder auf den Topf und singen oder sie seufzen laut über das nahende alte.
Melville: Sie wissen, wer auf den Topf geschlagen und gesungen hat.
Frink: Nein.
Melville: Juan Tse, der chinesische Philosoph Juan Tse.
Frink: Der mit dem Schmetterling.
Melville: Sie kennen die Geschichte, wissen sie auch, daß sie kein Ende hat. Ist er Tsuang Tse, der träumte, er sei ein Schmetterling oder ist er ein Schmetterling, der träumt, er sei Tuan Tse, der träumt er sei ein Schmetterling, der träumt er sei Tsuang Tse.
Frink: Und so weiter.
Melville: Alles ist dunkel, Julia, nichts ist wahr, was wir auch wählen, mit Sicherheit wissen wir nur eines, es ist die falsche Alternative, wohin gehen Sie?
Frink: Ich weiß nicht, vielleicht zu meinem Mann, ich habe vorhin versucht, ihn anzurufen, aber ich konnte ihn nicht erreichen.
Melville: Bitte, ich hab nicht…
Frink: Ich konnte ihn nicht erreichen.

Tagomi, Chef der japanischen Handelskommission: Aljoscha Sebald
Julia Frink: Katharina Lopinski
Frank Frink: Rüdiger Bahr
Joe Cinderella: Horst Sachtleben
Sundmann alias Oberst Hansen: Harald Leipnitz
Melville Abéndsen, Schriftsteller: Gert Günther Hoffmann
Mr. Childan: Siemen Rühaak (Antiquitätenhändler)
Graf Felix von Eckhart: Hans-Günter Martens
Bridageführer Blobel: Gerd Eichen
Yatabe alias Tedeki: Gerhard Becker
Axel Brecker, Bildhauer: Eric P. Caspar
Radiosprecher: Axel Wostry
Radiosprecher: Jürgen Jung
Miss Melikyan, Tagomis Sekretärin: Christine Merthan
Reinhard Heydrich: Wolf Goldan
Stewart: Gerhard Mohr
Lkw-Fahrer: Bernd Herberger
Charly: Kurt Goldstein
Matson, Boss der Eisengießerei: Christoph Lindert
Sekretär: Hans Peder Hermansen
Polizist: Michael Hoffmann
Telefonistin: Ute Mora

1133. Das Geheimnis von Craven-Hall - 14.08.2025 13:07 -
Michael Koser: Das Geheimnis von Craven-Hall (RIAS 1978) (nach Catherine Louisa Pirkis: The Murder of Troyte's Hill)

Versetzen Sie sich nun im Geiste zurück, um ein gutes dreiviertel Jahrhundert, in die Zeit der Gasbeleuchtung und der Pferdedroschken und folgen sie mir in das Gerichtsgebäude einer kleinen englischen Stadt, wo gerade eine Totenschau abgehalten wird, ein Mord hat stattgefunden.

Richter: Und dann sahen Sie die Leiche.
Butler Hales: Jawohl euer Ehren, ich erblickte den dahingeschiedenen in seinem Blute liegen, inmitten dieser chaotischen Umgebung, es war abscheulich, wenn ich mir diesen starken Ausdruck gestatten darf.
Richter: So. Und was taten Sie dann?
Butler: Ich sagte oh!
Richter: Oh?
Butler: Jawohl euer Ehren, oh, ich erinnere mich genau.
Richter: Und dann?
Butler: Äh, dann dachte ich nach.
Richter: In der Tat. Und?
Butler: Ich äh ich dachte also nach, etwa 2 Minuten, würde ich sagen, dann kam ich zu der Überzeugung, dies sei ein Fall für die Polizei, daher beschloß ich mich nach Grenfell zu begeben und Wachtmeister Williams zu benachrichtigen.

Wachtmeister: Bei dem Toten handelt es sich um einen gewissen Alexander Henderson, allgemein bekannt als Old Sandy, 62 Jahre alt, Gärtner bei Mr. Craven auf Craven Hall, in dieser Eigenschaft bewohnte er eine Hütte im Park des besagten Mr. Craven, nicht weit vom Herrenhaus entfernt. Dort.
Richter: Dort fand ihn Mr. Cravens Butler, in leblosem Zustand, worüber er Sie informierte, das ist uns bereits bekannt, Wachtmeister, wir wollen von Ihnen wissen, ob Ihnen etwas besonders auffiel, als Sie die Leiche in Augenschein nahmen.
Wachtmeister: Gewiß euer Ehren, in dem Zimmer herrschte ein unglaubliches Durcheinander, ganz abgesehen von der Leiche, ein Tohuwabohu, gar nicht zu beschreiben.
Richter: Machen Sie uns die Freunde und versuchen Sie es trotzdem.
Wachtmeister: Ja euer Ehren, äh, das Bett war umgestürzt, desgleichen der Tisch und ein Stuhl, der zweite Stuhl stand auf dem Kleiderschrank, Laken und Bettdecke waren zusammengerollt und in den Kamin gestopft worden, Vasen und anderes Geschirr lagen in Scherben auf dem Fußboden, als ob eine Horde Affen gehaust hätte.

Dr. Johnson: Sofortiger Exitus war natürlich die Folge.
Richter: Natürlich, würde es Ihnen etwas ausmachen, Doktor Johnson, Ihre Aussage kurz zu wiederholen, wenn möglich so, daß sie auch für einen medizinischen Laien verständlich wird.
Dr.: Wie Sie wünschen, euer Ehren, ich möchte aber darauf hinweisen, daß laienhafte Formulierungen nicht gerade zur wissenschaftlichen Präzision beitragen.
Richter: Wir werden uns damit abfinden, Doktor, die Todesursache war also.
Dr.: Schlicht gesagt, ein Schlag auf den Schädel ausgeführt mit einem stumpfen Gegenstand und großer Körperkraft, die Lage des Toten auf dem Fußboden des Zimmers, direkt unter dem offenen Fenster, deutet darauf hin, daß er den Schlag erhielt, während er den Kopf aus dem Fenster steckte.
Richter: Interessant, und wann.
Dr.: Der Tod trat etwa 12 Stunden vor meiner Untersuchung ein, also zwischen 5 und 6 Uhr am frühen Morgen des 8. September 1901, darauf läßt auch die Tatsache schließen, daß der Tote lediglich mit einem Nachthemd aus himmelblauem Flanell bekleidet war.

Craven: Familienfaktotum könnte man sagen, treuer Diener, seit ich in Oxford war, als Student, wissen Sie, alte neue und vergleichende Philologie, damals fing ich an mit meinen Forschungen über die Ursprache der Menschheit, ich weiß nicht ob sie sich vorstellen können.
Richter: Gewiß Mr. Craven, äh hatte der Tote Ihres Wissens Feinde?
Craven: Feinde, wer?
Richter: Handerson natürlich.
Craven: Sandy, meinen Sie, Feinde, ganz bestimmt nicht, eine Seele von Mensch, allgemein beliebt.
Richter: Demnach glauben Sie nicht, daß der Täter in seinem Wirkungskreise zu suchen wäre.
Craven: Unsinn, völlig unmöglich, ein Landstreicher vielleicht oder ein Irrer.

Richter: Gestatten Sie mir zum Schluß dieser Totenschau einige notwendige Betrachtungen, der Fall liegt noch in den bewährten Händen der hiesigen Kriminalpolizei und ich bin sicher, daß Inspector Griffin, der die bisherigen Untersuchungen mit großer Umsicht geleitet hat, bald den Urheber dieser schändlichen Tat ermitteln und der gerechten Strafe zuführen wird, aber wie ich soeben erfahren habe, gedenkt der Polizeipräsident unserer Grafschaft einen Londoner Spezialisten hinzuziehen, angesichts gewisser angeblich merkwürdiger Umstände des Falles und angesichts der Tatsache, daß eine angesehene Familie wenn auch nur indirekt betroffen sei, wir halten dies, wir sagen es in aller Offenheit, für eine durchaus unnötige Maßnahme, ja noch mehr, für eine Verschwendung von Steuergeldern, denn kann wohl ein Zweifel daran bestehen, daß es sich beim Täter um einen Wahnsinnigen handelt, der durch eine Überprüfung der einschlägigen Anstalten in der Umgebung leicht zu ermitteln sein dürfte, für uns ergibt sich daraus wieder einmal die traurige Veranlassung, auf den gefährlichen Geist dieser unserer modernen Zeit, warnend hinzuweisen, auf die beklagenswerte Hektik des kaum begonnenen Jahrhunderts, die sich ausdrückt in Automobilen, Telefonen und weiß der Himmel noch was für entsetzlichen Erfindungen, auf die verfehlte Sucht nach neuem, die das bewährte alte verachten zu müssen glaubt, all dieses kann wie wir leider schon des öfteren festzustellen hatten, ungefestigte Charaktere in kriminellen Irrsinn stürzen, bedenken Sie dies meine Herren vom der Jury, wenn sie sich nunmehr zurückziehen um ihren Spruch zu beraten.

Inspektor Griffin: Mord durch eine oder mehrere unbekannte Personen, na das war zu erwarten, dann machen Sie mir mal eine Liste aller Sanatorien in der Grafschaft, damit wir sie in den nächsten Tagen abklappern können.
Wachtmeister: Schon dabei, Inspektor, was meinen sie, vielleicht haben wir den Burschen schon, bevor dieser Spezialist aus dem Zug steigt.
Inspektor: Ihr Wort in Gottes Ohr, Williams und in das des Herrn Polizeipräsidenten.
Gordon: Eine Dame möchte sie sprechen, Inspektor.
Inspektor: Eine Dame, Sie können gehen Williams, und Sie auch Gordon.

Miss Brooke: Inspektor Griffin?
Inspektor: Zu Ihren Diensten, Mam.
Brooke: Mein Name ist Brooke, Miss Loveday Brooke.
Inspektor: Erfreut, möchten Sie nicht Platz nehmen und vielleicht eine Tasse Tee?
Brooke: Danke aber zu einem Plauderstündchen bin ich eigentlich nicht gekommen, haben Sie mein Telegramm nicht erhalten?
Inspektor: Telegramm, was für ein Telegramm?
Brooke: Ich soll hier einen Fall lösen, mit dem Sie allein nicht fertig werden, den Mord an Alexander Henderson.
Inspektor: Moment mal, Brook. Brook ah, dann sind Sie ja der Spezialist aus London.
Brooke: Ich bin wie sie sehen die Spezialistin aus London, Sie dürfen den Mund wieder zumachen, Inspektor, haben Sie übrigens etwas dagegen wenn ich rauche.
Inspektor: Ja, ich meine natürlich nein, bitte entschuldigen Sie meine Verwirrung, ich habe natürlich keine Dame erwartet.
Brooke: Natürlich nicht, ein weiblicher Detektiv, der auch noch raucht, das ist ja wohl der Gipfel, die muß ein Mannweib sein, ein Blaustrumpf, eine Suffragette, wenn nicht noch schlimmeres, so nachdem ich Ihnen das Wort aus dem Munde genommen und das obligatorische Vorgeplänkel.
Inspektor: Aber ich bitte sie ganz und gar nicht.
Brooke: Sollten wir vielleicht mit der Arbeit anfangen, was bei der Totenschau ausgesagt wurde, können Sie voraussetzen, ich war da, klein und bescheiden, in der letzten Reihe, Sie haben mich sicher nicht gesehen.
Inspektor: Ich muß gestehen.
Brooke: Macht nichts, macht nichts, meinen Sie übrigens auch wie der in Ehren vergreiste Richter, daß der Täter ein Geisterkranker ist?
Inspektor: Ich weiß nicht so recht.
Brooke: Sehr schön, sehr schön, immer offen bleiben, das ist mein Motto, ein guter Detektiv geht ohne Vorurteil und vorgefaßte Meinung an seine Fälle, und Sie sind doch ein guter Detektiv.
Inspektor: Ich hoffe es.
Brooke: Ich auch, das würde unsere Zusammenarbeit nämlich sehr erleichtern, gut ans Werk Inspektor, äh zunächst will ich von Ihnen nichts weiter als ein paar Informationen, also erzählen Sie mir was von den Cravens auf Craven Hall.
Inspektor: Ja, aber, aber Sie glauben doch nicht.
Brooke: Ich glaube gar nichts, Inspektor, bitte.
Inspektor: Ja, die Cravens, immer noch eine der angesehensten Familien in der Grafschaft, heutzutage allerdings wie soll ich sagen, ein bißchen heruntergekommen, Craven Hall soll stark verschuldet sein, Mr. Craven senior haben Sie ja wohl bei der Totenschau erlebt, ein Gelehrter, zerstreut, weltfremd, schreibt seit Jahrzehnten an einem großen Werk über die Urlaute der Menschheit oder so ähnlich und interessiert sich für nichts anderes, Witwer, hat 2 Kinder, Cilia 18 und Walter 20.
Brooke: Warum sind die beiden nicht bei der Totenschau vernommen worden?
Inspektor: Ganz einfach, Cilia ist in Liverpool bei Bekannten.
Brooke: So, wann abgereist?
Inspektor: Am 7. September, einen Tag vor dem Mord, abends, in einem gemieteten Automobil, wir haben nachgefragt, routinemäßig, und der Chauffeur hat es bestätigt.
Brooke: Damit hätte Miss Craven ein Alibi.
Inspektor: Nicht, daß sie es brauchte, Cilia hätte nie die Kraft gehabt, Sandy den Schädel einzuschlagen, sie ist ein nettes Mädchen, hat so gar nichts von diesen modernen jungen Frauen die auf Tennisplätzen herumflirten und die Straßen mit dem Velociped unsicher machen.
Brooke: Danke sehr.
Inspektor: Ai, das war natürlich nicht persönlich gemeint.
Brooke: Geschenkt. Inspektor, geschenkt, weiter, Walter Craven.
Inspektor: Krank, Gelbsucht, er liegt isoliert von der Außenwelt in einem Seitenflügel von Craven Hall.
Brooke: Seit wann?
Inspektor: Warten Sie mal, ja, seit dem 7. September.
Brooke: Die Tochter verreist, der Sohn wird krank, genau zur gleichen Zeit, merkwürdig, finden Sie nicht.
Inspektor: Merkwürdig, reiner Zufall.
Brooke: Glauben Sie wirklich, woher wollen Sie wissen, daß Walter den kranken nicht nur spielt.
Inspektor: Auch wenn wir hier nicht bei Scotland Yard sind, so leicht lassen wir uns nicht an der Nase herumführen, Mr. Craven Junior hat ein ordnungsgemäßes ärztliches Attest vorgelegt, als er zur Totenschau bestellt wurde.
Brooke: Wer hat das Attest unterschrieben, der Hausarzt?
Inspektor: Ja, das nehm ich doch an.
Brooke: Aber sie wissen es nicht genau.
Inspektor: Nein.
Brooke: Dann prüfen sie es bitte nach.
Inspektor: Wenn sie unbedingt wollen.
Brooke: Ja, die Sache ist wichtig, es geht immerhin um Walter Craven Alibi.
Inspektor: Ach das Alibi, das steht sowieso fest. Jonny Hales, der Butler, ist bereit zu beschwören, daß in der fraglichen Nacht weder Walter noch sonst jemand Craven Hall verlassen hat.
Brooke: So, und woher weiß er das so genau?
Inspektor: Hales hat sein Zimmer direkt neben der Tür, die Scharniere quietschen entsetzlich, dazu kommt, daß der alte Hales wie so oft wegen seines Rheumas die ganze Nacht wachblieb, also niemand konnte in der Mordnacht aus dem Haus gehen ohne daß der Butler es hörte.
Brooke: Nicht schlecht soweit, aber eines haben Sie vergessen, oder einen, Hales selbst.
Inspektor: Kaum, würde er dann wohl allen anderem im Haus ein Alibi geben?
Brooke: Da könnten Sie recht haben, gut, legen wir Mr. Hales und das Problem der Alibis erst mal aufs Eis, fragen wir nach den Motiven, wer hätte einen Grund haben können, Sandy Henderson umzubringen? Hales?
Inspektor: Tja, soviel ich weiß kamen die beiden nicht gerade gut miteinander aus, nach Hales lag Sandy den ganzen Tag faul auf seinem Bett herum, ließ den Park verwildern und bekam dafür von Mr. Craven einen höheren Lohn als der Butler.
Brooke: Interessant wenns stimmt, aber kaum ein Mordmotiv, die übrige Dienerschaft
Inspektor: Nur noch Köchin und Zimmermädchen, und die kommen nicht in Frage, nicht kräftig genug.
Brooke: Akzeptiert, und was ist mit Craven senior?
Inspektor: Nix. Im Gegenteil. Mr. Craven hing sehr an Sandy, obwohl der unter uns gesagt ein alter Streithammel war, auch wenn er an allen Ecken und Enden gespart werden mußte, für Sandy Lohn war immer genug da.
Brooke: Und wenn man Hales glauben kann, war Sandys Lohn nicht gerade winzig, dann fehlt uns also nur noch ein Motiv für Walter Craven, den so plötzlich erkranken.
Inspektor: Der hat seine eigenen Probleme, die mit Sandy nichts zu tun haben. Walter ist sozusagen der begehrteste junge Mann in Grenfell und Umgebung, alle unseren würdigen Geldverleiher sind hinter ihm her, wie der Teufel hinter der armen Seele, er hat so viel Schulden, daß ich nicht weiß wie er da jemals wieder rauskommen will, das Familiensilber hat er schon versetzt.
Brooke: Und zurzeit liegt er krank danieder, unerreichbar für seine Gläubiger, äußerst praktisch, wie gehts jetzt weiter, ihr Polizeipräsident sagte etwas von einer Stelle bei Craven, von einer Möglichkeit ins Haus zu kommen.
Inspektor: Richtig, Craven sucht für seine wissenschaftlichen Arbeiten einen Sekretär, eine Guinee pro Monat bei freier Station.
Brooke: Sehr verlockend.
Inspektor: Vielleicht kann ich ihn von den Qualitäten einer Sekretärin überzeugen.
Brooke: Tun sie das Inspektor, ich logiere im Ochsenkopf, wenn mit Craven alles klar geht, treffen wir uns morgen vormittag sagen wir um 10 und sie begleiten mich dann nach Craven Hall, einverstanden.

Inspektor: Ein gewöhnlicher Räuber wars mit Sicherheit nicht, Sandys Sparbuch und 200 Pfund in Bar lagen unberührt in seinem Schrank, also vielleicht doch ein irrer, dieses verwüstete Zimmer, das kann doch kein normaler Mensch gewesen sein.
Brooke: Aber Inspektor, immer schon offen bleiben, denken sie dran, es gibt mindestens noch 2 andere Möglichkeiten.
Inspektor: Und die wären?
Brooke: 1. der Mörder will uns täuschen, will uns glauben machen, Sandy sei von einem Wahnsinnigen erschlagen worden, 2. der Mörder hat etwas bestimmtes gesucht und wollte alle Spuren seiner Suche beseitigen.
Inspektor: Und das, verehrte Kollegin, ist Craven Hall.
Brooke: Aha, von weitem ganz hübsch, frühes 17 Jahrhundert nehm ich an.
Inspektor: Kann sein ich versteh nicht davon, die franzosischen Fenster rechts von der Tür, das ist das Arbeitszimmer von Mr. Craven.
Brooke: Und Walters Krankenlager?
Inspektor: Irgendwo im linken Seitenflügel im 2. Stock glaub ich.
Brooke: Da wir gerade von Walter reden, haben Sie sich um sein Attest gekümmert.
Inspektor: Hätte ich fast vergessen, das Attest ist von Dr. Waters in Grenfell ausgestellt worden.
Brooke: Und?
Inspektor: Dr. Waters ist zwar etwas kurzsichtig, und nicht mehr der jüngste, aber er würde nie ein Gefälligkeitsattest unterschreiben, auch nicht für die Cravens.
Brooke: Das rote Dach da über den Büschen, das gehört wohl zu Sandy Hütte.
Inspektor: Richtig, wir sind da.
Brooke: Dann liefern sie mal die neue Sekretärin ab, wir sehen uns wie besprochen um 5 in ihrem Büro.

Hales: Inspektor.
Inspektor: Tag Hales, ich bringe ihnen Mr. Cravens neue Sekretärin, Miss Brooke, er weiß Bescheid.
Hales: Miss äh bitte folgen sie mir.
Brooke: Einen Moment noch, ein Wort im Vertrauen, Inspektor.
Inspektor: Ja?
Brooke: Fragen sie ihn, ob er in der Mordnacht, als er nicht schlafen konnte, irgend ein ungewöhnliches Geräusch gehört hat, leben sie wohl Inspektor, und vielen Dank für ihre Mühe.
Inspektor: Nicht der Rede wert, Miss, ach Hales?
Hales: Sir?
Inspektor: In der Nacht, in der Sandy umgebracht wurde.
Hales: Ja Sir.
Inspektor: Haben sie da irgendetwas Ungewöhnliches gehört?
Hales: Ungewöhnlich Sir?
Inspektor: Ja ein auffälliges Geräusch, ein Geräusch das man normalerweise sonst nicht hört.
Hales: Ah ich verstehe, Sir, ich glaube nicht, Sir, falls man nicht die Tatsache, daß Kapitän geheut hat, für ungewöhnlich halten wollte.
Inspektor: Käptain?
Hales: Mr. Cravens irischer Setter, Sir.
Inspektor: Ah ja, wann war das?
Hales: Wenn ich mich recht erinnere, Sir, gegen 5 Uhr morgens, das war übrigens wenn ich das hinzufügen darf, das letzte mal, das Cäptain sich vernehmen ließ, seit dem ist er verschwunden.
Inspektor: Was sie nicht sagen.
Brooke: Der kuriosen Zwischenfall mit dem Hund in der Nacht, elementar mein lieber Inspektor.
Inspektor: Wie meinen.
Brooke: Oh nichts von Bedeutung, walten Sie ihres Amtes, Hales.
Hales: Sehr wohl, Miss, wie ich bereits bemerkte, folgen Sie mir.
Brooke: Eine schlimme Sache, der Mord an Ihrem Gärtner, Hales.
Hales: So ist es, Miss, Ihr Zimmer, Miss, ein Dichterzimmer von Miss Celia, die sich zur Zeit in Liverpool aufhält, oh, oh ich muß um Entschuldigung bitten, Miss, wie ich bemerke ist noch nicht aufgeräumt, ich werde ihnen sogleich das Mädchen schicken.
Brooke: Lassen Sie nur, Hales, das mache ich schon selbst.
Hales: Wie es Ihnen beliebt Miss, Abendessen um 7 Uhr, pünktlich, Mr. Craven wünscht Ihre Anwesenheit, bis dahin muß ich sie sich selbst überlasen.

Inspektor: Zucker, Miss Brooke?
Brooke: Danke Inspektor.
Inspektor: Nein. Keine Sahne, danke.
Brooke: Ist Celia Craven blond?
Inspektor: Was, ja ich glaub schon, warum?
Brooke: Weil ich das hier auf dem Fußboden ihres Zimmers gefunden habe.
Inspektor: Aha. Eine Haarsträhne, blond, na und?
Brooke: Diese Strähne, lieber Inspektor ist gut 40 cm lang, so was schneidet sich ein Mädchen nicht aus Spaß ab oder durch Zufall.
Inspektor: Aber ich versteh nicht. Was schließen sie daraus?
Brooke: Vorläufig noch gar nichts, dazu müßte ich erst mehr über Walter Cravens Krankheit wissen.
Inspektor: Aber was hat denn das damit zu tun, und was wollen sie dauernd mit Walter, sie sind auf der falschen Fährte, Miss Brooke, glauben sie mir, was sie tun sollten.
Brooke: Was ich tun sollte, überlassen sie bitte ganz und gar mir, Inspektor, übrigens habe ich nicht nur diese Haarsträhne gefunden.
Inspektor: So, was denn noch?
Brooke: Einen toten Hund, genauer gesagt einen irischen Setter, dem jemand den Schädel eingeschlagen hat mit einem stumpfen Gegenstand.
Inspektor: Mr. Cravens Kaptain.
Brooke: Ohne Zweifel, er lag oberflächlich vergraben unter einem Gebüsch im Park, knapp 5 Meter von Sandys Hütte entfernt, wenn ich meiner Nase trauen kann, war er schon etwa 1 Woche tot, das heißt.
Inspektor: Das heißt, daß er wahrscheinlich in der Nacht vom 7 auf 8 September totgeschlagen wurde.
Brooke: Gegen 5 Uhr als Hales sein Todesheulen hörte und da nach Dr. Johnson Aussage Henderson in eben dieser Nacht auf eben diese Weise umgebracht wurde und zwar zwischen 5 und 6.
Inspektor: Läßt sich zwischen beiden Ereignissen ein Zusammenhang vermuten.
Brooke: Sehr gut Inspektor, die Frage ist nur, was für ein Zusammenhang.
Inspektor: Ja, ja, äh das ist wie sie so richtig sagen die Frage, vielleicht hat der Hund den Mörder gestellt?
Brooke: Könnte sein, nur war Captain leider uralt, zahnlos, halb blind und so gut wie taub, ich habe mich informiert, Fakten, Inspektor, Fakten, darauf kommt es an, Regel 2 des guten Detektivs, eine Tatsache ist mehr wert als 1000 Vermutungen, und deshalb sollten wir heute mit dem spekulieren aufhören.
Inspektor: Wüßte nicht, was ich lieber täte.
Brooke: Freuen sie sich nicht zu früh, Inspektor, Fortsetzung folgt bald, allerdings wohl besser nicht hier, man könnte sich fragen, was ich ständig in Grenfell und speziell ihrem Büro zu suchen habe.
Inspektor: Daran habe ich auch schon gedacht und mir was überlegt, was halten sie davon, um die Mittagszeit kommt der Briefträger mit der Post nach Craven Hall, ein zuverlässiger Mensch, tut der Polizei gern mal einen Gefallen, wenn sie mir was mitteilen wollen, schreiben sie es auf und geben sie es ihm mit, heimlich, ich mach es genauso, noch eine Tasse Tee?
Brooke: Ja gern.

Butler: Wünschen Sie noch Gemüse, Miss?
Brooke: Danke Hales.
Craven: Essen sie nur, Miss äh.
Brooke: Brooke, Loveday Brooke.
Craven: Essen sie doch, Miss Brooke, essen sie tüchtig das stärkt die kleinen grauen Zellen, und die brauchen wir, die brauchen wir bald, wenn wir anfangen gemeinsam an meinem großen Werk zu arbeiten, sie wissen doch worum es geht, oder, habe ich sie schon gefragt, welche Sprachen sie beherrschen, das ist wichtig, Miss äh Brooke, äußerst wichtig. Je mehr desto besser, desto besser, nicht wahr.
Brooke: Ich spreche außer englisch natürlich.
Craven: Natürlich. Natürlich.
Brooke: Französisch, italienisch, deutsch, verstehe spanisch, latein, altgriechisch, ach ja und ein bißchen hebräisch.
Craven: Und, und? Das ist alles? Miss Brooke, kein Sanskrit, Miss äh, die erhabene Sprache der alten Inder, wirklich nicht, chinesisch, gotisch, isländisch, kein bißchen, kein ganz kleines bißchen.
Brooke: Leider nein, Mr. Craven.
Craven: Ein Jammer, ja was machen wir denn da, sie können abräumen, Hales.
Butler: Sehr wohl, Sir.
Craven: Das gewaltige Werk Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Ms Brooke danke, das gewaltige Werk, die Krönung meines wissenschaft-lichen Strebens und Lebens verlangt nun einmal die Kenntnis aller wichtigen Idiome der Menschheit, die Urlaute, Miss Brook, die Ursprache, ist ihnen eigentlich klar, welch gigantischer Aufgabe ich mir gestellt habe, wissen sie in welcher Sprache Adam und Eva im Paradies miteinander konversierten, sie wissen es nicht, niemand weiß es, nur ich, ich weiß es oder ich werde es sehr bald wissen, denn die Urlaute, glauben sies mir, sind nicht verschwunden, sie stecken in jeder Sprache überall, man muß sie nur finden und erkennen, und wenn ich sie gefunden und erkannt habe, dann werden sie es alle bereuen, daß sie mich ausgelacht haben, alle, die eingebildeten Professoren und Doktoren, sie werden meinen Namen mit Ehrfurcht nennen, sie werden mein Werk bewundern, und es wird Jahrhunderte überdauern.
Butler: Sir?
Craven: Jawohl die Jahrhunderte.
Butler: Sir.
Craven: Was? Was, was gibts Hales?
Butler: Vielleicht möchten sie einen Blick in die Zeitung werfen Sir, die Liverpool News von heute.
Craven: Gut gut, geben sie doch her, Hales.
Butler: Bitte Sir ich erlaube mir ihre besondere Aufmerksamkeit auf diesen Artikel hier zu lenken.
Craven: Wieso, was, achso, in den Morgenstunden des gestrigen Tages haben sich eine große Menschenmenge am Pier A, um der Abfahrt der Edinburg Castle beizuwohnen, unter den Passagieren der Jungfernfahrt nach New York.
Butler: Sir?
Craven: Ja, ja verstehe, Hales, wer ist die junge Dame hier am Tisch, sie kommt mir irgendwie bekannt vor.
Butler: Miss Brooke Sir, Ihre neue Sekretärin.
Craven: Ach, wirklich, ja richtig, ich erinnere mich. Miss Brooke.
Brooke: Ja, Mr. Craven?
Craven: Heute brauche ich sie nicht mehr, bin nicht in der rechten Stimmung zur Arbeit, aber morgen abend nach dem essen da stellen sie sich bitte in meinem Arbeitszimmer ein, bereiten sie sich geistig darauf vor, daß ich ihnen das Vorwort meines großen Werkes diktieren werde, Sie dürfen sich zurückziehen, Miss äh.
Brooke: Brooke, Mister Craven.

Brooke: Dies, lieber Inspektor, ließ mir wie sie sich denken können, hinreichend Zeit, meinen eigentlichen Pflichten in Craven Hall nachzugehen, und wenn ich auch bislang noch nicht in die Geheimnise der Urlaute eindringen konnte, so ist es mir doch gelungen, eines der Geheimnisse von Craven Hall aufzudecken, wovon ich ihnen durch den getreuen Postboten hiermit sogleich Mitteilung mache, ich meine die mysteriöse Krankheit des jungen Mr. Walter, der ich wie Sie sich erinnern werden, von Anfang an mit gewissen zweifeln gegenüberstand, es wird sie interessieren zu hören, daß meine Zweifel sich als durchaus begründet erwiesen haben, heute vormittag war ich nämlich in einem unbewachten Augenblick so glücklich das sog. Krankenzimmer im Seitenflügel in Augenschein zu nehmen obwohl ich lediglich einen kurzen Blick auf das darin aufgestellte Bett werfen konnte, die Köchin hatte ihren Posten an der Tür nur für wenige Sekunden verlassen, blieb meiner geschulten Beobachtungsgabe keine wichtige Einzelheit verborgen, im Bett lag kein junger Mann sondern ein etwa 18 jähriges Mädchen mit gelbgeschminkten Gesicht und kurzgeschnittenen blonden Haaren, die Schlußfolgerungen, welche daraus zu ziehen sind, kann ich wohl getrost ihnen überlassen, in diesem Zusammenhang noch ein Hinweis, beschaffen sie sich die Passagierliste der Edinburg Castle, die vorgestern von Liverpool nach New York abgesegelt ist, es sollte mich nicht im mindesten wundern, wenn sie darin einen bekannten Namen fänden, doch nun zu wichtigerem, ich weiß, wer Hendersen erschlagen hat, nur eine Person kommt in Frage, alle übrigen sind aus einer Vielzahl von Gründen, die auch ihnen inzwischen klar sein müßten, eliminiert, letzte Gewißheit vor allem was das Motiv betrifft, hoffe mir ich noch am heutigen Tage zu verschaffen, dabei könnte ihre Hilfe unter Umständen von einigem nutzen für mich sein, stellen sie sich daher bei Anbruch der Dunkelheit hier ein, am besten mit einer kleinen polizeilichen Heeresmacht und verbergen sie sich im Park, behalten sie vor allem die französischen Fenster des Arbeitszimmers im Auge, sobald sie dort direkt hinter den Scheiben eine grüne Lampe aufleuchten sehen ist es angezeigt, daß sie mit gewisser Dringlichkeit das Zimmer betreten, ich verlasse mich auf Sie, wenn ich auch hoffe, daß der Fall durch die Kraft des Geistes allein und ohne rohe Gewalt gelöst werden kann, Ihre ergebene Loveday Brooke.

Craven: Was machen Sie denn da?
Brooke: Oh oh, Sie haben mich erschreckt, Mr. Craven, ich bereite unsere Arbeit vor, hier, sehen sie.
Craven: Was haben Sie in meinen Privatpapieren zu suchen, Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Ich mag das nicht, man könnte fast glauben, sie seien an meinen kleinen Geheimnissen interessiert, Leute, die meine kleinen Geheimnisse kennen, mag ich nicht, lassen Sie sich das gesagt sein.
Brooke: Ja, Mr. Craven, verzeihen Sie.
Craven: Wo waren wir stehengeblieben.
Brooke: Sofort, für das Problem der Reduzierung menschlicher Sprache auf die sechs Urlaute ist die Frage nach den emotionalen Grundsituationen von entscheidender Bedeutung, daß Schmerz, Leid, Lust, Freude, Mangel und Befriedigung ihren jeweiligen sprachlichen oder doch stimmlichen Ausdruck besitzen, davon darf ausgegangen werden, wenn auch experimentelle Bestätigung, soweit hatten sie diktiert, Mr. Craven.
Craven: Experimentelle Bestätigung, experimentelle Bestätigung, das ist es, das a und o, der letzte Beweis, auch die vergleichende Philologie ist eine exakte Wissenschaft und bedarf des Experiments, aber wie vorgehen, ja wie vorgehen?
Brooke: Tierversuche, haben sie schon daran gedacht, Mr. Craven, das wäre doch meiner bescheidenen Meinung nach ein guter Anfang, die Urlaute zu bestimmen.
Craven: Was, was war das Miss, Tierversuche, äußerst interessant, Sie sagen da etwas, woran ich selbst schon oft gedacht habe, wenn wie der selige Mr. Darwin uns glaubwürdig versichert, wir Menschen von Tieren abstammen, dann läßt sich erwarten, daß die Urlaute im Tierreich gewissermaßen vorgebildet sind. Angenommen, man fügt einem Tier Schmerzen zu, einem Affen oder einem.
Brooke: Oder man töten, da man einen Affen doch wohl nur selten zur Hand hat, zum Beispiel einen Hund.
Craven: Aha, Hund, glauben sie ja nicht Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Glauben Sie ja nicht, daß Sie als erste auf diese geniale Idee gekommen sind, nein, nein, Miss Brooke, ganz und gar nicht, ich Miss Brooke, jawohl ich habe.
Brooke: Sie wollen doch damit nicht andeuten, daß sie ein solches Experiment bereits durchgeführt haben, Respekt, Mr. Craven.
Craven: Ja, ja.
Brooke: Der arme Kapitän.
Craven: Gewiß, gewiß, aber die Wissenschaft verlangt Opfer.
Brooke: Der Mond schien hell, nicht wahr Mr. Craven, und Sie waren da draußen im Park, allein mit Captain, allein mit in ihrem großen Experiment, womit haben sie ihn erschlagen, Mr. Craven, mit einem Stück Holz?
Craven: Ich bitte Sie, das wäre eine höchst unwissenschaftliche Methode gewesen Miss Brooke, nein, nein, sehr sauber, sehr ordentlich, mit meinem Hammer, meinem Geologenhammer, hier, Miss äh, keine Angst, ich hab ihn danach sorgfältig abgewaschen.
Brooke: Und wie hat Captain reagiert, waren sie zufrieden?
Craven: Ja, wie mans nimmt, wie mans nimmt, bevor er starb hat er sehr schön geheult, sehr laut, sehr urtümlich, aber ich weiß immer noch nicht, wie ich diesen Laut in Buchstaben fassen soll, die Umsetzung, Miss äh, die Umsetzungen des stimmlichen ins schriftliche, ein großes Problem.
Brooke: Der Mond schien noch immer, und sie standen an der Gärtnerhütte, den Hammer in der Hand, und da ging ganz plötzlich das Fenster auf.
Craven: Pst, niemand darf davon wissen, das ist ein Geheimnis, so, jetzt kann uns keiner belauschen.
Brooke: Lassen sie doch die Vorhänge, Mr. Craven, wer soll uns schon vom Park aus beobachten?
Craven: Wer? Aber das wissen sie doch, er natürlich, nachts schleicht er draußen herum, und er grinst, und flüstert, ich weiß bescheid, Herr, ich kenne ihr Geheimnis.
Brooke: Und damals in der Nacht stand er plötzlich am Fenster.
Craven: Ja, ja, das tat er, er beugte sich vor und sah mich an, und ich dachte, blitzschnell dachte ich daran, daß er mein Geheimnis kannte, seit vielen, vielen Jahren, und daß ich ihn dafür bezahlen mußte, immer wieder und immer mehr, und dann dachte ich auf einmal an etwas ganz anderes, an mein Experiment, und daß ist meine Forschungen weit, sehr weit voranbringen könnte, wenn ich den Todeslaut eines Menschen, kein Hund, kein Tier, ein richtiger Mensch, und dann und dann.
Brooke: Dann haben Sie zugeschlagen.
Craven: Ja, ich hab zugeschlagen und Sandy fiel um, zurück in sein Zimmer, stumm, stumm, stellen sie sich vor, kein Wort, kein Laut, gar nichts, er fiel einfach um, das war alles, ich war maßlos enttäuscht, und traurig, ja traurig, als ich im Zimmer nach meinem Geheimnis suchte und alles durcheinander brachte, damit sie am nächsten Tag etwas zu raten hatten, da mußte ich immer daran denken, daß es eigentlich umsonst gewesen war, ganz umsonst, ja aber dann fiel mir etwas ein, ich konnte das Experiment ja jederzeit wiederholen, bei günstiger Gelegenheit natürlich, verstehen sie Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Meinen sie nicht auch, daß der Todesschrei einer Frau sehr viel elementarer sein müßte, als der eines Mannes, vom Hunde ganz zu schweigen.
Brooke: Mr. Craven.
Craven: Bleiben Sie stehen, was wollen Sie mit der Lampe am Fenster, Sie sind doch Wissenschaftlerin, Miss äh.
Brooke: Brooke.
Craven: Warum sträuben Sie sich so, denken sie an mein großes Werk.
Inspektor: Hände hoch, legen Sie den Revolver weg, Mr. Craven, Williams, die Handschellen, gehen sie zur Seite, Miss, alles in Ordnung, Miss Brooke.
Brooke: Keine Sorge Inspektor, Achtung.
Wachtmeister: Wir haben ihn Sir, für sein Alter ziemlich kräftig.
Craven: Hier wäre wohl ein Urlaut tiefsten Schmerzes angebracht, wenn ich nur wüßte wie.

Inspektor: Dieses Experiment mit den Urlauten, das ist ja wohl das merkwürdigste Mordmotiv, das mir jemals untergekommen ist.
Brooke: Ziemlich kurios, sogar für eine Spezialistin aus London, Cravens zweites Motiv, oder sein erstes, wie sie wollen, ist dafür um so gewöhnlicher, schlichte Erpressung, darauf hätten Sie übrigens schon längst kommen können, Inspektor, der übertrieben hohe Lohn, den Craven Sandy zahlte, ist ein deutlicher Hinweis, dem hätten Sie nachgehen sollen.
Inspektor: So, hätte ich, aber wer konnte wir denn bei einem Mann wie Mr. Craven darauf kommen, daß er was zu verbergen hatte, da wir gerade dabei sind, was hatte er zu verbergen?
Brooke: Hier, das hab ich vor der großen Auseinandersetzung in seinem Schreibtisch gefunden, unten den Privatpapieren, Cravens Geheimnis, hier bitte sehr, sie brauchen es wahrscheinlich für die Verhandlung.
Inspektor: Eine amerikanische Heiratsurkunde: Archibal Craven, Irma Labell, New York 1866, das war's also, Bigamie.
Brooke: Ein überseeisches Abenteuer in seiner Jugendmaienblüte von dem niemand wußte nur der treue Diener Sandy Henderson, dann kam Craven zurück, wurde solide, heiratete, zeugte Kinder, lebte in ständigen Ängsten vor einem Skandal.
Inspektor: Und zahlte und zahlte, bis er sich mit einem Schlag von seinem Quälgeist befreite, die Urkunde, das war es doch sicher, was Craven in Sandys Zimmer gesucht hatte.
Brooke: Natürlich, und dabei hat er das Chaos angerichtet, das sie verwirren und auf eine falsche Fährte locken sollte.
Inspektor: Aber eigentlich haben wir doch von Anfang an recht gehabt, es war tatsächlich ein Irrer.
Brooke: Sicher Craven ist geisteskrank, kein Zweifel, aber daß sie ihn ohne meine Hilfe überführt oder auch nur verdächtig hätten, wage ich zu bestreiten.
Inspektor: Ja, wie auch immer, und jetzt muß ich ihnen noch eine dumme Frage stellen, ich hätte es gern gelassen, aber dazu bin ich ehrlich gesagt zu neugierig, wie sind sie überhaupt auf Mr. Craven gekommen und dann die Sache mit Walter.
Brooke: Langsam, langsam Inspektor, eins nach dem anderen, zunächst einmal, es gab durchaus Hinweise auf Craven, Sandys hoher Lohn zum Beispiel oder auch der Tod des Hundes, der mich auf das andere Motiv brachte, aber das entscheidende war, daß ich alle übrigen Personen die für die Tat in frage kamen, eliminiert konnte.
Inspektor: Das hatten sie mir schon vor der Festnahme geschrieben, aber ich verstehe immer noch nicht.
Brooke: Fangen wir mit Walter Craven an, der ohne es zu wollen alles getan hat, um unsere Arbeit zu erschweren und das nur weil er sich gerade am 7. September gedrängt fühlte, Craven Hall, England und vor allem seine Gläubiger für immer zu verlassen, damit letztere Herrschaften dabei nicht störend eingriffen, führte die Familie unterstützt von der Dienerschaft eine kleine Komödie auf, in Frauenkleidern und verschleiert, reiste der verlorene Sohn nach Liverpool, während seine Schwester sich die Haare abschnitt, das Gesicht gelb anmalte und den halbblinden Dr. Walters zu sich bestellte, der dann auch nichts ahnend, dem angeblichen Walter Cravan eine Gelbsucht bescheinigte, ich vermute, daß sie sich sehr ähnlich sehen.
Inspektor: Celia und Walter, aber ja, fast wie Zwillinge.
Brooke: Nach der glücklichen Ankunft Walters in Amerika hätte Celia vermutlich ihre Rolle aufgegeben.
Inspektor: Woher wußten Sie übrigens, daß Walter auf der Edinburg Castle zu finden war?
Brooke: Um ehrlich zu sein, das war eher ein Zufall, ein paar Bemerkungen, zwischen Craven Senior und Hales, die nicht für mich bestimmt waren, damit hatte Walter ein Alibi, als Sandy umgebracht wurde, war er in Liverpool, gut 50 Meilen von Craven Hall im Hotel, das haben Sie doch überprüft.
Inspektor: Ja das Alibi steht, Walter war also aus dem Rennen und Celia.
Brooke: Celia auch, aus dem einfachen Grunde, daß sie für den tödlichen Hieb zu schwach war, dasselbe trifft auf Köchin und Zimmermädchen zu.
Inspektor: Blieb nur noch Mr. Craven Senior und Hales.
Brooke: Hales kam von Anfang an nicht in Frage, ein korrekter Butler wie er, der seinen Beruf ernst nimmt, wäre absolut außerstande gewesen Sandys Zimmer in einer derartigen Unordnung zu hinterlassen, ist eine psychologische Unmöglichkeit.
Inspektor: So Fakten, Miss Brooke, Fakten, ein guter Detektiv.
Brooke: Geht mit der Zeit, irgendwann einmal wird es sich hoffentlich bis zur Polizei von Grenfell herumsprechen, daß es sich bei der Psychologie um eine durchaus ernstzunehmende Wissenschaft handelt, schon mal was von Lombroso gehört, Inspektor?
Inspektor: Apropos Hales, er hat doch ausgesagt, daß niemand, also auch nicht Mr. Craven, in der bewußten Nacht Craven Hall verlassen haben kann.
Brooke: Durch die Tür, Inspektor, wohlgemerkt, durch die Tür, und das trifft auch zu, aber es gibt auch noch eine andere Möglichkeit, die großen französischen Fenster im Arbeitszimmer, die bis auf den Fußboden gehen, leicht zu öffnen, leicht zu schließen, wenn man nicht wie es sie es vorzieht, direkt durch die Scheiben zu spazieren.
Schaffner: Grenfell, der Schottland Express von Glasgow über...
Inspektor: Soll ich ihnen nicht Ihre Taschen.
Brooke: Danke, danke Inspektor das kann ich selbst, alles klar Inspektor, oder haben Sie noch Fragen?
Inspektor: Keine Fragen mehr, aber gratulieren sollte ich ihnen wohl noch zu ihrem Erfolg.
Brooke: Aber Inspektor, ich bin gerührt.
Inspektor: Der allerdings fast ein bißchen zu schlagend ausgefallen wäre, wenn wir gestern abend nur 5 Sekunden später gekommen wären, gäbe es heute keine Spezialistin aus London mehr, zu meinem Leidwesen, muß ich sagen.
Schaffner: Einsteigen, Türen schließen, Abfahrt.
Brooke: Wenn sie 5 Sekunden später gekommen wären, Inspektor hätte ich Gelegenheit gehabt, ihnen etwas vorzuführen, was sie vermutlich noch nicht kennen, einen fernöstlichen Verteidigungsport namens Jiu-Jitsu, aber trotzdem vielen Dank.
Inspektor: Jiu was, gute Fahrt Kollegin.
Brooke: Danke und wenn sie wieder mal einen Fall haben, der ihnen Schwierigkeiten macht, schicken Sie mir einfach ein Telegramm: Loveday Brooke, London, Scotland Yard, das genügt.

Loveday Brooke: Uta Hallant
Inspektor Griffin: Peter Schiff
Richter: Friedrich W. Bauschulte
Craven Sr.: Henning Schlüter
Sein Butler John Hales: Erich Fiedler
Herbert von Boxberger u.a.



1132. Ping-Pong zur Ming-Zeit - 14.08.2025 13:05 -
Michael Koser: Ping-Pong zur Ming-Zeit (Erotische Erzählung aus dem alten China) (RIAS 1977)

Kennen Sie Kung Fu? Kennen Sie Mao Tse Tung? Aber kennen Sie auch Ming Ping Pong?
Ming Ping Pong ist kurz gesagt nichts anderes als eine Abkürzung bzw. Kurzfassung des Titels dieser unserer Sendung, welcher in voller Länge lautet wie folgt:
Ping-Pong zur Ming-Zeit - Erotische Erzählungen aus dem alten China
Das Manuskript schrieb Michael Koser

Aber was, werden Sie nun fragen ist Ping Pong zur Mingzeit. Eigentlich um ganz ehrlich zu sein, nur der etwas reißerische Titel für eine Sendung über einen wichtigen Abschnitt der chinesischen Literaturgeschichte, mit Körperkultur oder gar Leistungssport hat unser Thema höchstens im übertragenen Sinne zu tun... Steht und fällt mit dem Text, dem Wort.

Fönis war die Tochter des Tsam Jü, aus Dung Ping in der Provinz Schanto, als sie noch ein Kind war, mischten ihre Eltern immer wohlriechende Substanzen in ihre Speisen und Getränke, so daß spätel, als sie herangewachsen war, ihr ganzer Leib duftete, und man ihr den Beinamen Palfüm gab.

Nun ja, und so weiter, die beste und interessanteste Lösung für eine Sendung über erotische Erzählungen aus dem alten China ist immer noch, da werden Sie uns zustimmen, das schlichte erzählen, daran wollen wir uns halten, aber bevor wir beginnen Ihnen die erste Geschichte zu erzählen, können wir nicht umhin in aller gebotenen Kürze etwas über China, die Ming-Zeit und chinesische Geschichten im allgemeinen zu sagen.

Die Ming Zeit, das heißt die Epoche in der die kaiserliche Ming Dynastie das Reich der Mitte beherrschte, dauerte nach unserer Zeitrechnung von 1368 bis 1644, sie war nach der unruhigen Ära der Mongolenherrschaft eine verhältnismäßig friedliche Epoche der chinesischen Geschichte.

Friede und Freude in China und in der Welt, unser Reich wird ewig sein wie die Sonne.

In der chinesischen Literaturgeschichte ist die Mingzeit die Periode des Realismus, in ihr entstanden die ersten großen Romane, beide Gattungen, Geschichte und Roman galten wenig in der literarischen Wertskala ihrer Zeit, wurden zum niederen Schrifttum gezählt, im Gegensatz zu Lyrik und Essay, daher schmückten sich die Erzählungen häufig mit eingestreuten Betrachtungen und vor allem mit Gedichten.

Der Rauch des Beckens löst sich schon auf, tief liegen die Schatten der Lampe, der Wandschirm hinter dem Bett bewegt sich, und auch der beschwerte Vorhang. Liebeslust ist vergleichbar mit Fischen, die sich im Wasser tummeln, nach Westen sich wendend kaum daß sie nach Osten geschwommen.

Im alten China gab es zwei Arten von Erzählungen, Novellen in der Schriftsprache, die nur wenige gebildete beherrschten, und Geschichten in der Umgangsprache des Volkes, sprachlich formal unterscheiden sie sich stark voneinander, wie etwa die lateinische Hochliteratur des späten Mittelalters von den Literaturen in den jeweiligen Volkssprachen, was den Inhalt betrifft sind sie gleich, sie erzählen von Mandarinen, von Räubern und Geistern, von Mönchen und da auch im alten China die Liebe als wichtiger Bestandteil des Lebens galt, von edlen und weniger edlen liebenden.

Das sei uns Stichwort für unsere erste Geschichte, sie stammt aus der Sammlung San Yan, das heißt drei Gespräche des Autors Feng Menglong, und wurde übersetzt von Kartar Fung, bei dieser Gelegenheit machen wir eine dankbare Verbeugung auch vor den anderen Übersetzern, ohne deren Mühe die Sendung nicht zustande gekommen wäre, Johanna Herzfeld, Wolfgang Bauer und Herbert Frank, und jetzt fangen wir an zu erzählen.

Brave Männer und ihre Gattinnen tun alles für die Nachkommenschaft, vergnügt und hilfsbereit meditieren Mönche in verschlossenen Zellen, wir wissen alle, daß geben seliger macht den nehmen, wo aber steht geschrieben daß nicht auch nehmen zum Glück beitragen kann, danach handeln wohl viele Mönche dieser Welt, vielleicht sogar die meisten, ein Kloster allerdings, der Tempel zum edlen Lotus, schien darin eine Ausnahme zu sein, deshalb hatte das Kloster großen Zuspruch und wohl auch deshalb, weil sich in ihm eine Halle befand, die man die Kindersegenhalle nannte, Guanyin, die Göttin der Barmherzigkeit, hatte dort ihre Residenz und zu ihr kamen aus den fernsten Provinzen die Frauen, denen Kindersegen versagt geblieben war, Guanyin war eine wahrhaft barmherzige Göttin, denn keine der Frauen ging ungetröstet nach Hause, haha, neun Monate nach dem Gebet hatte ihr Segen das Wunder vollbracht und kräftige Kinder krähten in den Wiegen, hehe, wie schnell machen doch solche Geschichten die Runde im Lande, eines Tages hörte auch der Statthalter Wan Dan von den Wundern Guanyins, und da er ein äußerst besonnener, mithin aber auch skeptischer Mann war, wollte er alles recht genau wissen.

Am besten ist's wenn ich selbst einmal den Tempel besuche.

Gedacht getan, der Statthalter, vom Vater Abt mit allen gebührenden Ehren empfangen, inspizierte das Kloster aufs sorgfältigste, ohne jedoch etwas Ungewöhnliches oder gar Ungehöriges zu entdecken, so kehrte er zurück und dachte nach.

Kann denn eigentlich eine hölzerne Gottheit derartige Dinge vollbringen,

frage er sich und es bedurfte nicht allzulangen Nachdenkens, um sich darüber klarzuwerden, daß hier irgendeine Teufelei mit im Spiel zu sein schien, er gab den Auftrag, zwei der schönsten Blumenmädchen herbei zurufen.

Geht ins Kloster zum edlen Lotus, sobald die Zeit gekommen ist, da ihr in der Zelle schlafen sollt, wird jede von euch ein Gefäß mit Tinte unter dem Gewand verbergen, die eine wird rote, die andere schwarze Tinte mit sich führen, sobald sich euch eine Gottheit oder etwas dergleichen nähern sollte, beschmiert ihr unbemerkt den Kopf mit der Farbe.

Die Mädchen taten wie ihnen befohlen war, als eines der beiden, namens Yuan Mei des Nachts in der ihr zugewiesenen festverschlossenen Zelle lag, geschah folgendes: Plötzlich bewegte sich eine Platte des Fußbodens und wurde langsam weggeschoben, Yuan Meis Augen weiteten sich, als sie den kahlgeschoren Kopf eines Mönchs sah, der sich Stück um Stück nach oben schob.

Da schau, das ist also das große Tempelgeheimnis.

Bald darauf drängte sich ein nackter Männerleib an den ihren, auch fühlte sie eine erfahrene Hand an ihren Brüsten.

Ich bin ein Jünger Buddhas und von Guanyin zu euch gesandt,

sprach der Mönch und machte sich emsig ans Werk, trotz aller Wonne versäumt es Yuan Mai jedoch nicht, aus ihrer Tintenschale Farbe zu nehmen, mit der ihre liebkosenden Hände den kahlen Schädel fleißig einrieben, der Wonnespender war so tief beschäftigt, daß er nichts gewahr wurde, als er zum Ende gekommen war, machte er einem zweiten Mönch Platz, welcher die fromme Arbeit mit frischen Kräften fortsetze, zur gleichen Zeit erging es Lin Wan, dem zweiten Blumenmädchen ganz ähnlich, auch ihr erschienen zwei Wonnemönche, um Guanyins Segen weiter zu geben und um mit Tinte gezeichnet zu werden, zärtlich nahm der zweite Abschied.

Mache ich euch glücklich, ihr seht daß ich nicht so heftig bin wie der andere, ich bin ganz auf euer Empfinden eingestellt.

Am frühen Morgen erschien überraschend der Statthalter mit hundert bewaffneten Bütteln im Kloster und befahl dem Abt: Bringt mir die Namensliste euer Brüder, ehrwürdiger Meister.

Dann ließ er nach der Liste alle Mönche vor sich rufen und als sie erschienen waren, gebot er ihnen die Kappen abzunehmen, niemand wagte sich der Aufforderung zu widersetzen und so entblößten sich alle Häupter, da konnte man plötzlich zwei feuerrote Schädel in der Sonne leuchten sehen und nicht weniger deutlich hoben sich zwei weitere ab, die pechschwarz gefärbt waren.

Faßt die vier und legt sie in Ketten, sagt mir Halunken, warum ihr so farbige Schädel habt, wer hat sie euch bemalt.

Als er keine Antwort erhielt, ließ der Statthalter die Blumenmädchen vortreten, sie berichteten und die vier entdeckten Farbköpfe machten unermüdlich Kotau und erflehten die Gnade des Statthalters, der aber geriet in unbändigen Zorn, nannte sie vor Geilheit stinkende Hunde und räudige Wasserbüffel, dann sprach er zum Abt:

Ihr seid ein sehr kluger Mann, aber doch nicht so klug, daß ihr euch nicht hättet erwischen lassen, aus eurem Kloster habt ihr ein Freudenhaus gemacht und ehrbare Frauen habt ihr in den Schmutz gezogen.

Was nun folgte, kann man sich leicht ausmalen, der Abt mußte im Gefängnis schmachten, ihm wurde der Prozeß gemacht und er bereute bitter seine Leichtfertigkeit, schon lange bevor er dem Henker übergeben wurde, nur zwei kindliche Novizen, deren Unschuld allein schon durch ihre Jugend erwiesen war, blieben ungeschoren, verschont blieb auch der uralte zahnlose Weihrauchdiener, dem zu seinem Glück keine Frau mehr etwas anhaben konnte.

Das war unsere erste chinesische Geschichte, die so dürfen wir wohl annehmen, Ihnen weniger exotisch als vielmehr trotz der Göttin Guanyin merkwürdig vertraut erschien, von lüsternen Mönchen wimmelt es schließlich auch in der Novellenliteratur des Abendlandes, bei Boccaccio und seinen Nachahmern, bei der Königin Margarete von Navarra, bei Balzac, und da wir gerade bei diesem Thema sind, auch sonst bieten die Erzählungen aus dem alten China eine Fülle auch hier bekannter Typen und Gestalten, wovon Sie sich im weitern durch Stichproben überzeugen wollen, da ist etwa der edle Räuber:

Der Mandarin von Wuhim hat haufenweise Gold und Juwelen in seinem Amtssitz aufgestapelt, und all diesen Reichtum hat er auf unredliche Weise zusammen gebracht, erleichtere ihn doch mal um einen Teil seiner Besitztümer und verteile den unter die Armen.

Die lustige Witwe:

Das Schicksal hat uns zusammengeführt, er war Liebe auf den ersten Blick, du weißt ich bin Witwe, ich bin wieder frei, willst du dein Leben fürderhin mit mir teilen, dann geh zur Heiratsvermittlerin, wegen deiner Armut brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Geld habe ich selbst genug.

Die jungen unerfahren Liebenden:

Erst küßten sie sich zaghaft, doch wurden sie immer kühner, als sie merkten wie leicht es ist und gleichzeitig wie wunderbar die Zungen zu tauschen, aber so groß beider Sehnsucht auch war, sie wußten anfangs nicht, was nun weiter geschehen sollte, doch auch bei völliger Unberührtheit bricht die Liebe sich Bahn und so kam es wie es kommen mußte, beide fanden ohne fremde Hilfe zu einander.

Außerdem gibt es natürlich auch erfahrene Liebhaber, edle Helden, schöne Mädchen, finstere Bösewichte, im fernen Osten wie im nahen Westen, also sind, werden Sie fragen, die Chinesen gar nicht so ungeheuer anders wie es die Volksmeinung wahrhaben will, zumindest soweit es ihre Novellen betrifft, gewiß, einerseits, andererseits aber enthalten auch die erotischen Geschichten aus der Mingzeit hinreichend unbekanntes, verblüffendes, kurioses, eben typisch chinesisches.

Bei der umfassenden Darstellung der chinesischen Gesellschaft in den Novellen war die Erotik nur ein, allerdings, wichtiges Moment, Autoren und Leser waren nicht prüde, pornografisch interessiert waren sie allerdings auch nicht.

Was erscheint nun in den Geschichten der Mingzeit dem fremden Teufel, wie man im alten China den Barbaren aus dem Westen nannte, als eigentümlich chinesisch, da ist wohl an erster Stelle die große Bedeutung die literarisch geistiger Bildung zugemessen wird, Helden und Heldinnen der Novellen sind zwar auch schön und edel, vor allem aber klug und gebildet.

Ich habe das Studium der Konfuzianer zu meiner Beschäftigung erkoren und mich der Literatur verschrieben, alle vier Klassen des Schrifttums, kanonische Bücher Geschichtswerke, Philosophen und die schöne Literatur, habe ich von vorn bis hinten durchgeackert.

Eisvogel war die Tochter eines Bürgers aus Juanan, namens Liu, sie war schon früh von großer Klugheit und konnte das klassische Buch der Lieder und das Buch der Urkunden auswendig.

Sehr chinesisch ist auch die formalistische Höflichkeit, von der sich nicht einmal Grabräuber freimachen können.

Bevor er den Sarg öffnete, klopfte er daran und sprach:

Mein liebes Fräulein, entschuldigt bitte, was ich jetzt tun werde, ich nehme mir all eure Haare, denn ich kann sie bestimmt besser gebrauchen als ihr, macht mir also bitte keine Schwierigkeiten.

Fremd ist uns auch die reizvolle, leider kaum zu imitierende Lösung des alten Problems vom Mann zwischen zwei Frauen:

Beide Mädchen sagten: zwar sind wir nur geringe Personen, aber es tat uns dennoch immer wieder weh, daß wir die Zeit, ob Herbstmond oder Frühlingsblüte, nutzlos vergeudet haben und daß wir nicht dazu kamen die liebende Neigung zu befestigen, wir möchten mit euch das eheliche Lager teilen und auf ewig euch zu treuen Diensten sein, wenn ihr unserer Bitte folgt, werden wir beide euch heiraten.

Und sie lebten fortan, wie wir doch hoffen wollen, zu dritt glückselig beisammen, noch unvertrauter als offizielle problemlose Vielweiberei ist eine besondere Art chinesischer Geister die es gewaltig nach irdischer Liebe verlangt, darum geht es in der zweiten Geschichte, die wir in größerer Ausführlichkeit erzählen wollen, sie heißt Sjä-dau, die schöne Kurtisane.

Während der Regierungszeit des Mingkaisers Hongwu lebte in der Stadt Kanton ein junger Mann namens Jen, der Meni gerufen wurde, sein Vater Jenbeilu wurde als Inspektor des Schulwesens in die Stadt Fengdu versetzt und nahm seine Familie mit, Meni war ein schlanker junger Mann, immer guter Laune und seinen Altersgenossen in allen Dingen überlegen, er verstand ebenso schön zu schreiben wie zu malen, und spielte Gitarre und Schach gleich ausgezeichnet, bei all diesen Vorzügen war es nicht verwunderlich, daß der reiche Herr Tschang, der auf dem Lande lebte, ihn als Hauslehrer einstellte. Eines Tages wollte Meni seine Eltern besuchen, auf seiner Wanderung zur Stadt gelangte er zu einem Hain von Pfirsichbäumen die in voller Blüte standen, als er hielt um den Anblick zu genießen wurde er gewahr, daß sich zwischen den Zweigen eine schöne junge Dame zu verbergen trachtete, am nächsten Tag ging Meni absichtlich den gleichen Weg und diesmal ließ die Dame ihn in ihr Haus bitten.

Verbringt den Abend bei mir junger Herr.

Erlaubt mir nach eurem geehrten Familienamen zu fragen.

Der Name meiner unbedeutenden Familie ist Ping, mein Gatte, Herr Ping, ist leider kurze Zeit nach unserer Hochzeit gestorben und ich habe mich als Witwe in dieses Landhaus zurück gezogen, durch diese Heirat bin ich übrigens verwandt mit eurem hochgeschätzten Gönner Tschang.

Es entwickelte sich eine geistreiche Unterhaltung und, ohne daß sie es gewahr geworden, war die zehnte Abendstunde herangekommen, die schöne Dame geleitete Meni in ihr Schlafzimmer und sagte:

Schon seit langer Zeit lebe ich in diesem Haus in völliger Einsamkeit, nun hab ich heute Abend eure Höflichkeit und Liebenswürdigkeit kennengelernt, und ich kann mir nicht versagen, euch ein wenig meine Liebe zu zeigen, darum schlage ich euch vor, mir heute Nacht Gesellschaft zu leisten.

Das ist mein sehnlichster Wunsch, aber ich hätte niemals gewagt euch darum anzugehen.

Darauf entkleideten sie sich und gingen gemeinsam zu Bett, sie waren glücklich wie zwei im Wasser spielende Fische und vergaßen über ihrer Liebe die Welt um sich herum. Am nächsten Morgen beschenkte die schöne Dame Meni mit einem kostbaren Briefbeschwerer aus Jade, geleitete ihn zur Tür und sagte:

Wenn ihr nichts Besseres vorhabt, so kommt heute abend wieder. nehmt euch kein Beispiel an herzlosen und unzuverlässigen Menschen.

Einer solchen Ermahnung bedarf es bei mir nicht.

Sechs Monate vergingen ohne daß die Liebenden merkten wie die Zeit dahinfloß, sie betrachteten die Blumen und schauten zum Mond auf, sie sangen und schlürften Wein und versagten sich keinerlei menschliche Freude, aber das Unglück will es, daß das gute niemals von Dauer ist, so mußte auch für diese beiden liebenden das Ende ihres Glücks heran kommen, sein Vater und Herr Tschang entdecken zufällig, daß Meni seine Nächte weder im Elternhaus auf noch auf Tschangs Gut verbrachte, sie nahmen ihn streng ins Gebet, Meni sah ein daß es keinen Ausweg für ihn gab und berichtet von seiner Bekanntschaft mit der schönen Dame aus der Familie Ping, die eine Verwandte des Herrn Tschang sei, dieser sagte erstaunt:

Aber ich habe in dieser Gegend überhaupt keine Verwandten, und kein Zweig meiner Familie führt den Namen Ping, hinter deinem Erlebnis steckt sicher ein Spuk, ich rate dir dringend, vorsichtig zu sein und unter keinen Umständen noch einmal dieses Landhaus aufzusuchen.

Meni glaubte ihm nicht und besuchte am Abend, wie er es gewohnt war, seine schöne Geliebte, sie leerten einige Schälchen Wein miteinander und in der Nacht gaben sie sich ihrer Liebe hin, aber als der Morgen heraufdämmerte begann sie bitterlich zu weinen und sagte:

Wir werden auf immer getrennt werden.

Unter heißen Tränen nahmen sie voneinander Abschied, als Mengis Vater feststellte, daß sein Sohn wieder in jenem Haus übernachtet hatte, wurde er zornig und sagte zu Herrn Tschang:

Ich will mich von meinem zuchtlosen Sohn geführt selbst an jenen Ort bemühen und nachforschen.

Sie gingen zu dritt aus der Stadt und schlugen den Weg zum Pfirsichhain ein, als sie dort anlangten, reckten sie alle überrascht den Hals, rundum sahen sie nur glitzerndes Wasser und bewaldete Hügel, nichts weiter, vor ihnen ragte ein Dickicht mit Pfirsichbäumen auf, im Untergehölz schimmerte ein einfaches Grabdenkmal, das Haus war verschwunden, Herr Tschang schüttelte nachdenklich den Kopf.

Es wird erzählt, daß sich an dieser Stelle das Grab einer Kurtisane aus der Tang-Epoche befindet, Sedau war ihr Name, in einer späteren Generation erinnerten sich die Menschen der Worte des Dichters Jinku, zarte Pfirsichblüten bedecken Jaus Grab, und sie pflanzten an dieser Stelle mehrere hundert Pfirsichbäume an, damit sie zur Blütezeit darunter Lustwandeln konnte, die schöne Dame, der euer geschätzter Sohn begegnet ist, ist zweifellos Sedau gewesen, sie ist schon Jahrhunderte lang tot, aber ihr Geist ist anscheinend der gleiche geblieben, es ist ratsam, dieser Sache nicht weiter nachzugehen.

Meni studierte weiter und bestand auch die höchste Prüfung, mit der er den Grad eines Tshinshi, eines Doktor erwarb, er wurde nicht müde sein abenteuerliches Erlebnis zu erzählen, aber wie oft er auch an die schöne Geliebte dachte, er hat sie nicht wiedergesehen.

Die Geschichte, erotisch, aber eher elegisch als heiter, ist vorbei und auch mit unserer Sendung geht es dem Ende zu. Und am Himmel schwebt die Krähe, huscht der Hase dahin, auf Erden erscheinen die Menschen von heute, verschwinden die von gestern, wo einstmal Freude herrschte, ragt jetzt ein öder Hügel, in einem Augenblick wird Recht zu Unrecht, Sieg zur Niederlage, lerne jenseits von Lärm und Hast der Welt Ruhe zu finden.

Und jetzt wissen Sie, was Ping-Pong zur Ming-Zeit ist. Das wars. Ping Pong zur Ming-Zeit. Erotische Erzählungen aus dem alten China. Das Manuskript schrieb Michael Koser. Es sprachen: Almut Eggert, Rolf Marnitz, Klaus Nägelen, Henning Schlüter und Peer Schmidt. Aufnahmeleitung: Ingeborg Karn. Schnitt: Manfred Rabbel. Ton: Klaus Krüger. Regie: Dietrich Auerbach. RIAS Berlin 1977.

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